Sonntag, 15.30 Uhr im Mage-Solar-Stadion. Der SC Freiburg hat den Hamburger SV zu Gast. Tabellarisch ist es das Duell zwischen dem Tabellen-17. (Freiburg, 9 Spiele, 5 Punkte, 9:18 Tore) und dem Tabellen-16. (HSV, 9 Spiele, 9 Punkte, 20:22 Tore). Höchste Zeit also für die Breisgauer, den ersten Saisonsieg einzufahren.
Auf der anderen Seite wollen die Hamburger den Aufwärtstrend unter dem neuen Trainer Bert van Marwijk fortsetzen. Der Holländer hat zuvor den gefeuerten Thorsten Fink ersetzt und blieb mit seiner Mannschaft dreimal in Serie ungeschlagen.
Im Tor des SC Freiburg steht dabei ein erst 22-Jähriger namens Oliver Baumann. Doch der 1,87 grosse Keeper ist da schon in seiner dritten Saison im Oberhaus.
Mit seiner professionellen Einstellung hat sich der disziplinierte Baumann einen Stammplatz im Tor des SC erobern können. Vor einem Spiel ist er trotzdem immer «etwas nervös», wie er in einem Interview mit der Badischen Zeitung verrät.
Der HSV erwischt den besseren Start und drückt das Heimteam in die eigene Hälfte. Doch noch fallen keine Tore. Dafür muss HSV-Innenverteidiger Johan Djourou bereits nach 21 Minuten angeschlagen den Platz verlassen. Auf der anderen Seite kämpft dagegen Freiburgs Gelson Fernandes weiterhin gegen die Übermacht der Norddeutschen. Ein Pfostenschuss von Pierre-Michel Lasogga (29.) ist die nächste Annäherung an das Freiburger Gehäuse.
Sieben Minuten vor dem Halbzeitpfiff können die Gäste dann doch noch die Führung bejubeln. Grossen Anteil daran hat Oliver Baumann. Ein langer Ball von Milan Badelj kommt in den Freiburger Strafraum, Baumann rennt raus und unterläuft zum Entsetzen der 23'900 Zuschauer die Kugel. Die Bahn für Maximilian Beister ist frei, er muss den Ball nur noch einschieben. Baumann später zum Führungstor: «Am Anfang ging es eigentlich ganz gut. Den ersten Ball habe ich falsch eingeschätzt.»
Die zweite Halbzeit beginnt für den Schlussmann, wie die erste Halbzeit geendet hat. Zwei Minuten nach Wiederanpfiff steht der Keeper bei einem langen Ball von Rafael van der Vaart erneut völlig falsch vor seinem Strafraum und lässt die bereits gefangene Kugel wieder aus den Händen gleiten. «Ich wollte den Ball im Sechzehner nehmen», so Baumann. Diesmal bedankt sich Lasogga für das Geschenk.
Beim 0:3 macht wieder Baumann den entscheidenden Fehler. Einen harmlosen Schuss von Beister lässt der frühere U21-Nationaltorwart nach vorne abprallen, Nutzniesser van der Vaart kann per Abstauber den Endstand markieren.
Baumann verabschiedet sich nach dem Schlusspfiff von den HSV-Spielern und schlendert darauf in die Fankurve, wo ihn die SC-Fans mit Sprechchören aufmuntern.
Der «Pannen-Goalie» stellt sich danach mutig den Fragen des «Sky»-Reporters und sagt lapidar: «Leck mich, wie sehe ich denn da aus. Die Aktionen haben nicht so geklappt, wie ich mir das vorgenommen hatte. Das wird mich stärker machen.» Baumann weiter: «Klar, das ist eine Scheiss-Situation. Ich hoffe, dass das nicht wieder vorkommt.»
Trost kriegt Baumann von Konkurrent Kollege René Adler, der den Pechvogel in den Arm nimmt und laut Spiegel sagt: «Wenn sich einer hier so was erlauben kann, dann du.»
Sein Trainer Christian Streich ist ratlos: «Wir haben heute wieder eine Situation erlebt, die man nicht so oft antrifft im Fussball. Dafür hat niemand eine Erklärung.»
Einige Monate später spricht der ruhige Zeitgenosse im aktuellen Sportstudio über die drei Patzer: «Es war extrem ärgerlich, weil ich mir viel vorgenommen hatte. Ich wollte einfach zu viel in diesem Spiel. Die Dinge sind in die Hose gegangen, haben nicht geklappt.»
Baumanns damalige Freundin und heutige Frau Charlotte erzählt, wie der besagte Abend schliesslich verlief: «Wir sind zusammen nach Hause gekommen, es war alles ziemlich entspannt, wie immer eigentlich. Er braucht nur so ein, zwei Stunden, bis er alles wegsteckt, aber dann ist er recht cool und vergisst dann alles ganz schnell.»
Trost bekam Baumann übrigens nach dem Spiel auch von Schiedsrichter Peter Gagelmann, wie Baumann erzählt. Dieser soll ihm gesagt haben: «Sehen Sie, so fühlt man sich als Schiedsrichter.»
Der Karriere von Baumann hat das «Pannen-Spiel» gegen den HSV jedenfalls nicht geschadet. Er wechselte im Sommer 2015 nach Hoffenheim und ist aus dem Tor der Kraichgauer nicht mehr wegzudenken. Im Oktober 2024 kam er mit 34 Jahren zudem zu seinem Debüt in der deutschen Nationalmannschaft.