Demonstranten in Polen wollen Justizreformen verhindern

Demonstranten in Polen wollen Justizreformen verhindern

15.12.2017, 02:20

Tausende Menschen haben sich in Polen an singenden Protesten gegen die Justizreformen der nationalkonservativen Regierung beteiligt. Sie forderten Staatschef Andrzej Duda auf, die vom Parlament beschlossenen Reformen nicht durch seine Unterschrift in Kraft zu setzen.

In der Hauptstadt Warschau versammelten sich die Demonstranten am Donnerstag mit Kerzen in der Hand vor dem Präsidentenpalast und sangen zur Melodie eines Weihnachtsliedes einen Protestsong gegen die Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz. Anschliessend marschierten sie zum Parlament.

«Wir erwarten vom Präsidenten, dass er sich gegen ein Gesetz stellt, das die Verfassung verletzt», sagte eine der Organisatoren, Weronika Waszewska, in einer Rede. Auch in anderen polnischen Städten gab es singende Proteste, darunter Danzig, Posen und Stettin.

Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte gleich nach ihrer Übernahme der Regierung im Jahr 2015 Reformen des Justizwesens eingeleitet, die nach Auffassung der Opposition und der EU die Rechtsstaatlichkeit und die Gewaltenteilung gefährden. Die EU-Kommission erwägt inzwischen harte Sanktionen gegen Polen.

Polens neuer Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, er rechne damit, dass die Behörde «wahrscheinlich» am Mittwoch ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einleiten werde. Dies wäre eine Premiere im Verhältnis zu einem Mitgliedstaat. Das Verfahren kann theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten in der EU führen.

Die Kommission liegt seit Anfang 2016 mit der nationalkonservativen Regierung in Warschau im Clinch. Damals leitete Brüssel erstmals in der EU-Geschichte ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit ein, als Warschau die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts beschnitt. Ende Juli folgte dann ein Vertragsverletzungsverfahren wegen eines Gesetzes, das die Befugnisse des Justizministers bei der Besetzung von Richterposten ausweitet. (sda/afp)

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