Der ehemalige US-Präsident Lyndon Johnson war Texaner und kein Mann der gepflegten Ausdrucksweise. «Mir ist es lieber, wenn der Kerl vom Inneren meines Zeltes nach draussen pisst, als wenn er von draussen nach innen pisst», knurrte er einst, als es darum ging, wie man mit einem schwierigen Mitarbeiter umgehen sollte.
Donald Trump hat nun die andere Option gewählt und Steve Bannon vor das Weisse Haus gestellt. Das könnte ein Problem werden. Bei seinem Abgang bezeichnete sich der ehemalige Chefstratege als «Bannon, der Barbar», und er sei bereit, für den Präsidenten in den Krieg zu ziehen – aber nicht für seine Regierung.
Bannon macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Es ist sattsam bekannt, dass er die «Globalisten» im Weissen Haus – Ivanka Trump und ihren Mann Jared Kushner, den Sicherheitsberater H.R. McMaster und den Wirtschaftsberater Gary Cohn – zutiefst verachtet, und dass er in seinem Krieg für Trump das gesamte Arsenal seines Onlineportals «Breitbart» gegen sie richten wird. «Ich habe jetzt meine Waffen wieder in der Hand», erklärte Bannon gegenüber der Zeitschrift «The Weekly Standard».
Es geht jedoch um weit mehr als persönliche Animositäten. Die Globalisten setzen auf Freihandel und auf ein friedliches Verhältnis mit China. Sie hoffen deshalb, dass der Abgang Bannons es ihnen einfacher machen wird, ihre Ziele zu erreichen. Der neue Stabschef John Kelly soll denn auch alles daran setzen, die geplante Steuerreform energisch voranzutreiben und so das nach Charlottesville gestörte Verhältnis zur Wirtschaft und zu den Republikanern wieder zu normalisieren.
Bannon verfolgt ganz andere Absichten. Er bezeichnet sich als «wirtschaftlichen Nationalisten». Für ihn hat folgerichtig ein Handelskrieg mit China höchste Priorität. So zitiert die «Washington Post» Michael Pillsbury, der Bannon mehrmals ins Reich der Mitte begleitet hat, wie folgt: «Er ist überzeugt, dass dies eine zivilisatorische Herausforderung darstellt. Er warnt davor, dass die Chinesen – sollten sie die USA überholen – eine neue Weltordnung diktieren werden.»
Die Globalisten hingegen sehen das fundamental anders. Ivanka Trump und Jared Kushner bemühen sich um gute Beziehungen zu Peking, genauso wie Gary Cohn und der Aussenminister Rex Tillerson. Sie lassen sich dabei von Henry Kissinger beraten. Dieser hat als Aussenminister in der Regierung von Richard Nixon die Normalisierung des Verhältnisses zu China eingeläutet.
Kissinger plädiert für Kooperation mit China. Das Verhältnis sei viel zu komplex und viel zu bedeutend für die amerikanischen Interessen geworden, um es leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Bannon hingegen macht China dafür verantwortlich, dass technisches Wissen und Jobs abgesogen werden und die USA so geschwächt werden. Diesen Trend will er stoppen, koste es, was es wolle.
In seinem Buch «Devil’s Bargain» beschreibt Joshua Green Bannon und Breitbart als eine «Bande von Aussenseitern, die das gesättigte und fette Establishment unter Beschuss nehmen». Trumps nun gefeuerter Chefstratege mag ein Barbar sein, aber ein sehr gebildeter. Bannon hatte in seiner Zeit als Marineoffizier sehr viel freie Zeit, und die hat er genutzt, um sich ein breites Wissen anzueignen. Zudem hat er sich danach an der Harvard Business School zum Banker ausbilden lassen.
Im Gegensatz zu Trump besitzt Bannon ein kohärentes ideologisches Weltbild, das er mit Vordenkern der italienischen und russischen Faschisten wie Julius Evola und Alexander Dugin teilt. «Als er Trumps Wahlkampagne im August übernommen hat, setzte Bannon auf Nationalismus, Rasse, Immigration und kulturelle Identität», stellt Green fest. Diese Themen bestimmen nach wie vor die Trump-Basis. So gesehen kann es im Zelt des Weissen Hauses sehr ungemütlich werden, wenn Bannon von draussen hereinpisst.