Die grösste Schweizer Mobilfunkanbieterin Swisscom zeigt die Gewohnheiten ihrer Smartphone-Kunden. Der Datenverbrauch hat laut Mediensprecher Olaf Schulze massiv zugenommen. Mitverantwortlich daran seien die neuen Flatrate-Abos, die den Nutzern unbeschränkte Datenmengen zur Verfügung stellen. Das Datenvolumen verdoppelt sich jährlich.
Genutzt werden diese mit Vorliebe für YouTube. Videostreaming mache mittlerweile 60 Prozent des Datenverbrauches aus.
Während des Tages gibt es vier grössere Ausschläge: frühmorgens, um 13.00 Uhr, abends sowie gegen 21.00 Uhr. Letzteres vermutlich deshalb, weil aufgrund der Pauschalangebote vermehrt auch zuhause via Mobilfunkantenne gesurft wird. Am Wochenende sind die «Peaks» nicht mehr so stark.
Absolute Rekordwerte verzeichnet die Swisscom an Weihnachten in den Skigebieten sowie bei Sportanlässen wie Skirennen oder zuletzt beim werktäglichen Tennis-Viertelfinal von Stanislas Wawrinka gegen Novak Djokovic in Melbourne. Hier wurden fast 30 Gigabyte pro Sekunde nachgefragt. Auch der Bagger-Unfall auf der Autobahn A1 im Aargau habe zu einer sehr hohen Mobilnetzauslastung geführt.
Handlungsbedarf sieht Heinz Herren, Leiter des Swisscom-Geschäftsbereichs IT, Network & Innovation, insbesondere in den Städten. Der renommierte Netztest der Zeitschrift Connect habe der Swisscom zwar weiterhin das beste Netz attestiert. In den Städten hätten Konkurrenten hingegen aufgeholt, räumte der Swisscom-Manager ein.
Mit kleinen Antennen auf Strassenniveau, so genannten Small Cells, sollen die Innenstadt-Abdeckungen erweitert werden. In Winterthur wurde ein Pilotprojekt durchgeführt, auch in Luzern und Lausanne habe die Swisscom bereits Erfahrungen gesammelt, sagte Herren.
Ab dem zweiten Halbjahr sollen 2000 bis 4000 solche Small Cells installiert werden. Die Vorschriften für die maximale Strahlenbelastung würden eingehalten.
Es gehe um sehr kleine Leistungen, vergleichbar mit heimischen WLAN-Netzen und tiefer als solche von Funk-Festnetztelefonen, sagte Herren. Die Vorschriften für die Strahlenbelastungen seien in der Schweiz tiefer als im Ausland, was den Netzbau um mindestens 20 Prozent verteuere.
Konkurrenten hegen ebenfalls Small-Cells-Pläne. So hat beispielsweise Orange angekündigt, in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Elektrizitätswerk EWZ zusätzliche Antennen mit dem neuesten Mobilfunkstandard 4G (LTE) in der Stadt Zürich zu montieren. Die meiste werden Small Cells sein, die beispielsweise in der Bahnhofstrasse auf Trammasten installiert werden.
Von den 6,7 Millionen Mobilfunkgeräten in der Schweiz sind bereits rund eine Million 4G-fähig. Höhere Geschwindigkeiten sollen ab dem zweiten Quartal ermöglicht werden, indem LTE-Advanced ausgerollt wird.
Dabei werden zwei Frequenzbänder zusammengeschaltet, sodass die Kapazitäten steigen und die Surfgeschwindigkeit von 150 auf 300 Mbit/s erhöht werden kann. Kürzlich hat auch Sunrise eine solche Verdoppelung angekündigt.
Schliesslich sollen bis in einem Jahr auch Telefonate im LTE-Standard (Voice over LTE, VoLTE) möglich werden. Bislang werden nur Daten via LTE gesendet. Sprachtelefonie wechselt bislang in die älteren Standards 2G respektive 3G, parallel geführter Datentransfer ebenso. Mit VoLTE seien Zusatzfunktionen wie Sprachbefehle und dereinst wohl Fremdsprachenübersetzung in Echtzeit denkbar. (pru/sda)