Die Lage ist chaotisch in der Flüchtlingsunterkunft in Traiskirchen in Niederösterreich. Bis zu 4500 Menschen werden laut dem Innenministerium im Lager untergebracht. Ausgelegt ist es für 1800 Flüchtlinge.
Dies führte zu einer Intervention von Amnesty International (AI). Die Menschenrechtsorganisation war mit sechs Leuten einen Tag lang im Flüchtlingslager und berichtet von einem «strukturellen Versagen». Die Unterkunft sei völlig überbelegt, die medizinische und soziale Versorgung unzureichend. Heinz Patzelt, Generalsekretär von AI Österreich, sagte kürzlich: «Als wir vor Ort waren, mussten rund 1500 Menschen in Traiskirchen im Freien schlafen, dazu kommen noch jene, die ausserhalb des Geländes übernachten. Ein unhaltbarer Zustand.»
Seither hat sich laut AI im Lager selber wenig getan. «Es gibt zwar einen Aufnahmestopp, als Erfolg alleine können wir das aber noch nicht bezeichnen», sagt AI zu watson. Zudem seien jetzt zumindest weitere Ärzte auf das Gelände gelassen worden. Das war zuvor nicht der Fall.
Die Schweizer Firma ORS verdient mit Flüchtlingen Geld. Sie hat sich auf die Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen spezialisiert und ist im Auftrag des österreichischen Innenministeriums auch für die Menschen in Traiskirchen zuständig. Gegenüber watson nimmt die ORS erstmals umfassend Stellung zum Fall: «Die ORS teilt die Meinung der Kommission von Amnesty International hinsichtlich der unglaublichen Unterbringungsbedingungen in der Betreuungsstelle in Traiskirchen», sagt ORS-Sprecher Roman Della Rossa. Eine kurzfristig anberaumte Untersuchung gehe jeder einzelnen Kritik von AI nach. «Verbesserungen werden sofort umgesetzt, wo dies möglich ist», sagt Della Rossa.
Laut verschiedenen österreichischen Medien zahlte der Staat der Firma ORS, die ihren Hauptsitz in Zürich hat, für die Betreuung von Asylbewerbern letztes Jahr 21 Millionen Euro (22.7 Millionen Franken). Insgesamt setzt der Konzern pro Jahr 70 Millionen Franken um. Wie viel ORS pro Asylbewerber – auch für solche ohne Betten – bekommt, will die Firma nicht preisgeben; man stehe mit den Auftraggebern in einem Vertragsverhältnis und könne deshalb keine Angaben machen.
Dass es in Traiskirchen immer noch nicht genug Betten gibt, Menschen im Freien schlafen müssen, bezeichnet AI als Katastrophe. ORS-Sprecher Della Rossa verweist darauf, dass es seit des «rasanten Anstiegs des Flüchtling-Stroms ab Mai dieses Jahres» schlicht zu wenig Räume für die Flüchtlinge gebe. Das Innenministerium habe die ORS «mit der Räumung aller nur denkbaren Zimmer, Aufenthalts- und Schulungsräume beauftragt» und trotzdem habe der Platz schon nach wenigen Wochen nicht mehr ausgereicht, um die Personen wenigstens in einem Bett mit einem Dach über dem Kopf unterzubringen.
Della Rossa meint weiter, die Einschränkung der Betreuung müsse man im Kontext mit den räumlichen Gegebenheiten sehen. Der jetzige Zustand sei eine Notsituation, trotzdem würden laufend Massnahmen wie der Schutz für Frauen bei der Benutzung von Nasszellen oder die dezentrale Ausgabe von Essen ergriffen.
Nach dem AI-Bericht über Traiskirchen wird in Österreich über ein Durchgriffsrecht bei der Unterbringung von Asylbewerbern diskutiert. Damit würde der Bund in den Gemeinden selber Unterkünfte errichten können – auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden. Diese waren bisher wenig kooperationsbereit. Zudem ist eine Quote für Gemeinden in Relation zur Wohnbevölkerung vorgesehen. Das Ganze soll ab Oktober möglich sein, muss aber noch vom Parlament genehmigt werden.
Konkret: Die Schweizer Firma ORS verdient mit Flüchtlingen Geld das der Steuerzahler erst mit harter Arbeit erwirtschaften muss.