Die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie haben einen ökologischen Nebeneffekt, den man gewissermassen als Kollateralnutzen bezeichnen könnte: Der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten und des Verkehrs wirkte sich 2020 dämpfend auf die CO2-Emissionen aus – stärker als die Finanzkrise 2008 oder die zweite Ölkrise 1979. Insgesamt wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1551 Millionen Tonnen CO2 weniger ausgestossen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres – ein Rückgang um 8,8 Prozent. Zudem nahm zeitweise auch die Luftverschmutzung zum Teil massiv ab, etwa in Nordostchina, wo die Stickstoffdioxidkonzentration in der Luft stark sank.
Als der Lockdown global den Höhepunkt erreichte, am 7. April 2020, lag der CO2-Ausstoss in jenen Regionen, die für knapp 90 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, auf dem Niveau von 2006. Für den Rückgang verantwortlich war in erster Linie der Verkehrssektor (ohne Flugverkehr), der um fast die Hälfte weniger des Treibhausgases freisetzte. Die Emissionen aus dem Flugverkehr nahmen in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 um beinahe die Hälfte ab – wobei rund 70 Prozent des Rückgangs auf internationale Flüge entfielen.
Zugleich nahm die Internetnutzung zu, getrieben durch all die Menschen, die nun von zuhause aus arbeiteten, vermehrt online einkauften oder Streamingdienste in Anspruch nahmen. Gemäss dem neuesten Global Digital Report von «We Are Social» vom April 2020 gaben mehr als drei Viertel aller befragten Internet-User zwischen 16 und 64 Jahren an, sie hätten ihr Mobiltelefon häufiger benutzt. Auch an Geräten wie Laptops, Desktop-Computern oder Tablets wurde deutlich mehr Zeit verbracht. Und zugleich konsumierten die Leute deutlich mehr Streaming-Angebote und verbrachten mehr Zeit auf Social Media.
Jede Sekunde, die man mit Surfen im Internet verbringt, setzt durchschnittlich etwa 20 Milligramm CO2 in die Atmosphäre frei. Das ist nicht viel, aber mittlerweile gehören 59 Prozent der Weltbevölkerung zu den Internet-Usern – das sind in absoluten Zahlen 4,57 Milliarden Personen. Allein von April 2019 bis April 2020 sind über 300 Millionen neu dazugekommen. Erst seit kurzem nutzt auch mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung Social Media.
Während eine Spam-E-Mail im Schnitt lediglich 0,3 Gramm CO2 freisetzt, sind es bei einer normalen E-Mail bereits 4 Gramm und bei einer Mail mit Foto sogar 50 Gramm – wie die BBC unter Berufung auf den britischen Forscher Mike Berners-Lee berichtet, der sich mit dem CO2-Abdruck diverser Dinge befasst. Bewegtbilder verursachen noch mehr CO2-Emissionen. 60 Prozent des weltweiten Internet-Verkehrs entfallen auf Online-Videos, was rund 300 Millionen Tonnen CO2-Ausstoss verursacht, was wiederum knapp 1 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entspricht. Ein Drittel des Online-Streamings ist übrigens Pornographie – und die allein setzt mehr CO2 frei als Belgien.
Neben dem Stromverbrauch der eigenen Geräte, die wir für das Internet nutzen, fällt vor allem jener der grossen Serverfarmen ins Gewicht, in denen ein Grossteil der Daten gehostet werden, auf die wir zugreifen. Die Server müssen gekühlt werden, die Rechner verbrauchen Strom. Allerdings kommt es darauf an, wie diese Datencenter mit Energie versorgt werden: Naturgemäss ist der CO2-Ausstoss geringer, wenn es sich um erneuerbare Energiequellen handelt. So soll ein durchschnittlicher Google-User, der pro Tag 25 Suchanfragen durchführt, einen Gmail-Account nutzt und 60 Minuten YouTube-Videos konsumiert, dadurch lediglich 8 Gramm CO2-Ausstoss verursachen, wie Google berechnet.
Doch längst nicht alle Serverfarmen werden mit erneuerbaren Energien betrieben; viele verbrauchen fossile Energieträger. Kein Wunder also, dass der Anteil des Internets an den weltweiten CO2-Emissionen laut dem «Shift Project» bereits von 2013 bis 2018 von 2,5 auf 3,7 Prozent gestiegen ist. Man darf davon ausgehen, dass dieser Anteil aufgrund des Wachstums des Internets bis 2020 weiter angestiegen ist – und durch die Corona-Pandemie einen weiteren Schub erhalten hat.
Spätestens aufgrund der dämpfenden Wirkung der Pandemie auf den CO2-Ausstoss des Flugverkehrs dürfte nun das Internet klar mehr CO2-Emissionen verursachen als dieser. Möglicherweise war dies bereits vorher der Fall; so schätzte der International Council on Clean Transportation (ICCT) den durch die kommerzielle Luftfahrt verursachten CO2-Ausstoss für das Jahr 2019 auf 918 Millionen Tonnen – etwa 2,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Rund 85 Prozent davon entfielen auf Passagierflugzeuge, der Rest auf den Frachtverkehr.
(dhr)
Die Leistung des Rechner selbst (und der CPU) steigt ja nicht proportional zum Datenverkehr an und Festplatten, RAM, Chipsätze brauchen, ob des Datenverkehrs auch nicht zugleich mehr Strom. Ebenso ist es den Leitungen egal, was durch sie fliesst - ebenso die Switche, Hubs usw...
Einzig mehr CO2 könnten die nun vermehrt genutzten Geräte verursachen.
Also, ich sehe da noch viel Feinjustierei an diesen vagen Berechnungen.
Wann kommt die Kuh-CO2-Steuer?