Justin Trudeau ist der Mann der Stunde auf dem kanadischen Politparkett. Nicht nur, dass er Mitte Oktober seine Liberale Partei zu einem Glanzresultat bei den Unterhauswahlen führte, seit Mittwoch ist der 44-Jährige auch neuer Premierminister und damit Nachfolger des konservativen Stephen Harper.
Und, so viel ist nach der Vereidigung der neuen Regierung klar, von Symbolpolitik versteht der Mann einiges. 15 Männer hat er in sein Kabinett einbestellt – und gleich viele Frauen. Doch nicht nur in der Geschlechterfrage hat Trudeau offenbar Fingerspitzengefühl gezeigt: In seiner Regierung sind auch die Ureinwohner Kanadas und die Minderheiten vertreten. Eine Ministerin kam vor Jahren gar als Flüchtling ins Land – sie verkörpert die Idealvorstellung höchster sozialer Mobilität. Die Kabinettszusammensetzung ist die vielfältigste überhaupt in der Geschichte Kanadas.
So vermitteln es jedenfalls zwei Videos, die binnen Stunden millionenfach angeklickt wurden. In einem der beiden wird Trudeau regelrecht zum Heilsbringer hochstilisiert. «Um zu zeigen, dass er das Spiel verändert», so heisst es, «hat Trudeau die Öffentlichkeit dazu eingeladen, der Vereidigung der Minister beizuwohnen und postete gar seine Gelöbnisfeier auf Periscope».
Dass Politik nach aussen eben vor allen Dingen auch eine Frage der Selbstvermarktung ist, zeigt das zweite Video. Mit seiner Antwort auf die Frage einer Reporterin schafft Trudeau einen schon fast ikonographischen Moment.
Sie fragt ihn: «Ihre Regierung ist ein Abbild Kanadas. Es ist offensichtlich, dass Ihre Priorität ist, ein Kabinett aufzustellen, das nach Geschlechtern ausgeglichen ist. Warum ist das so wichtig für Sie?»
Er sagt: «Weil wir 2015 haben.»
Spontaner Applaus.
«Das Stimmvolk hat aussergewöhnliche Parlamentsmitglieder gewählt, und ich freue mich, einige von ihnen als Teil dieses Kabinetts hervorzuheben.»
Auf Twitter überbietet sich die sichtlich begeisterte Fangemeinde denn auch prompt mit Lobeshymnen.
Man darf feststellen: Der Mann weiss sich zu verkaufen und hat einen PR-Berater, der sein Geld wert ist. Und offenbar reicht heutzutage ein bisschen Periscope-Streaming und eine öffentliche Vereidigung aus, «um das Spiel zu verändern». (tat)