Die israelischen Piloten liebten diese Maschine nicht. Nicht etwa, weil es sich um eine – allerdings modifizierte – Messerschmitt Bf 109 handelte und damit um ein Flugzeug, das bis vor kurzem von der Nazi-Luftwaffe eingesetzt worden war. Der Grund für die Abneigung waren ihre miserablen Flugeigenschaften. «Sie versuchte uns bei jedem Take-off und bei jeder Landung umzubringen», sagte ein Pilot über die Maschine.
Das bösartige Flugverhalten im Langsamflug verdankte sich vermutlich dem Umstand, dass der Jäger einen anderen Motor und deshalb eine angepasste Verkleidung und einen anderen Schwerpunkt hatte. Doch trotz ihrer Macken war die Avia S-199, wie die Maschine jetzt hiess, ein womöglich kriegsentscheidender Trumpf im Arsenal der jungen israelischen Luftwaffe. Denn am Anfang war diese Handvoll Jäger das Einzige, was der jüdische Staat den arabischen Flugzeugen entgegenwerfen konnte.
Wie kam es überhaupt dazu, dass israelische Piloten 1948 im Palästinakrieg diese Variante des berühmtesten Jagdflugzeugs des «Dritten Reiches» flogen? Zunächst gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass der eben erst gegründete Staat Israel damals nicht mit amerikanischen Waffenlieferungen verwöhnt wurde – im Gegenteil: Es galt ein striktes Waffenembargo der UNO, an das sich Amerikaner, Briten und Franzosen hielten.
Nicht aber die kommunistische Tschechoslowakei, die dringend Devisen brauchte. Und dieses Industrieland, das noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs von der Wehrmacht besetzt worden war, hatte im Krieg unter deutscher Herrschaft in rauen Mengen Messerschmitts für die Luftwaffe produziert. Nun, nach dem Krieg, verfügte die Tschechoslowakei über grosse Vorräte an bereits produzierten, aber nicht mehr montierten Teilen für Jagdmaschinen des Typs Messerschmitt Bf-109G.
Da aber die dazugehörigen Daimler-Benz-Motoren 1945 bei einem Brand zerstört worden waren, verbauten die Tschechen verfügbare Jumo-211-Motoren, die für schwerere Flugzeuge entworfen waren. Auch die Luftschraube war grösser als beim Original. Das Resultat war die Avia S-199, und von diesem Typ wurden 25 Maschinen zum Stückpreis von 190'000 Dollar nach Israel exportiert – auf dem Luftweg. Zugleich wurden mehrere israelische Piloten auf der S-199 ausgebildet. Ihre Reise in die Tschechoslowakei führte sie übrigens via Zypern und Rom über die Schweiz.
Die israelischen Luftstreitkräfte, die Scherut Awir, verstärkten ihren Bestand an Piloten mit Freiwilligen – jüdische wie nichtjüdische – aus aller Welt. Viele von ihnen waren Veteranen des Zweiten Weltkriegs und hatten damals – Ironie des Schicksals – gegen deutsche Bf 109 gekämpft. Nun flogen sie in den modifizierten Messerschmitts Einsätze gegen ägyptische Spitfires aus britischer Produktion.
Der erste Einsatz der Jäger fand zwei Wochen nach der israelischen Unabhängigkeitserklärung statt. Am 29. Mai 1948 griffen die einzigen bereits verfügbaren vier Maschinen einen ägyptischen Militärkonvoi 30 Kilometer südlich von Tel Aviv an. Die Attacke war erfolgreich, obwohl einer der Piloten dabei umkam.
Zwar war der materielle Schaden, den die ägyptischen Truppen erlitten, eher gering. Der psychologische Effekt indes war womöglich kriegsentscheidend: «Wir sind schwer angegriffen worden von feindlichen Fliegern, wir zerstreuen uns!», so lautete ein ägyptischer Funkspruch, den die Israelis kurz nach dem Einsatz abfingen. Der ägyptische Vormarsch kam ins Stocken, bald erfolgten israelische Gegenangriffe, und die Ägypter zogen sich zurück. Als der Krieg am 20. Juli 1949 mit einem Waffenstillstand endete, waren die ägyptischen Truppen geschlagen.