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Beim Homeoffice könnten bald neue Regeln gelten

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Eine Frau arbeitet im Homeoffice. Bild: Shutterstock

Beim Homeoffice könnten bald neue Regeln gelten – scharfe Kritik aus dem linken Lager

11.12.2024, 10:3611.12.2024, 12:51
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Ein neuer Vorschlag einer Nationalratskommission für eine neue Regelung von Telearbeit und Homeoffice stösst mehrheitlich auf Zustimmung. Starke Kritik und Ablehnung kommen aus dem politischen linken Lager.

Der Vorschlag der Nationalrats-Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) will die parlamentarische Initiative von FDP-Präsident Thierry Burkart «Mehr Gestaltungsfreiheit bei Arbeit im Homeoffice» umsetzen.

Staenderat Thierry Burkart, Praesident FDP, spricht waehrend einer Medienkonferenz des Komitees gegen die Biodiversitaesinitiative, am Donnerstag, 13. Juni 2024 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Thierry Burkart (FDP) will die Telearbeit und das Homeoffice neu regeln.Bild: keystone

Konkret sollen die maximale Zeitspanne, innert der die Arbeit geleistet werden kann, von 14 auf 17 Stunden erhöht werden und gelegentliche Arbeitseinsätze aus eigenem Antrieb am Sonntag erlaubt werden. Auch soll die Mindestruhezeit von elf auf neun Stunden reduziert werden. Punktuelle Anpassungen des Obligationenrechts (OR) sind ebenfalls geplant.

Unterstützt wird die Vorlage von den Parteien SVP, FDP, Mitte, GLP sowie der politischen Allianz «die Plattform» und dem Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV). Nein sagen die SP, die Grünen und der Dachverband Freikirchen.ch. Das geht aus deren Stellungnahmen hervor. Die Vernehmlassung endete am Dienstag.

Arbeitsgesetz sei veraltet

Für die SVP ist der flexible Arbeitsmarkt ein wichtiger Treiber der Schweizer Wirtschaftskraft. Die unterbreitete Vorlage wahre diese Flexibilität und passe das Arbeitsrecht an die aktuellen Gegebenheiten an.

So sieht es auch die Mitte. Das seit 1964 geltende Arbeitsgesetz sei noch auf fixe Arbeitszeiten, industrielle Arbeitsweisen und Produktionsprozesse zugeschnitten. Die Digitalisierung habe tiefgreifende Veränderungen gebracht. Die Arbeit im Homeoffice sei im Dienstleistungssektor verbreitet und erlebe seit der Corona-Pandemie einen Aufschwung.

Änderungen am Obligationenrecht

SVP, die Mitte und «die Plattform» unterstützten auch die Anpassungen des OR zur Erhöhung der Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Telearbeit und Homeoffice. «Die Plattform» warnt aber davor, dass die potenzielle Flexibilisierung der Arbeit nicht auf Kosten der Gesundheit geschehen dürfe.

Auch die FDP begrüsst die Anliegen des Vorschlags. Sie nehme zur Kenntnis, dass alle Punkte der parlamentarischen Initiative in der Vernehmlassungsvorlage aufgenommen wurden, sieht die vorliegende Vorlage aber unnötig kompliziert ausgestaltet. Die FDP lehne die Variante mit der Änderung des OR ab. Die Variante zur Änderung des OR lehnt auch der SAV entscheidend ab.

Die GLP unterstützt den Umsetzungsvorschlag und lehnt die Minderheitsanträge für Nichteintreten sowie für die Streichung der Bestimmung zur Sonntagsarbeit ab.

Mehr Druck auf die Gesundheit der Arbeitenden

Die Grünen sehen grosses Potenzial für eine sozialverträglichere und umweltgerechtere Arbeitsweise. Telearbeit und Homeoffice können die Mobilitätsemissionen reduzieren und die Verkehrsinfrastruktur entlasten sowie zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben beitragen. Es gebe aber auch psychosoziale Risiken, wie die zunehmende Vermischung von Freizeit und Arbeit sowie die Nichteinhaltung von Ruhepausen.

Lisa Mazzone, Praesidentin Gruene Partei spricht waehrend einem Point de Presse zur Ankuendigung der Familienzeit-Initiative, am Donnerstag, 28. November 2024 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Grüne-Präsidentin Lisa Mazzone: Ihre Partei lehnt den Gesetzesvorschlag ab.Bild: keystone

Diese Punkte würden in der Gesetzesvorlage nicht berücksichtigt, so die Grünen. Der Gesetzesvorschlag der WAK-N stelle letztlich eine einseitige Liberalisierung des Arbeitsrechts zugunsten der Arbeitgebenden dar, auf Kosten der Gesundheit und des Portemonnaies der Arbeitnehmenden. Es fehlten Massnahmen zur Stärkung der psychosozialen Gesundheit. Die Grünen lehnen entsprechend den Vorschlag ab.

Dem schliesst sich die SP an. Die Partei sieht keine Notwendigkeit für eine Neuregelung. Für spezifische Branchen oder Gruppen von Arbeitnehmenden könnten Lösungen über Gesamtarbeitsverträge gefunden werden. Das geltende Arbeitsgesetz gehöre zu den flexibelsten aller Industrieländer. Es sei durchaus in der Lage, Arbeitnehmenden, die Telearbeit verrichten möchten, dies auch zu ermöglichen.

Der Dachverband Freikirchen.ch lehnt die vorgeschlagenen Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot ab. Der Sonntag sei im Arbeitsgesetz als arbeitsfreier Tag geschützt. Mit dem Sonntag seien zentrale Werte verbunden, die sowohl gesellschaftlich als auch religiös von besonderer Bedeutung seien. (sda)

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241 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tubel vom Dienst
11.12.2024 11:17registriert Januar 2021
In den seltensten Fällen ist es wirklich Match entscheidend ob eine E-Mail noch heute um 21:00 Uhr beantwortet wird oder erst morgen um 08:00 Uhr. Viele Lohnsklaven die dem Bitten des Chefs nachgeben merken gar nicht, dass sie einfach nur ausgenützt werden. Bei der nächsten Sparrunde zählt die ganze Aufopferung für das Unternehmen nichts mehr und man bekommt genau gleich die Kündigung.
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Pafeld
11.12.2024 11:13registriert August 2014
Bürgerliche Logik: Wir können die Arbeitgeber nicht zwingen, HomeOffice voranzutreiben, weil da nicht gearbeitet wird. Also soll man neu 17 anstatt nur 14 Stunden nichts tun können.

Als jemand, der jetzt neu 95% im HO arbeitet, sehe ich eine Menge gesetzlicher Baustellen in Bezug auf das HO (z.B. Pausen). "Nur" 14 Stunden arbeiten zu können gehört definitiv nicht dazu. Gelegentliche Sonntagsarbeit ist in Absprache mit dem Arbeitgeber heute schon möglich, aber halt nur zum Sonntagslohntarif. Darum gehts nämlich. Also einmal mehr, danke FDP für gar nix. #istdasnochstaatstragendoderkanndasweg
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Silvershadow
11.12.2024 11:08registriert Juni 2021
Anscheinend kriegt das Kapital noch nicht genug Profit.
Man will die Zitrone (Büetzer) bis zum letzten Tropfen auspressen.

Wer wählt rechtsbürgerlich?
Wer hat das Spiel noch nicht begriffen?
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