Droht der Schweiz ein neues Bettwil? Vor drei Jahren haben aufgebrachte Bürger in der Aargauer Gemeinde ein Durchgangszentrum verhindert, nun braut sich im Kanton St. Gallen ein ähnlicher Streit zusammen: Vilters-Wangs im Sarganserland, am Fuss des Pizols, 4500 Einwohner stark, soll ein Asylzentrum bekommen. Nur ein Durchgangszentrum zwar, aber immerhin für rund 100 bis 150 Flüchtlinge. Der Widerstand gegen die Pläne des Migrationsamtes ist schneller formiert, als die Sonne abends aus dem Tal verschwindet.
Bereits am 4. Oktober – nur zwei Tage nachdem der Gemeinderat die Bürger über den bestehenden Vertrag zwischen dem Instituts-Besitzer und dem Migrationsamt unterrichtet hat und nur einen Tag nachdem an der Schafschau nur das Asylzentrum und kaum Vierbeiner das Thema waren – kursiert das Flugblatt einer anonymen «IG Sonnenberg». Die Parole: «Nein zur Umnutzung des Sonnenberginstituts».
Gestern Abend haben sich die rund 30 Direktbetroffenen – Nachbarn des Instituts und Bewohner der Sonnenbergstrasse – mit dem Gemeindepräsidenten Bernhard Lenhherr zur «Chropfleerete» getroffen. «Es ist ein emotionales Thema, aber es war eine sachliche Diskussion», sagt Lenherr am Morgen danach. Und er sagt auch: «Es ist noch alles offen.»
Die Gegner des Asylzentrums wollen aber nichts offenlassen. Der Plan zur Verhinderung des Durchgangszentrums steht.
So sieht der Plan aus:
Es wäre die einfachste und eleganteste Lösung für die Dorfbewohner: Den Institutsbesitzer Louis Hüppi dazu zu bringen, vom Vertrag zurückzutreten. Sie würden ihn ja schon verstehen, sagen die Dorfbewohner, schliesslich müsse irgendwas mit dem Institut passieren. Aber vielleicht gäbe es eine Alternative, vielleicht liesse er sich überreden, das Schulhaus anderweitig umzunutzen.
Noch hat niemand mit ihm gesprochen. Der Sonnenberg-Besitzer selbst äussert sich nicht zur Kündigungsklausel. «Ich stehe zum Vertrag», sagt Hüppi auf Anfrage von watson. Das sei eine Sache zwischen ihm und dem Kanton und für ihn habe die sich erledigt. Hinter vorgehaltener Hand sagen die Mitbewohner, es ginge wohl auch um viel Geld.
Die Gemeinde hat einen Trumpf in der Hand und der heisst Zonenplan. Weil das Institut ausserhalb der Bauzone steht, muss das Migrationsamt ein Gesuch einreichen, das zunächst von der Gemeinde und dann auch vom Kanton bewilligt werden muss. Ausserdem können die Nachbarn, die in weniger als 30 Meter Nähe vom Institut wohnen, Einsprache erheben. Das sind sechs Parteien.
«Ich bin dagegen» gelte nicht als triftigen Grund für eine Einsprache, sagt Gemeindepräsident Lenherr dazu. Da müssten schon bessere Argumente ins Feld geführt werden, zum Beispiel Verletzung übergeordneten Rechts, Einschränkung der Lebensqualität oder Störung der Zufahrten.
Es wird juristisches Geplänkel geben, doch die Vilterser werden sich wappnen: Die Suche nach einem Anwalt läuft.
Bettwil hat es vorgemacht: 10'000 Unterschriften sind gegen das geplante Durchgangszentrum zustandegekommen, die erbitterten Proteste haben beim Kanton Wirkung gezeigt: Der Aargauer Regierungsrat entschied, dass die Umnutzung nicht bewilligungsfähig sei. Im 560-Seelen-Dorf wohnen heute keine Personen mit Asylstatus.
Obwohl bereits Flugblätter der «IG Institut Sonnenberg» verteilt worden sind, sagt Lenherr, es sei noch offen, ob sich im Dorf eine Streitgenossenschaft bilde oder nur einzelne Einsprachen eingerecht würden. Die Vilterser sagen: «Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, die wir haben.»
Proben die Gegner des Asylzentrums den Massenaufstand, droht der Schweiz ein zweites Bettwil. Doch noch ist es zu früh, die beiden Fälle gleichzusetzen. Im Gegensatz zur Aargauer Gemeinde beispielsweise will sich die Regierung von Vilters-Wangs aus dem Streit raushalten und hofft auf eine zielführende Zusammenarbeit mit dem Kanton. Auch ob die Dorfbewohner ebenso entschlossen mobilmachen wie die Bettwiler, bleibt abzuwarten.
Es ist die Gemeinde in erster Instanz, die über das Baugesuch des Migrationsamtes und über die Einsprachen der Bevölkerung entscheidet. «Wenn für das Erteilen einer Bewilligung keine im öffentlichen Recht begründeten Hindernisse bestehen, werden die Einsprachen abgelehnt», sagt Lenherr. Dann hat die Bauherrschaft einen Anspruch auf eine Baubewilligung. Werden die Einsprachen gutgeheissen, muss der Antragsteller über die Bücher. «Beide Entscheidungen werden zum selben Zeitpunkt fallen», sagt Lenherr. Und zwar zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs.
Das dürfte noch eine Weile dauern. «Das Gesuch wird mehrere Wochen in Anspruch nehmen», sagt der Leiter des Migrationsamtes, Jürg Eberle, auf Anfrage von watson. Doch das Projekt geniesse hohe Priorität. Mit monatlich 120 zugewiesenen Asylsuchenden und ausgelasteten Kollektivzentren in Oberbüren, Necker, Mols und Eggersriet seien die Kapazitäten ausgeschöpft.
Ich kann's langsam echt nicht mehr hören. Menschen, die sich Problemen nicht stellen und sie zu lösen versuchen, sondern alles, was ihnen irgendwie Schwierigkeiten bereitet, von sich wegschieben, und sich dabei sehr unmenschlich verhalten, freilich ohne, dass sie das verstehen.
Inzwischen empfinde ich das nur noch als nervig, ärgerlich und ekelerregend, und ich wünsche mir sehnlichst, dass sie endlich ihre Intelligenz steigern.