Wissen
Forschung

Knall im All: Was passiert, wenn eine Wolke in ein Schwarzes Loch stürzt

Der grösste Knall im All: Was passiert, wenn eine Wolke in ein Schwarzes Loch stürzt

Ein Schwarzes Loch verschlingt eine grosse Molekülwolke. Acht Milliarden Jahre später haben Astronomen auf der Erde das Ereignis registriert. Und können einen Rekord vermelden.
12.05.2023, 06:48
Mehr «Wissen»

Vor etwa acht Milliarden Jahren stürzte eine grosse Wolke aus Wasserstoff in ein supermassereiches Schwarzes Loch – und löste so die energiereichste Explosion aus, die je von Astronomen beobachtet worden ist. Der Strahlungsausbruch war zehnmal stärker als jede bekannte Supernova und dauerte über drei Jahre an, schreiben die Wissenschaftler um Philip Wiseman von der britischen University of Southampton in den «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society».

Die von der Universität von Southampton herausgegebene Illustration zeigt eine künstlerische Darstellung der Massenzunahme eines Schwarzen Lochs.
Die von der Universität von Southampton herausgegebene Illustration zeigt eine künstlerische Darstellung der Massenzunahme eines Schwarzen Lochs.Bild: John A. Paice/www.johnapaice.com/University of Southampton

Zunächst konnten sich die Himmelsforscher keinen Reim auf das ungewöhnliche kosmische Ereignis machen. Erst die Beobachtung mit vielen verschiedenen Instrumenten vom langwelligen Infrarot-Bereich bis hin zur energiereichen Röntgenstrahlung half ihnen, eine Erklärung zu finden. Mit blossem Auge war die Explosion nicht zu sehen.

Dabei sind Explosionen im Kosmos keine Seltenheit: von thermonuklearen Explosionen auf sterbenden Sternen über Supernovae, die ganze Sterne zerfetzen, bis hin zu den Strahlungsausbrüchen, zu denen es kommt, wenn supermassereiche Schwarze Löcher ganze Sterne verschlingen. Die Palette solcher Ereignisse ist reichhaltig. Doch nichts davon passte auf das unter der Bezeichnung AT2021lwx katalogisierte, besonders energiereiche Himmelsereignis.

Entdeckt wurde die Explosion zuerst im Jahr 2020 von der «Zwicky Transient Facility», einem Spezialteleskop an der Sternwarte Mount Palomar in den USA. Damit suchen Astronomen automatisch nach vorübergehenden Ereignissen am Himmel, wie etwa Sternexplosionen. «Wir sind also durch Zufall darauf gestossen», sagte Wiseman laut einer Mitteilung seiner Uni. Das Ereignis fiel dem automatischen Teleskop auf und es schlug Alarm.

Zunächst dachten die Forscher, es handele sich um eine Supernova oder einen Stern, der in ein Schwarzes Loch stürzt. Weitere Beobachtungen zeigten, dass die Explosion in einer weit entfernten Galaxie stattgefunden hatte. Das Licht hatte von dort acht Milliarden Jahre zur Erde gebraucht – die Explosion hatte also vor acht Milliarden Jahren, etwa sechs Milliarden Jahre nach dem Urknall, stattgefunden.

Ungewöhnliche Dauer der Explosion

Die grosse Entfernung bedeutet auch, dass die Explosion ungewöhnlich energiereich war – und sie dauerte ungewöhnlich lange an. «Normalerweise dauern solche Explosionen ein paar Monate an, dann schwächt sich die Strahlung wieder ab», sagte Wiseman. «Dass etwas länger als zwei Jahre derart hell leuchtet, ist sehr ungewöhnlich.»

Die einzigen Objekte im Kosmos mit einer vergleichbaren Helligkeit wie AT2021lwx sind Quasare – supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren weit entfernter Galaxien. Sie senden Strahlung aus, weil ständig Materie von aussen in sie hinein fällt und sich dabei aufheizt. «Doch solche Quasare flackern, ihre Helligkeit schwankt sehr stark», erläuterte Mark Sullivan, ein Kollege von Wiseman an der University of Southampton.

Im Gegensatz dazu stieg die Helligkeit von AT2021lwx zunächst innerhalb von etwa hundert Tagen um das Hundertfache an und nimmt seither sehr langsam wieder ab. Die Forscher suchten in alten Daten nach weiteren Eruptionen des Objekts – ohne Erfolg.

Wichtig für die Entwicklung der Zentren von Galaxien

Um der Ursache der Explosion auf die Spur zu kommen, haben Wiseman, Sullivan und ihre Kollegen das Himmelsobjekt drei Jahre lang mit einer Vielzahl von Instrumenten beobachtet. Mit den so gewonnenen Daten kristallisierte sich schliesslich ein Szenario als wahrscheinlichste Erklärung für die Explosion heraus: Vermutlich ist eine grosse Wolke aus molekularem Wasserstoff in ein Schwarzes Loch mit etwa der milliardenfachen Masse unserer Sonne gefallen. Dabei wurde die Wolke nicht auf einen Schlag verschlungen, sondern in Teilen – was jeweils Stosswellen im Rest der Wolke auslöste und so zu der starken Strahlung führte.

Die Astronomen hoffen, mit der nächsten Generation automatischer Teleskope viele weitere, ähnliche Ereignisse aufzuspüren. «Denn solche Explosionen sind zwar offensichtlich sehr selten», so Wiseman. «Aber sie sind so energiereich, dass sie eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Zentren von Galaxien spielen könnten.» (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Dieser Hase hat (bestimmt) mehr Follower als du – und das zu Recht!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
5
In diesen Gemeinden kommt dein Nachname vor – die grosse Schweiz-Übersicht
In welchen Schweizer Gemeinden kommt dein Nachname eigentlich am häufigsten vor? Und in wie vielen mindestens dreimal? In unserem interaktiven Tool findest du eine Antwort auf diese Fragen.

Das Bundesamt für Statistik hat kürzlich die Daten für alle in der Schweiz vorkommenden Nachnamen aktualisiert. Die Namensvielfalt in der Schweiz ist enorm, insgesamt gibt es über eine halbe Million verschiedene Nachnamen, wobei unterschiedliche Schreibweisen separat gezählt werden. 180'000 Nachnamen kommen in einer Gemeinde mindestens dreimal vor. Kommt ein Name weniger häufig vor, wird dieser vom Bundesamt für Statistik aus Datenschutzgründen nicht publiziert.

Zur Story