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Neuer Assistent, neuer Ausländer – die gefährliche Allmacht des SCB-Trainers

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Guy Boucher

Neuer Assistent, neuer Ausländer – die gefährliche Allmacht des SCB-Trainers

Der Schock der verpassten Playoffs ist so gross, dass der SCB nicht nur zur grössten Transferoffensive seit dem Wiederaufstieg von 1986 geblasen hat. Die Berner unterwerfen sich in geradezu abenteuerlicher Art und Weise ihrem gescheiterten Trainer.
11.07.2014, 14:4411.07.2014, 15:37
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Gescheiterter Trainer? Nun, Guy Boucher hatte während der Olympiapause Zeit, den SCB-Spielern seine Philosophie näher zu bringen. Er scheiterte anschliessend kläglich und verpasste die Playoffs. Er ist im ersten Anlauf gescheitert. Das ist keine Polemik. Das ist ein Fakt. 

Aber Guy Boucher, durch einen Vertrag bis 2016 aus wirtschaftlichen Gründen «noch» unentlassbar, ist mächtiger denn je. Ja, SCB-General Marc Lüthi hat sich seinem kanadischen Trainer geradezu unterworfen. Was der ehemalige NHL-Zampano will, er bekommt es. Soeben durfte er mit Dan Brooks (mit dem legendären Herb Brooks nicht verwandt) einen Assistenten nach Bern bringen. 

Lars Leuenberger auf dem Abstellgleis

Lars Leuenberger darf Befehle entgegennehmen.
Lars Leuenberger darf Befehle entgegennehmen.Bild: KEYSTONE

Brooks steht primär für Loyalität, neues Hockeywissen wird er den Bernern kaum vermitteln. Er war in seiner ganzen Karriere noch nie etwas anderes als ein Assistent. Seine Anstellung zeigt uns, dass Guy Boucher, dieser kanadische Hockey-Imperialist, den zweiten Assistenten Lars Leuenberger nicht ernst nimmt. 

Schon mehr Sinn macht die Verpflichtung von Marc-André Gragnani. So gute Referenzen (81 NHL-Spiele/25 Punkte, 334 AHL-Spiele/238 Punkte, 64 KHL-Spiele/13 Punkte) hatten beim SCB zuletzt Rexi Ruotsalainen und Fredrik Olausson. Gut im Powerplay, gute Hände, gute Pässe, schnelle Füsse und der Kanadier hat den Mut, sich als vierter Stürmer in den Angriff einzuschalten. Eigentlich müsste er der neue Travis Roche werden. 

Marc-André Gragnani.
Marc-André Gragnani.Bild: KEYSTONE

Nun hat der SCB erstmals seit dem Sommer 1981 zu viele Ausländer unter Vertrag. Damals waren zwei erlaubt und Präsident Hugo Steinegger verpflichtete mit Claude Noel, Olympiasieger William Schneider und Verteidiger Bryan Lefley drei Ausländer. Im Laufe der Saison kamen dann noch drei weitere hinzu (Valiquette, Lalonde, Blight) und am Ende stand der Abstieg in die NLB. 

Kinrades ungewisse Zukunft

Nun hat der SCB fünf Ausländer (Holloway, Kobasew, Ritchie, Kinrade, Gragnani) für vier Positionen. Zustände wie in der Saison 1981/82 sind allerdings nicht zu befürchten. Ein solches Ausländer-Chaos ist unter der Führung von SCB-General Marc Lüthi ausgeschlossen. 

SCB-Sportchef Sven Leuenberger sagt, er habe Geoff Kinrade telefonisch über die Anstellung von Gragnani informiert. «Er war schon etwas irritiert. Er weiss jetzt, dass er bei uns damit rechnen muss, Ersatz zu sein.» Der Kanadier habe jetzt etwas Bedenkzeit und dann werde man eine Lösung suchen. 

Geoff Kinrade wird vielleicht bald selbst zum Abschuss freigegeben.
Geoff Kinrade wird vielleicht bald selbst zum Abschuss freigegeben.Bild: Urs Lindt/freshfocus

Auch wenn Geoff Kinrade in der Champions League eingesetzt werden könnte (dort sind fünf Ausländer erlaubt), möchte der SCB-Sportchef die Saison nicht mit fünf Ausländern beginnen und eine zusätzliche Ausländerlizenz erst im Laufe des Herbstes lösen, wenn ersichtlich wird, welchen Bedarf der SCB hat. Es zeichnet sich ab, dass Kinrade ausbezahlt oder halt auf Leihbasis zu einem anderen Klub wechselt.  

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Damit sind drei der vier Ausländerpositionen neu nach den Wünschen von Guy Boucher mit kanadischen Spielern besetzt worden. Der SCB trägt nun vollständig die Handschrift des neuen Trainers. Scheitert der SCB, dann ist es ausschliesslich Guy Bouchers Scheitern. Triumphiert der SCB, ist es Bouchers Triumph.  

Die Posse mit Simon Moser

Nach wie vor hat Sven Leuenberger keine Klarheit über die Zukunft von Simon Moser. Der Nationalstürmer hat darauf verzichtet, die schäbige Offerte von Nashville vor dem NHL-Salärschiedsgericht anzufechten. Sein Agent Georges Müller versucht nun, auf dem steinigen Verhandlungsweg eine Aufbesserung des lächerlichen AHL-Salärs von 70'000 Dollar brutto zu erreichen. 

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Bild: Urs Lindt/freshfocus

Weil Moser damit rechnen muss, den grössten Teil der Saison in der AHL zu verbringen, würde er für weniger Geld spielen als daheim in der 1. Liga bei Wiki-Münsingen – 70'000 Dollar brutto sind etwa 30'000 Franken netto. 

Simon Moser hat beim SCB einen Vertrag bis Ende Saison. Sven Leuenberger wäre durchaus gewillt, dem Langnauer die Entscheidung durch einen gut dotierten SCB-Mehrjahresvertrag etwas zu erleichtern. Zumal Simon Moser beim SCB eine zentrale Rolle im Spiel und in der Teamhierarchie bekommen würde. Aber sein Agent sagt, das sei kein Thema. 

Damit zeichnet sich wieder einmal mühsames Hin und Her ab. Sven Leuenberger macht dieses Spielchen allerdings nicht mehr mit. Er sagt: «Wenn sich Simon Moser bis Anfang August nicht entscheidet, dann kann er zwar noch bei uns trainieren. Aber er wird dann wohl vom Trainer nicht mehr eingesetzt. Wir können ja nicht in der Vorbereitung auf einen Spieler bauen, der dann im September nach Nordamerika abreist.»

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