
Gestatten, Wingo!screenshot: youtube Über eine kaum bekannte Tochterfirma lanciert der grösste Schweizer Provider ein günstiges Internet-Abo. Wingo richtet sich an Hipster, die auf schnelle Glasfaserleitungen stehen und nichts für herkömmlichen Kundendienst übrig haben.
01.04.2015, 14:1401.04.2015, 14:46
Darf man sich über einen Werbekunden lustig machen?
Eigentlich nicht. Aber ich kann mildernde Umstände geltend machen. Und das kam so …
Als Tech-Journalist ist man natürlich brutal misstrauisch, wenn ausgerechnet am 1. April ein neues Produkt lanciert werden soll. Wie zum Beispiel:
- Google Panda
- Moto Selfie Stick
- Samsungs Smart-Messer
- Und und und (hier geht's zu unserem epischen Aprilscherz-Ticker)
So war ich zugegebenermassen skeptisch, als früh am Mittwochmorgen (und praktisch zeitgleich) die Medienmitteilungen von Swisscom und Wingo in meine Inbox trudelten. Schnell den Link zur Firmen-Website angeklickt und ins Impressum geschaut. Dort stand:
«Grundsätzlich ist kein Element auf dieser Website ein bindendes Angebot an eine Besucherin oder einen Besucher der Website. Wenn Wingo (...) ausnahmsweise ein bindendes Angebot über die Website machen will, so wird dies klar und unmissverständlich erklärt. Bestehen diesbezüglich Zweifel, so muss die Besucherin oder der Besucher davon ausgehen, dass der Website-Betreiber kein bindendes Angebot machen will.»
Kein Scherz? Und dass die Medienkonferenz ausschliesslich im Internet übertragen werden sollte, trug nicht zur Glaubwürdigkeit bei.
Aber kommen wir zu den Fakten:
Wingo ist keine neue Automarke
Twingo ist von Renault, Wingo ist von Swisscom. Twingo ist ein Auto, Wingo ein günstiges und gleichzeitig sauschnelles Internet-Festnetz-Abo für «junge, digital affine, urbane Kunden».
Wingo gibt's nur fürs Festnetz. Echt jetzt?
Kein Scherz! Zumindest vorläufig gibt's nur ein Festnetz-Angebot.
«Über Mobile ist noch keine Entscheidung gefallen», sagt der Wingo-Chef Jean-Louis Mathez. Sprich: Die Swisscom will nicht die herkömmlichen Handy-Abos kannibalisieren. Zumindest vorläufig nicht.
Wingo ist für Städter und ausgewählte Landeier
Die Internet-Abos (für 75 Franken) sind nur in Verbindung mit einer schnellen Glasfaserleitung möglich. Und solche Leitungen sind in den meisten Dörfern (noch) nicht vorhanden. Auf der Wingo-Website kann man sich informieren, ob der eigene Wohnort erschlossen ist.
Googeln statt Motzen
Wer ein technisches Problem hat, soll nicht zum Telefon greifen. Zwar existiert eine kostenpflichtige Support-Hotline. Doch sollen sich die Kunden, die sich bestens mit dem Internet auskennen, selber helfen. Nur wenn auch niemand im Freundeskreis Rat weiss, soll man das Unternehmen direkt angehen.
250 Megabit pro Sekunde. Ist das schnell?
Ja, das ist sehr schnell (und vor allem auch günstig).
Wie günstig?
Laut unserem Lieblings-Telekomexperten Ralf Beyeler ist es ein sehr gutes Angebot. Zitat: «Wingo ist ein Angriff von Swisscom auf die Konkurrenz. Insbesondere UPC Cablecom muss sich warm anziehen. Deren 250 MBit/s-Angebot (Upstream: 15 MBit/s) kostet 89 Franken im Monat, dazu kommen noch die Anschlussgebühren für den TV-Anschluss von rund 30 Franken. Also insgesamt fast 120 Franken im Monat. Da ist das Wingo-Angebot von Swisscom für 75 Franken im Monat viel attraktiver. Denn hier zahlt man keine Grundgebühr.»
WYSIWYG
Der Slogan «What You See Is What You Get», kurz WYSIWYG, war bei der Lancierung häufig zu hören. Das heisst, es soll keine versteckten Kosten geben. Und laut den Verantwortlichen gibt es auch keine (versteckte) Begrenzung des Datenvolumens. Sprich: unbegrenztes Streaming und Downloaden, bis der Doktor kommt.
Wingo = S-Budget
Bei Wingo handelt sich um eine Swisscom-Tochterfirma mit Sitz in Freiburg. Sie wurde 2010 «in aller Stille gegründet», um die Festnetzprodukte von M-Budget (Migros) über das Swisscom-Netz anbieten zu können. Nun holt Swisscom die Firma aus dem Schatten und lanciert über sie sozusagen ein S-Budget-Abo.
Und was lernen die Journalisten daraus?
Wingo wird als reine Online-Marke vermarktet. Konsequenterweise fand die Medienkonferenz im Internet statt. Die Journalisten konnten sich über den Browser mit Namen und Vornamen anmelden und ihre Fragen bequem im Chat stellen. Das Beispiel macht hoffentlich Schule. Auch wenn sich das Engagement der Medienleute in Grenzen hielt. Ob es vielleicht doch am Datum lag?
Gespanntes Warten auf die Online-Journalisten.gif: watson
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