
Geiler Typ, geile Hütte, geiler Sex. Diese Szene hier wird im Kino allerdings viel Gelächter ernten.Bild: Universal Pictures
Der Sexfilm des Jahres
11.02.2015, 10:0116.02.2015, 14:08
Peinlich ist ...
... nach dem Sex halb nackt Klavier zu spielen.
Erotisch ist ...
... das elegant zufriedene Schnurren von Christian Greys Krawatten-Schublade. Ein teures weisses Männerhemd an einer schlanken jungen Frau. Seattle.
Das Kapital des Films ...
... ist das Kapital. Christian Greys Wohnung. Sein Autopark. Sein Imperium. Sein wundervoll designter Helikopter. Seine sagenhaft gestylte Folterkammer. Ana will nicht nur ihn, sondern auch seine Milliarden. Klar. Jede populäre Liebesgeschichte braucht ein soziales Gefälle, das überwunden werden kann. Das ist so in «Aschenbrödel», «Pretty Woman» und auch im besseren Fesselfilm, nämlich «9 1/2 Weeks». Auch dort war Style ein Teil des Vergnügens.

Auch das war eine schöne Angeber-Wohnung mit Aussicht: Kim Basinger 1986 in «9 1/2 Weeks».Bild: Jonesfilm
Die Sexszenen ...
... sind im Film unsäglich brav. Schon nur die Vorahnung eines Blickes unter die Gürtellinie wird konsequent vermieden. Aber lang sind sie. Und Ana Steele trägt stets sehr hübsche Unterhosen. Doch für den Eigengebrauch anregend ist das nicht. Das konnte das Buch besser.
Die Folterszenen ...
... sind ebenfalls ganz zahm. Ein paar Klapse, ein bisschen Streicheln mit Pfauenfedern, und ab geht die Ana. Bis sie mal sechs Schläge mit dem Ledergürtel kriegt. Die sind dann zuviel.

Bild: KEYSTONE
Dabei wäre doch ...
... die verdammte Folterkammer so dermassen luxuriös und gluschtig ausgestattet! Wirklich! Ein Märchenschloss aus Porno und Perversionen.
Spuren der Gewalt ...
... sieht man übrigens keine, don't worry. Keine Druck- oder Scheuerspuren von Hand- und Fussfesseln, keine Striemen vom Einsatz des Gürtels. Nix. In der dominant-submissiven Wirklichkeit dürfte das ganz anders sein.
Das Problem ist ...
... Christian Greys Problem. Nämlich, dass er als 15-Jähriger zum Sexsklaven einer reifen Dame wurde und seither nicht mehr anders kann, als jede Regung zu regulieren. Das macht den Bonzen zunehmend zum tranigen Psychobolzen und ist nicht sexy. Wahrscheinlich hängt er seit dem Ende des Films melancholisch über seinem Klavier.

Bild: Universal Pictures
Verträge prägen ...
... den Lauf dieser Liebe, gleich zwei davon muss Ana unterzeichnen, einen Geheimhaltungsvertrag, weil es sich bei dem Wirtschafts-Titan Christian Grey schliesslich um einen Promi handelt, und den berühmten Sexvertrag. Sie lässt die schönen Praktiken des Anal- und Vaginalfisting streichen, Genitalklemmen will sie auch nicht. Schade. Eine neolibelare, unsentimentale Herangehensweise an eine Beziehung. Ob Zürcher Banker das auch so machen?
Körperlich ...
... sind Jamie Dornan und Dakota Johnson beneidenswert gut beieinander, das gibt wirklich ästhetische Nacktszenen. Manchmal möchte man ihnen allerdings gern den hilflos (in Richtung Regie?) schauenden Kopf abschrauben dazu.
Jamie Dornan wäre ...
... eigentlich ein qualifizierter Dämon und Frauenquäler, er hat das in der ersten Staffel der Thriller-Serie «The Fall» (BBC) konsequent durchgezogen und uns das grosse Fürchten gelehrt. Jetzt schaut er immer zum Verlieben lieb in die Kamera, und das ist nicht der Sinn des Christian Grey. Wahrscheinlich hätte Robert Pattinson einen besseren Job gemacht. Dafür kann Jamie Dornan, anders als Pattinson, auch lustig sein. Zu sehen in diesem Video:
Pervers ist ...
... an diesem Film nicht etwa die Veranlagung des Christian Grey, dieses Kaffeekränzchen-Professors für Bondage, sondern das absehbare Geschäft. Eine nicht einmal mittelmässige Verfilmung eines unterirdisch geschriebenen Romans wird automatisch ein Welterfolg. Durch die Formel «Geld plus Gewalt mal Sex gleich die Erfüllung restlos aller Träume im durchpornografisierten Spätkapitalismus». Allein in Zürich läuft der Film in zehn Kinosälen. Zehn! Es gibt kein Entkommen. James Bondage lässt grüssen.
Dakota Johnson kommt ...
... aus einer Hollywood-Dynastie. Ihre Mutter ist Melanie Griffith, ihre Grossmutter die Hitchcock-Muse Tippi Hedren. Dakota zeigt besonders in komischen Szenen (die sind dann leider mal vorbei, siehe «Problem») ausserordentliches Talent und ist auch sonst ein einnehmendes Stirnfransenmädchen.

Dakota Johnsons Grossmutter Tippi Hedren.Bild: AP NY
Schlicht grossartig ...
... ist die blanke Abwesenheit der lustigen gemeinten Peinlichkeiten, die E.L. James in ihren Büchern allenthalben ausbreitete. Etwa Anas gefühlsdusselige Beschreibungen. Im Film fühlen sich ihre Orgasmen nie an «wie im Schleudergang einer Waschmaschine», sie sagt nie: «Postkoitale Haare stehen mir einfach nicht!», und ihre doofe «innere Göttin» legt auch keinen «Salsa aufs Parkett» und verzieht nicht «das Gesicht zu einer Munch-Fratze». Danke dafür. Und für den Soundtrack Danke!
Und die Moral von der Geschicht?
Mit Fesselkünstlern spielt man nicht.
«Fifty Shades of Grey» dauert zwei Stunden und läuft ab 12. Februar im Kino.
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