«Verschwende nur meine Zeit» – Blocher tritt Ende Mai als Nationalrat zurück
Der Zürcher SVP-Nationalrat und alt Bundesrat gab am Freitag auf seinem Internetportal Teleblocher seinen Rücktritt aus dem Nationalrat bekannt. Per Ende Mai sei Schluss, so Blocher. Gestern Abend habe er zum letzten Mal den Ratssaal verlassen. Er habe den Rücktritt unter anderem in einem am heutigen Freitag verschickten Brief an SVP-Präsident Toni Brunner angekündigt, erklärte Blocher. «Heute gebe ich den Rücktritt auf 31. Mai bekannt.»
Er verschwende im Nationalrat seine Zeit, weil das Parlament zu bürokratisch geworden sei, begründete Blocher seinen Rücktritt. Es gebe praktisch nur noch Berufsparlamentarier, die Sitzungen über völlig nebensächliches Zeug abhielten – wegen den Sitzungsgeldern übrigens, monierte Blocher. Blocher fordert deshalb tiefere Entschädigungen für die Politiker.
«Damit landen wir letztlich in der EU»
Es gebe zudem Parlamentarier, die über Wirtschaft referierten, aber noch nie einen Bleistift verkauft hätten. «Und die Gleichen sagen, sie würden Arbeitsplätze schaffen», so Blocher weiter. Auf Teleblocher übte der SVP-Politiker geharnischte Kritik am gesamten Parlament. Es bedrohe Freiheit, Sicherheit und Wohlfahrt in der Schweiz. Die Unabhängigkeit und Neutralität, ebenso die Volksrechte würden unterwandert. Das Parlament müsse dringend reformiert werden.
Das Parlament komme der Europäischen Union zu stark entgegen, «sodass wir letztlich fremdes Recht und fremde Richter übernehmen müssen», kritisierte Blocher. «Damit landen wir letztlich in der EU.» So gehe die Schweiz zu Grunde. Der Wille des Volkes werde nicht respektiert. Blocher betonte, dass er sich nicht aus der Politik zurückziehen wolle. Er wolle nun seine Prioritäten in seiner politischen Arbeit neu setzen und sich vor allem auf Volksabstimmungen konzentrieren. Blocher war erstmals 1979 als Zürcher Nationalrat gewählt worden.
Maurer sieht Rücktritt als Chance
SVP-Bundesrat Ueli Maurer zeigte sich sehr überrascht über den Rücktritt seines Parteikollegen und Ziehvaters. Am Rande eines Mediengesprächs in Bern bezeichnete er Blocher als «den herausragendsten Politiker der letzten Jahrzehnte». Der Rücktritt sei aber auch eine Chance. Über die Gründe des Rücktritts konnte auch Maurer nichts sagen.
«Ich hatte ihn kürzlich noch am Telefon, und da wirkte er noch motiviert», sagte Maurer. Als Politiker sei Blocher eine «Ausnahmeerscheinung» – er könne deshalb nicht eins zu eins ersetzt werden. Für die SVP sei der Rücktritt aber kein Problem. Die Partei habe viele fähige Politiker. Der Rücktritt sei daher auch eine Chance, dass jemand aus dem Schatten Blochers heraustreten könnte.
Insgesamt wurden im Nationalrat in der laufenden Legislatur 2777 Abstimmungen durchgeführt, der Vertreter der Zürcher SVP und alt Bundesrat war jedoch nur bei 1788 davon im Saal.
Damit führt er das Ranking der Abwesenheiten mit grossem Abstand an.
Als Nächste folgen der Berner BDP-Nationalrat Hans Grunder mit 27 Prozent Abwesenheit und der Tessiner SVP-Nationalrat Lorenzo Quadri mit 24 Prozent. (sza/sda)
Wenn #Blocher geht übernimmt Hans Grunder die Spitze auf unserer Abwesenheitsliste. http://t.co/Ii7leipovK
— politnetz.ch (@politnetzCH) 9. Mai 2014
Er verschwende seine Zeit im Parlament sagte #Blocher zum #Rücktritt. Jedenfalls nicht beim Abstimmen. 1/3 Fehlzeit. pic.twitter.com/QR3YMWQ2Sa
— Balthasar Glättli (@bglaettli) 9. Mai 2014
Oh nein, jetzt müssen wir uns einen Monat lang Blocher-Hommagen/Biografien/Interviews auf allen Medien und Kanälen anhören/-sehen/-lesen...
— Cédric Wermuth (@cedricwermuth) 9. Mai 2014
Christoph Blocher tritt aus dem Nationalrat zurück, aber nicht aus der Politik! Danke für Dein grosses Engagement für unsere Schweiz!
— Natalie Rickli (@NatalieRickli) 9. Mai 2014
So stiehlt man sich aus der Verantwortung #blocher
— Jacqueline Fehr (@jacquelinefehr) 9. Mai 2014
Wer soviel ökonomische Macht hat, braucht sich im Parlament nicht mit anderen Meinungen auseinander zu setzen. http://t.co/m6TDX1Bnz4
— Regula Rytz (@RegulaRytz) 9. Mai 2014
Christoph Blocher quitte le Conseil National... Tiens il était encore là ?
— Yannick Buttet (@ybuttet) 9. Mai 2014
Schade, ein einigermaßen Unabhängiger weniger bei den Bürgerlichen im Nationalrat #Blocher Rücktritt
— Jacqueline Badran (@JayBadran) 9. Mai 2014
(Mit Material der Nachrichtenagentur SDA)