Bei Razzien in 16 Ländern, darunter die Schweiz, gegen mutmassliche Entwickler, Verbreiter und Nutzer krimineller Computer-Software haben die Behörden 97 Personen festgenommen. Die Aktion stand im Zusammenhang mit einer als «BlackShades» bekannten Schadsoftware. Unter den Festgenommenen befindet sich auch ein schwedischer Entwickler von «BlackShades».
Mehr als eine halbe Million Menschen weltweit wurden Opfer der Schadsoftware, sogenannter «Creepware».
Wie die koordinierenden Agenturen Europol und Eurojust am Montag mitteilten, gab es 359 Polizeieinsätze in der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Grossbritannien, Finnland, Österreich, Estland, Dänemark, Italien, Kroatien, den USA, Kanada, Chile und Moldawien.
In der Schweiz wurde die Aktion von der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK) koordiniert, wie diese auf Facebook und Twitter mitteilte. In elf Kantonen führten die zuständigen Polizeien gleichzeitig 16 Hausdurchsuchungen und Befragungen durch.
Schweizer Hacker im Rahmen einer internationalen Polizeiaktion verhaftet https://t.co/0A1W9v25oJ #Blackshades #Europol #Eurojust #KOBIK
— KOBIK/SCOCI (@KOBIK_Schweiz) May 19, 2014
Die in der Schweiz verhafteten Personen sind laut KOBIK durchschnittlich 24 Jahre alt, der Jüngste gar nur 14-jährig. Die Staatsanwaltschaften der Kantone Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Graubünden, St. Gallen, Solothurn, Schwyz, Waadt, Wallis und Zürich haben ein Verfahren wegen Datenbeschädigung oder unbefugtem Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem eröffnet.
Ein in den USA prominentes Opfer ist Cassidy Wolf, Miss Teen USA. Diese erhielt 2013 eine E-Mail mit Nacktfotos von ihr, die offenbar von ihrem Laptop aus gemacht wurden.
Der Wortlaut der Mail: «Entweder du tust etwas von den unten aufgelisteten Dingen oder ich lade diese Bilder öffentlich sichtbar auf all deine Nutzerkonten. Statt Model zu werden, wirst du Porno-Star.»
Was der Hacker mit den aufgelisteten Dingen meinte, waren Nacktfotos in besserer Qualität und eine Sex-Show via Skype, wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht. Die Erpressungen steigerten sich in den nächsten drei Monaten mit immer neuen Forderungen. Dies war möglich, weil der Laptop ein Jahr lang komplett ferngesteuert wurde und der Erpresser, ein Ex-Mitschüler, sah, wann sie eine Nachricht öffnete oder was sie schrieb.
Mit der Software können Nutzer Kontrolle über die Computer von Zielpersonen erlangen und persönliche Informationen aufzeichnen. Unter anderem können Tastatureingaben abgefangen und Webcams so gesteuert werden, dass sie ihre Besitzer heimlich filmen. Derartige Software wurde in der Schweiz auch schon von Schulbehörden angewendet. Denn es braucht dazu wenig PC-Kenntnisse.
Bei den Razzien in den 16 Ländern beschlagnahmte die Polizei Bargeld, Schusswaffen, Drogen und mehr als 1000 Geräte für die Datenspeicherung. (tvr/sda)