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Dank Blutpass kein Doping mehr im Radsport? Schön wär's – ein französischer TV-Sender zeigt, wie einfach getrickst werden kann

Schwitzen und schnaufen für die Wissenschaft: Cédric Fleureton, als Triathlet zweifacher Vize-Europameister, ist einer der Probanden.
Schwitzen und schnaufen für die Wissenschaft: Cédric Fleureton, als Triathlet zweifacher Vize-Europameister, ist einer der Probanden.Bild: France 2

Dank Blutpass kein Doping mehr im Radsport? Schön wär's – ein französischer TV-Sender zeigt, wie einfach getrickst werden kann

Der biologische Pass gilt seit einigen Jahren als wirkungsvolles Mittel gegen Doper. Mit ihm können auffällige Veränderungen im Körper eines Athleten festgestellt werden. Doch die Reportage eines französischen TV-Senders enthüllt nun, wie der Blutpass ausgetrickst werden kann. Das Ergebnis ist schockierend.
05.05.2015, 10:4406.05.2015, 10:58
Ralf Meile
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Von jedem Radprofi existiert ein biologischer Pass, im Jargon «Blutpass» genannt. Darin werden die Ergebnisse von Urin- und Blutproben erfasst, sodass Muster entstehen. Wessen Werte sich vor einem wichtigen Rennen plötzlich auffällig verändern, der steht im Verdacht, medizinisch nachgeholfen zu haben.

«Ich habe das Gefühl, dass wir mit der Anwendung des biologischen Passes und dessen abschreckender Wirkung näher dran sind als vor zehn Jahren», sagte Martial Saugy, der Direktor des Schweizerischen Labors für Dopinganalysen, schon 2012. Seit der Pass im Radsport eingesetzt werde (seit 2008), sei eine signifikante Abnahme von Missbrauchsfällen festzustellen.

Dass der Blutpass ein Fortschritt im Kampf gegen das Doping ist, wird kaum bestritten. Doch dass auch dieses Instrument nicht der Weisheit letzter Schluss ist, enthüllt nun eine Reportage des Fernsehsenders France 2. Mit einer Studie beweisen die Journalisten, dass Doping in Mikrodosierungen einerseits nicht nachweisbar, andererseits aber trotzdem deutlich leistungssteigernd ist.

Die Reportage im französischen Fernsehen.Video: Youtube/FranceTV Sport

Leistungssprünge in kurzer Zeit

Mit dem Segen der Welt-Antidoping-Agentur wurden acht Sportler während eines knappen Monats begleitet. Sie erhielten kleine Mengen von EPO, Wachstums- und andere Hormone sowie Steroide und Bluttransfusionen. Mittels Tests vor und nach Ablauf der Behandlung wurden die Veränderungen festgehalten. So wurde bei den Sportlern – Ausdauerathleten auf einem hohen Leistungsniveau – beispielsweise die maximale Sauerstoffaufnahme getestet. Dieser sogenannte VO2max verbesserte sich im Schnitt um 6,1 Prozent.

Auch die Werte für ein 14 Kilometer langes Zeitfahren auf einem Indoor-Bike (+ 2,1 Prozent) und für einen 3000-Meter-Lauf (+ 2,8 Prozent) verbesserten sich. Was nach wenig klingt, ist in Tat und Wahrheit sehr, sehr viel. Denn beim 3000-Meter-Lauf waren die Athleten nach dem Dopen nun zu dem Zeitpunkt im Ziel, an dem sie nur einen Monat vorher noch hundert Meter zu absolvieren hatten.

«Als ob ich auf einem anderen Planeten bin»

Das ist mehr als eine Weltreise in einem Sport, in dem oft das Zielfoto über Sieg und Niederlage entscheidet. «Als ob ich auf einem anderen Planeten bin», beschrieb es Proband Guillaume Antonietti. Der Marathonläufer war über 3000 Meter sagenhafte 26 Sekunden schneller. «Übermenschlich!», staunte er.

Dass und wie heftig die Leistung mit EPO und Co. gesteigert werden kann, wurde indes schon in früheren Untersuchungen aufgezeigt. Wirklich alarmierend ist hingegen die Tatsache, dass diese medizinischen Eingriffe im biologischen Pass offenbar keine Spuren hinterlassen.

Dopingkontrollen bald mitten in der Nacht?

Mikrodosierungen sind nur während sehr kurzer Zeit nachweisbar. Sie können vor dem Zubettgehen konsumiert werden und am Morgen sind die Spuren verschwunden – die Wirkung aber bleibt. Vor diesem Hintergrund ist keine Überraschung, was der Welt-Radverband UCI vor einigen Wochen angekündigte: Dass Dopingkontrollen künftig auch zwischen 23 und 6 Uhr stattfinden sollen. «Wir werden nicht zurückhaltend sein, harte Entscheidungen umzusetzen», liess sich UCI-Präsident Brian Cookson zitieren.

Die einzige Gewissheit im Kampf gegen das Doping bleibt, dass dieser Kampf nie zu Ende sein wird. «Ein sauberer Blutpass bedeutet nicht unbedingt, dass es sich um den Blutpass eines sauberen Sportlers handelt», lautet das Fazit der französischen Fernseh-Journalisten nach ihrem eindrücklichen Test.

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