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SNB-General-Versammlung: Thomas Jordan über die Inflation

Nationalbank-GV: Thomas Jordan sieht die SNB gut gegen «Inflationsgespenster» gerüstet

26.04.2024, 10:42
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«Die Nationalbank wird sich weiterhin im Gesamtinteresse des Landes voll und ganz dafür einsetzen, die Preisstabilität in der Schweiz zu sichern.» Das versprach der abtretende Direktoriumspräsident Thomas Jordan laut Redetext am Freitag in seiner Rede an der Generalversammlung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Bern.

Derweil wehrte sich die SNB-Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner gegen Forderungen, die «unsere Nationalbank verändern wollen». Solche Forderungen – etwa nach einer Erweiterung des Direktoriums oder nach mehr Diversität – würden die Stabilität gefährden.

Das sagte Thomas Jordan

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SNB-Präsident Thomas Jordan. Bild: keystone

Jordan sieht die SNB gut gerüstet, um auch in Zukunft die Preisstabilität in der Schweiz zu sichern und die Bürgerinnen und Bürger vor «Inflationsgespenstern» zu schützen. Die Fokussierung auf das Mandat und das geldpolitische Konzept sei keine Garantie für eine erfolgreiche Geldpolitik. «Wir müssen unsere Einschätzungen stets kritisch hinterfragen, veränderte Rahmenbedingungen möglichst früh erkennen und deren Auswirkungen analysieren.»

Für Jordan ist die heutige Generalversammlung die dreizehnte und zugleich letzte als Präsident des SNB-Direktoriums. Er wird, wie Anfang März angekündigt, per Ende September 2024 abtreten. Wer seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger sein wird, ist noch nicht entschieden.

«Preisstabilität ist wichtig»

Die jüngste Inflationsepisode habe einmal mehr gezeigt, wie wichtig Preisstabilität sei, fuhr Jordan fort. «Inflation hemmt das Wachstum der Wirtschaft und schmälert den Wohlstand aller. Am meisten aber belastet die Teuerung die wirtschaftlich schwächsten Gruppen in unserer Gesellschaft, da sie von einem Kaufkraftverlust am stärksten betroffen sind.»

Deshalb sei es nicht erstaunlich, dass die nach der Pandemie aufgetretene Inflation in der Öffentlichkeit derart viel Aufmerksamkeit erhalten habe, sagte Jordan. Dies sei besonders im Ausland der Fall gewesen, wo die Inflation teilweise im zweistelligen Bereich lag. In der Schweiz sei die Teuerung deutlich tiefer ausgefallen und sie befinde sich seit Mitte 2023 im Bereich der Preisstabilität.

Geldpolitik mit «ruhiger Hand»

«Trotzdem beschäftigte die Inflation auch hierzulande die Menschen», so Jordan weiter. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie sei die Preisstabilität in der Schweiz auf unterschiedliche Art und Weise gefährdet gewesen. Der SNB sei es aber gelungen, ihren Auftrag trotz äusserst widrigen Umständen zu erfüllen. Dabei habe man in Szenarien denken und unterschiedliche Handlungsoptionen abwägen müssen.

«Unser geldpolitisches Konzept hat es uns erlaubt, flexibel auf die verschiedenen Konstellationen zu reagieren», erklärte Jordan. Die SNB peile keine bestimmte Inflationsrate an, sondern betrachte Preisstabilität als erreicht, wenn die Teuerung zwischen 0 und 2 Prozent liegt. Zudem habe das Direktorium bei der Gewährleistung der Preisstabilität immer die mittlere Frist im Blick.

«Unsere Definition der Preisstabilität und die mittelfristige Orientierung ermöglichen es uns, die Geldpolitik mit ruhiger Hand zu führen und nicht auf jede Abweichung der Inflation von einem Zielwert reagieren zu müssen», so der SNB-Chef. Während der Pandemie habe die SNB mit Inflationsprognosen nahe an der Untergrenze des Zielbandes leben können. Und als die Inflation dauerhaft vom Bereich der Preisstabilität zu entfernen drohte, habe die SNB in der zweiten Jahreshälfte 2021 rasch und entschlossen auf den steigenden Inflationsdruck reagiert.

Das sagt die SNB-Bankratspräsidentin

«Die geforderten Änderungen kommen aus den unterschiedlichsten politischen und ideologischen Richtungen, fast immer zielen sie aber auf die bewährten Pfeiler», sagte die Präsidentin des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank, Barbara Janom Steiner, laut Redetext an der Generalversammlung am Freitag in Bern.

Swiss National Bank's (SNB) President of the Bank Council Barbara Janom Steiner, speaks during the 116. Ordinary General Assembly of Swiss National Bank (SNB), at Bern, Switzerland, Friday, April ...
Bild: keystone

Als diese Pfeiler bezeichnete Janom Steiner die Unabhängigkeit der SNB sowie ihr eng definierter gesetzlicher Auftrag bzw. das Mandat zur Gewährleistung der Preisstabilität unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung.

Gefährlich für das Land

Konkret werde zum Beispiel gefordert, das SNB-Direktorium müsse dringend erweitert werden, da es zu klein sei, so die Präsidentin. Mal würden als Begründung Kompetenzen oder Branchenkenntnisse genannt, die der SNB angeblich fehlten. Mal steckten Diversitätsanliegen hinter den Forderungen.

«Diese Forderungen – oder müsste ich sagen: Angriffe? – lassen sich von unbekümmertem Leichtsinn bis hin zu handfesten Partikularinteressen einstufen.»

Teils würden mögliche Änderungen an der Governance der SNB auch als Vorwand benutzt, um die Unabhängigkeit und das enge Mandat zu unterwandern. Teils würden die Unabhängigkeit und das Mandat der Nationalbank aber auch direkt in Frage gestellt. «Diese Forderungen – oder müsste ich sagen: Angriffe? – lassen sich von unbekümmertem Leichtsinn bis hin zu handfesten Partikularinteressen einstufen. Beides ist für unser Land gefährlich», sagte die Präsidentin.

Würde Auftrag widersprechen

Unabhängig von der jeweiligen Begründung würden diese Ansprüche die Gefahr bergen, dass das Direktorium nach politischen bzw. ideologischen Kriterien oder aufgrund von Partikularinteressen besetzt werde, sagte Janom Steiner dazu. Dies widerspräche aber klar dem Verfassungsauftrag, wonach die SNB eine Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes führe und nicht im Interesse einzelner Gruppierungen oder Wirtschaftsbranchen.

Bei der Nationalbank verschliesse man sich der Kritik nicht, sondern stelle sich dieser. Doch die Kritiker der jüngeren Vergangenheit müssten sich die Frage gefallen lassen, ob sie nicht etwas zu verändern versuchten, was gar keine Veränderung brauche. «Die Nationalbank funktioniert sehr gut, und sie erfüllt ihr Mandat selbst in Krisenzeiten ganz hervorragend! Sie gehört in vielen Gebieten zu den führenden Zentralbanken der Welt», sagte die Präsidentin mit Bezug etwa auf die jüngsten Erfolge an der Inflationsfront. (lak/awp/sda)

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