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Ein erst 35-Jähriger soll Hillary Clinton ins Weisse Haus bringen – das Problem ist aber nicht sein Alter, sondern die Altlasten seiner Kandidatin

Ein erst 35-Jähriger soll Hillary Clinton ins Weisse Haus bringen – das Problem ist aber nicht sein Alter, sondern die Altlasten seiner Kandidatin

Er ist erst 35 Jahre alt und soll Hillary Clinton zur Präsidentin machen: Wahlkampfmanager Robby Mook gilt als Wunderwaffe der Demokraten. Der schwierigste Teil des Jobs - die Problemfamilie der Kandidatin bändigen.
13.04.2015, 14:1713.04.2015, 14:31
Marc Pitzke, New York / Spiegel Online
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Robby Mook hat seinen eigenen Fanclub: Die Mook Mafia, einen eingeschworenen Freundeskreis aus rund 150 Wahlkampf-Veteranen. Die Mitglieder kommunizieren über eine private Listserv-Mailingliste mit dem Hashtag #mafia4life - manchmal auch recht deftig: «F U Republicans», lautete einer der Einträge. Klartext: «Fuck you

Die pikanten E-Mails wurden Ende vergangenen Jahres publik, als sie jemand an den Fernsehsender ABC News lancierte. Ein durchsichtiger Versuch, Mook und seine Mannschaft zu diskreditieren: Der anonyme Informant, so ABC, habe verhindern wollen, dass Mook eine «Führungsrolle» im Wahlkampf übernehme.

Kurz darauf berief Hillary Clinton ihn dennoch zu ihrem Wahlkampfmanager - zunächst nur inoffiziell. Aber seit sie am Sonntag ihre Präsidentschaftskandidatur mit einem Web-Video verkündete, hat er den Job nun auch ganz offiziell.

JJJJJJJA! Sie will.
JJJJJJJA! Sie will.Bild: JASON REED/REUTERS

Nach einer Karriere hinter den Kulissen steht Mook, 35, plötzlich im Rampenlicht: als Chefstratege einer Organisation, die bis zum Urnengang im November 2016 insgesamt bis zu 2.5 Milliarden Dollar verfeuern dürfte. Clintons zweiten Anlauf auf das Weisse Haus zu inszenieren, ist ein Höllenjob. Die Kandidatin ist schwierig, trägt jede Menge Altlasten mit sich herum und erlebte 2008 einen dramatischen Flop.

Neustart dringend gewünscht

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Bild: BRIAN SNYDER/REUTERS

Mit dem Daten-Nerd Mook zeigt Clinton, wie sehr sie einen Neustart hinlegen will - und eine Abkehr von der vermeintlichen dynastischen Unvermeidlichkeit. Seit 1978, als sie mit Bill Clinton in die Gouverneursvilla in Little Rock, Arkansas, einzog, steht sie in der Arena. Da war Mook noch nicht einmal geboren.

Inzwischen nennen sie ihn die «Wunderwaffe»: Mook ist direkt unter dem Chef des Wahlkampfteams angesiedelt. Den Posten hat John Podesta inne, Ex-Stabschef im Weissen Haus. Mook soll nicht nur Clintons Team verjüngen, sondern auch das Image der 67-jährigen Kandidatin.

Der Generationswechsel ist überfällig. Die meisten Gurus der letzten Wahlkämpfe - David Axelrod, Jim Messina, James Carville - haben sich aus dem Geschäft zurückgezogen und bekleiden inzwischen lukrativere Posten als TV-Kommentatoren. Sie waren streitlustige Narzissten. Mook - übrigens auch der erste offen schwule Wahlkampfmanager in der US-Geschichte - ist still, charmant und diskret.

So diskret, dass sein mutmassliches Twitter-Profil ein Anachronismus in dieser Welt endlos-digitaler Eigenwerbung ist: Er folgt auf Twitter nur drei anderen - Barack Obama, der «New York Times» und Taylor Swift. Er gibt auch kaum Interviews, das letzte erschien 2013 in der Wochenzeitung «Seven Days», die in seinem Heimatstaat Vermont erscheint. Das Blatt pries ihn als «Wunderkind».

«Robby kümmert sich um persönliche Beziehungen», sagte Teresa Vilmain, die 2008 Clintons Iowa-Team leitete, dem Magazin «Vice». «Er nimmt sich Zeit, die Leute kennenzulernen.»

Eine ruhige Hand ist bitter nötig. Loyalisten, Egomanen und der ewige Störenfried Bill: «Hillaryland» ist eine chaotische Problemfamilie. An den internen Machtkämpfen scheiterte 2008 Clintons erste Wahlkampfchefin Patti Solis Doyle.

Damals war Mook bereits mit dabei: In den Vorwahlstaaten Nevada, Indiana und Ohio half er mit seinen Datenbanken dabei, dass sich Clinton knapp gegen Konkurrent Barack Obama durchsetzen konnte.

Schon an der Universität von Columbia organisierte Mook die College-Demokraten. Später zog er für Vermonts Ex-Gouverneur Howard Dean von Tür zu Tür, wechselte zu den Kongress-Demokraten und steuerte 2013 den früheren Parteichef Terry McAuliffe bei der Gouverneurswahl von Virginia zum Sieg. Das war ein ausserordentlich schmutziger Wahlkampf - der Charmeur kann auch hart sein.

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Bild: JIM YOUNG/REUTERS

Auch der mutmassliche Chefstratege in Hillarys Wahlkampf, Ehemann Bill Clinton, schätzt den Berater offenbar sehr. «Präsident Clinton liebte ihn, sie hatten ein tolles Verhältnis», sagte McAuliffe der «New York Times». «Aber Robby ist am glücklichsten, wenn er mit seinem Computer und seinen Daten im Büro sitzt.» Bis vor Kurzem handelte es sich dabei um ein paar Quadratmeter in Manhattan, manchmal nutzte Mook sogar seine Abstellkammer zum telefonieren. Inzwischen ist das Team in Clintons offizielle Wahlkampfzentrale nach Brooklyn umgezogen.

Sein Job ist es, Clinton als modernes Zukunftsideal zu positionieren und von der Aura des Gestrigen zu befreien. Als Vorlage gilt ihr Senatswahlkampf im Jahr 2000. Damals tingelte sie mit einer «Listening Tour» durch die Provinz und tat so, als lägen ihr die Interessen der Bürger am Herzen.

Jetzt auf

Genau diese Strategie verfolgt Mook offenbar auch diesmal. Das zeigt schon Clintons Kandidatur-Video vom Sonntag, voller Wärme, Witz und «ganz normaler» Wähler. Clinton selbst taucht da erst nach eineinhalb Minuten auf, ganz am Ende.

Im Video: Hillary Clinton macht ihre Kandidatur offiziell.

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