Viele Leute leiden unter der extremen Hitze. Auch nachts kühlt es oftmals nicht mehr richtig ab, weswegen viele Menschen in ihrem Schlaf gestört sind. Besonders schwierig wird es in den sogenannten Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt. Wir haben eine Expertin gefragt, was die Hitze mit dem Körper macht und wie wir trotzdem zu genügend Schlaf kommen.
Welche physiologischen Prozesse stört Hitze beim Schlafen?
PD Dr. med. Rositsa Neumann: Die Thermoregulation, also die Fähigkeit des Körpers, seine Temperatur konstant zu halten, wird durch die Hitze beeinträchtigt. Vor dem Einschlafen muss die Körperkerntemperatur absinken, doch bei hoher Temperatur gelingt das nur verzögert oder gar nicht. Der Körper bleibt aktiv, um sich abzukühlen: Es kommt zur Pulsbeschleunigung und Aktivierung vom sympathischen Nervensystem, was zu einer Schlafverzögerung führt und einen erholsamen Schlaf erschwert.
Zudem kann eine zu hohe Körperkerntemperatur die Produktion des Schlafhormons Melatonin verzögern. Auch Licht beeinflusst die Melatoninproduktion negativ. Daher ist es wichtig, das Schlafzimmer gut abzudunkeln. Zusätzlich sollte man in der letzten Stunde vor dem Zubettgehen auf Lichtquellen von Bildschirmen wie Monitoren verzichten.
Warum schlafen wir bei hohen Temperaturen oft unruhig oder wachen mehrfach auf?
Die physiologischen Prozesse laufen nicht richtig ab. Der Körper ist in einem aktiven Zustand, wir schwitzen mehr und drehen uns auch mehr hin und her. Schwitzen führt zu Dehydrierung und Elektrolytenstörungen, was innere Unruhe, Wadenkrämpfe und Kopfschmerzen verursachen kann und damit Schlaf noch mehr verschlechtert.
Was sind einfach umsetzbare Tipps für erholsamen Schlaf trotz tropischer Nächte?
Wer über eine Klimaanlage verfügt, sollte diese nutzen, um den Raum vor dem Schlafen abzukühlen. Ansonsten sollte in der Nacht und am Morgen gelüftet werden. Tagsüber sollten die Fenster geschlossen und die Rollläden unten bleiben. Dazu sollte leichte Kleidung getragen werden. Wichtig ist ebenfalls leichte Bettwäsche, die vorher allenfalls gekühlt werden könnte. Wer will, kann eine leichte Decke benutzen.
Für einen guten Schlaf sind zudem bewährte Massnahmen wie regelmässige Schlafenszeiten, Entspannungsübungen und leichtes Essen von Vorteil. Keinesfalls sollte vor dem Schlafengehen Alkohol konsumiert werden, da dieser wiederum zum Schwitzen führt. Statt fettiger Speisen ist ein Salat vorzuziehen. Die letzte Mahlzeit sollte mindestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen eingenommen werden.
Was ist die richtige Kleidung, oder sollte man besser nackt schlafen?
Zum Schlafen sollte leichte, atmungsaktive Kleidung aus natürlichen Materialien wie Baumwolle oder Leinen getragen werden, man sollte nicht nackt schlafen. Grund ist, dass die Kleidung den Schweiss aufnimmt und dadurch die Verdunstungskühlung fördert. Zugluft sollte man vermeiden, den bei Zugluft drohen Verspannungen oder eine Erkältung.
Welche Gruppen sind besonders von der Hitze betroffen und warum?
Besonders betroffen sind Kinder und Säuglinge, da sie stärker von der Aussentemperatur abhängig sind und im Verhältnis zu ihrem Körpervolumen eine grössere Körperoberfläche haben als Erwachsene. Dadurch können sie ihre Körperkerntemperatur weniger effektiv regulieren. Eltern sollten darauf achten, dass die Kinder nicht zu fest eingewickelt sind.
Auch ältere Menschen leiden besonders unter der Hitze, da ihre physiologischen Prozesse verlangsamt sind. Sie nehmen Wärme weniger wahr und empfinden seltener Durst. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Erkrankungen oder bereits bestehenden Schlafstörungen haben bei Hitze ebenfalls häufiger Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen.
Was ist die optimale Raumtemperatur zum Schlafen?
Die optimale Temperatur zum Schlafen ist zwischen 16 und 20 Grad, bei Babys und älteren Menschen eher an der oberen Grenze davon. Ich empfehle eine Raumtemperatur unter 21 Grad.
Was sind die Folgen von zu wenig Schlaf infolge von Hitzenächten?
Das glymphatische System ist für die Regulierung von Stoffwechselabfallprodukten und toxischen Stoffen im Gehirn verantwortlich. Am effektivsten funktioniert dies während des Schlafens. Ist dies gestört, könnte die Gesundheit gefährdet werden und könnte langfristig gesehen zu neurodegenerativen Erkrankungen führen.
Studien in Ländern mit heisserem Klima zeigen jedoch keine Erhöhung der neurodegenerativen Erkrankungen. Bei gestörtem Schlaf ist man am Tag müder und reizbarer, es kommt zu Konzentrationsstörungen und Stimmungsschwankungen.