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Martin Senn ist tot: Ex-Zurich-Chef nimmt sich das Leben – er hatte ein katastrophales Jahr hinter sich

Martin Senn ist tot: Ex-Zurich-Chef nimmt sich das Leben – er hatte ein katastrophales Jahr hinter sich

30.05.2016, 09:1930.05.2016, 12:30
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Der ehemalige Zurich-Chef Martin Senn hat sich das Leben genommen. Er wurde 59 Jahre alt. Für den Konzern ist es bereits der zweite Suizid eines hochrangigen Managers innert drei Jahren. 2013 hatte sich der damalige Finanzchef Pierre Wauthier das Leben genommen.

Martin Senn sass dem Versicherungskonzern sechs Jahre lang als Konzernchef vor.
Martin Senn sass dem Versicherungskonzern sechs Jahre lang als Konzernchef vor.
Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

Der Versicherungskonzern Zurich bestätigte den Suizid Senns am Montag. Die Familie habe den Konzern darüber informiert, «dass Martin am letzten Freitag freiwillig aus dem Leben geschieden sei», heisst es in der Mitteilung. Zuvor hatte «Blick.ch» über den Todesfall berichtet.

Gemäss einem Sprecher der Kantonspolizei Graubünden hatte sich Senn im bündnerischen Klosters das Leben genommen. Weitere Angaben machten weder die Kantonspolizei noch der Versicherungskonzern.

Katastrophales Jahr

Senn war während sechs Jahren Zurich-Chef. Ende 2015 trat er nach einem katastrophalen Geschäftsjahr zurück. Eine geplatzte Übernahme und ein überraschender Gewinneinbruch hatten sein letztes Amtsjahr getrübt.

Der Abgang von Martin Senn erfolgte abrupt: Am 1. Dezember 2015 gab Zurich bekannt, dass Senn zurücktritt - bereits auf Ende Jahr. Bis ein neuer Chef gefunden war, sprang Verwaltungsratspräsident Tom de Swaan zwischenzeitlich als CEO ein. Seit März steht nun der frühere Generali-Chef Mario Greco an der Spitze von Zurich.

Vom KV-Lehrling zum Chef

Martin Senn hatte seine berufliche Karriere als KV-Lernender beim Bankverein - aus dem später die Grossbank UBS entstand - begonnen. Später arbeitete er für das gleiche Unternehmen in New York und in Hongkong. Zudem war er im Topmanagement beim Versicherer Swiss Life und der Credit Suisse.

Bei der Zurich war er Anlagechef und später auch Mitglied der Konzernleitung gewesen, bevor er Ende 2009 als CEO die Nachfolge des inzwischen verstorbenen James Schiro antrat. Die Zurich bezeichnete ihn damals als engagierten, umsichtigen und ergebnisorientierten Manager. In den Medien gab sich Senn eher zurückhaltend.

Vorwürfe an Verwaltungsrat

Nach dem Freitod des Finanzchefs Pierre Wauthier im Sommer 2013 ist Senns Tod bereits der zweite Schicksalsschlag für die Firma. Wauthier hatte in einem Abschiedsbrief den Verwaltungsrat beschuldigt, übermässigen Druck auf ihn ausgeübt zu haben.

Verwaltungsratspräsident war damals Joe Ackermann, der kurz danach zurücktrat. Er machte Andeutungen, wonach die Hinterbliebenen ihm Vorwürfe machten, am Tod des 53-Jährigen Wauthier mitschuldig zu sein.

Später entlastete die Finanzmarktaufsicht Finma jedoch Ackermann und den Konzern. Es sei «kein ungebührlicher oder unangemessener Druck» auf Wauthier ausgeübt worden, befand die Finma nach einer Auswertung von Dokumenten und Geschäftskorrespondenz. (tat/sda)

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85 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Raembe
30.05.2016 09:29registriert April 2014
Man kann ja von CEOs halten was man will. Aber diese Leute stehen unter einem riesen Druck. Einige von denen fallen nach der Karriere in ein Loch und kommen wie er nicht mehr raus. An der Stelle wünsch ich der Fam. viel Kraft.
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Töfflifahrer
30.05.2016 12:22registriert August 2015
Er war ein stock solider und kompetenter CEO, der leider dem absoluten Renditendenken des sog. Neo Liberalismus geopfert wurde.
Er hat die Zurich durch die grösste Finanzkrise seit 1930 ohne grosse Verlust geführt.
Solidität und Kompetenz sind aber leider in den Vorständen nicht mehr gefragt darum wurde er von Tom de Swaan (man der ist ü70) Knall auf Fall entlassen. Der setzt auf mehr Rendite durch grössere Risiken. Mit solide hat das nichts mehr zu tun.
Diesem Raubtierkapitalismus ist leider bereits Pierre Wauthier zum Opfer gefallen, der sich im 2013 das Leben nahm.
RIP Martin Senn!
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pun
30.05.2016 10:13registriert Februar 2014
Ein weiteres Beispiel, dass unser gierbasiertes Wirtschaftssystem auch für die vermeintlichen Gewinner nicht gesund ist! Zeit für ein Umdenken ist bitter nötig!
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85
So mies wird das Wetter am Wochenende, aber wir hätten da ein paar Ideen für dich

Die Badehose war schon entstaubt, der Grillplatz gereinigt. Und nun kommt doch der Winter zurück. Die Schweiz hat gerade mit Minimaltemperaturen um den Gefrierpunkt zu kämpfen. Der April zeigt sich also wieder von seiner widerspenstigen Seite.

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