Im Supermarkt «Siebter Kontinent» im Zentrum Moskaus herrscht an diesem Donnerstag reger Betrieb. Hier kaufen eher die Besserverdienenden ein, und deshalb gibt es Äpfel aus Italien, Kohl aus Spanien und Wein aus Frankreich. Unter dem Glas der Käsetheke kommen drei Viertel der Sorten aus Europa, aus Russland stammen nur einige einfache.
Als die Verkäuferin vom neuen Einfuhrverbot erfährt, blickt sie auf ihre Theke, kratzt sich am Kopf und kommt zu dem Schluss: «Das ist schlecht. Bald wird es hier ziemlich leer sein.» Optimistischer ist man an der Fischtheke, wo nur der Lachs aus Norwegen stammt. «Dann legen wir halt unsere russischen Karpfen auf den Tisch», sagt die Verkäuferin trotzig.
Der Einfallsreichtum der Einzelhändler wird nicht nur in Moskau, sondern in ganz Russland gefragt sein. Am Donnerstag verkündete Regierungschef Dmitrij Medwedew ein «komplettes Embargo» für Lebensmittel aus der EU, den USA, Australien, Kanada und Norwegen. Betroffen sind Fleisch, Milch, Obst und Gemüse. Gelten sollen die Einfuhrverbote zunächst für ein Jahr. Mit Ersatzlieferanten wird bereits verhandelt.
In Russland selbst wird das wohl am stärksten die Mittel- und Oberschicht zu spüren bekommen. Ein großer Teil der Russen konnte sich den französischen Import-Camembert für zehn Euro oder den Prosciutto aus Italien für 50 Euro das Kilo ohnehin kaum leisten.
Doch immerhin deckte die EU zuletzt mehr als ein Drittel der russischen Importe an Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte im Wert von umgerechnet 32 Milliarden Dollar. Mit der Reaktion auf die umfassenden Wirtschaftssanktionen des Westens trifft Russland die EU also durchaus.
Insgesamt erlöste die EU-Agrarwirtschaft im vergangenen Jahr fast zwölf Milliarden Euro durch die Ausfuhren nach Russland. Verglichen mit dem gesamten Volumen des Handels mit Russland ist das freilich immer noch ein geringer Teil. Im vergangenen Jahr führte die EU Güter im Wert von 119,5 Milliarden Euro aus – vor allem Maschinen, Autos, chemische Erzeugnisse und Elektrotechnik.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Schweinefleisch im Wert von rund einer Milliarde Euro nach Russland geliefert.
Russland importiert laut dem russischen Fleischhändlerverband rund 25 Prozent seines Verbrauchs an Schweinefleisch, das Moskauer Wirtschaftsministerium bezifferte den Anteil sogar auf 35 Prozent. Davon kamen im vergangenen Jahr 60 Prozent aus der EU – das entsprach einem Anteil von etwa 15 bis 20 Prozent des gesamten russischen Verbrauchs.
Allerdings gilt für Schweinefleisch aus der EU ohnehin bereits seit Februar dieses Jahres ein Importstopp – offiziell, um die Bürger vor Schweinepest zu schützen. Seitdem bezog Russland Schweinefleisch vor allem aus Kanada – das nun auch von den Sanktionen betroffen ist – und Brasilien.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Rindfleisch im Wert von etwa 110 Millionen Euro nach Russland geliefert.
Russland importiert laut dem russischen Fleischhändlerverband rund 30 bis 35 Prozent seines Verbrauches an Rindfleisch, das Moskauer Wirtschaftsministerium bezifferte den Anteil sogar auf 60 Prozent. Davon kamen im vergangenen Jahr allerdings 90 Prozent aus Südamerika und Weißrussland. Die Russen werden die Sanktionen hier also wenig zu spüren bekommen.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Geflügel im Wert von etwa 72 Millionen Euro nach Russland geliefert. Zudem exportierte die EU Schweine- und Geflügelfett für 286 Millionen Euro.
Russland importiert laut dem russischen Fleischhändlerverband nur rund zehn Prozent seines Verbrauchs an Geflügel – die wichtigste Fleischsorte des Landes. Die Russen werden die Sanktionen hier also wenig zu spüren bekommen. Der Großteil der Einfuhren kam im vergangenen Jahr mit ungefähr 75 Prozent aus den USA.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Fisch und Fischkonserven im Wert von etwa 210 Millionen Euro nach Russland geliefert.
Aus der gesamten Europäischen Union wurden diese Produkte 2013 im Wert von etwa 350 Millionen Euro nach Russland geliefert.
Russland ist allerdings kaum vom Import abhängig: Laut der russischen Einzelhandelsvereinigung stammen in dieser Kategorie 90 bis 95 Prozent aus russischer Produktion.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Käse im Wert von etwa 960 Millionen Euro nach Russland geliefert.
Russland ist allerdings kaum vom Import abhängig: Laut der russischen Einzelhandelsvereinigung stammen in dieser Kategorie 90 bis 95 Prozent aus russischer Produktion.
Hier betreffen die Sanktionen insbesondere das höherklassige Segment, etwa Käsesorten aus Europa.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Obst im Wert von etwa 1,145 Milliarden Euro sowie verarbeitete Obstprodukte wie Säfte und Konserven im Wert von rund 490 Millionen Euro nach Russland geliefert.
Aus der gesamten Europäischen Union wurde 2013 Gemüse im Wert von rund 700 Millionen Euro nach Russland geliefert.