International
Schweiz

Migros-Partner Socar betreibt Kriegspropaganda – jetzt hagelt es Kritik

«Der Franken fürs Migros-Schoggistängeli fliesst möglicherweise direkt in den Krieg», sagt CVP-Nationalrat Müller-Altermatt. Er kritisiert die Kooperation des Grosshändlers mit der regimenahen Ölfirma ...
«Der Franken fürs Migros-Schoggistängeli fliesst möglicherweise direkt in den Krieg», sagt CVP-Nationalrat Müller-Altermatt. Er kritisiert die Kooperation des Grosshändlers mit der regimenahen Ölfirma Socar.Bild: keystone / facebook.com

«Was Migros-Partner Socar veröffentlicht, ist Kriegs- und Hasspropaganda gegen Armenien»

Der Migros-Partner und Tankstellenbetreiber Socar verbreitet Kriegspropaganda im Karabach-Konflikt. Die armenische Diaspora in der Schweiz ist entsetzt. Ein CVP-Nationalrat fordert, dass Migros die Zusammenarbeit beendet. Der Grossverteiler selbst reagiert ausweichend.
08.10.2020, 15:5009.10.2020, 14:47
Vanessa Hann
Folge mir
Mehr «International»

Der Tankstellenbetreiber Socar verbreitet auf den sozialen Medien Kriegspropaganda. Der Ölmulti aus Aserbaidschan mischt sich damit in den Konflikt mit Armenien um Nagorni Karabach ein. In der Bergregion ist es Ende September zu neuen Kämpfen gekommen und die Lage scheint sich vorerst nicht zu beruhigen. Das Brisante: Socar ist ein wichtiger Partner der Migros.

Darum geht's:

Video: watson/jah

Seit 2012 besteht die Kooperation zwischen der Migros-Tochter Migrolino und Socar. Der staatliche Öl- und Gaskonzern übernahm damals das Tankstellennetz der Esso Schweiz und damit 170 Tankstellenshops. Über 60 Stationen davon verkaufen heute Migros-Artikel.

«Der Franken fürs Migros-Schoggistängeli fliesst möglicherweise direkt in den Krieg.»
Stefan Müller-Altermatt, CVP-Nationalrat

Kritik auf Twitter

Schon damals stand die Migros für die Zusammenarbeit in Kritik. Menschrechtsorganisationen warfen Socar ihre Nähe zu Aserbeidschans Regime vor und verurteilten das Land wegen Missachtung der Menschenrechte. Mit dem Konflikt um Nagorni Karabach leben die Vorwürfe nun wieder auf. Der CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt fordert auf Twitter eine Erklärung der Migros.

«Der Franken fürs Migros-Schoggistängeli fliesst möglicherweise direkt in den Krieg und das darf nicht sein», sagt Müller-Altermatt gegenüber watson. Soca Energy Schweiz gehöre zu 100 Prozent Socar Aserbeidschan und die wiederum gehören dem Staat. Es gehe nicht, dass Migros so eine Partnerschaft hat.

«Was Socar auf ihrer offiziellen Facebook-Seite veröffentlicht, ist nichts anderes als eine Kriegs- und Hasspropaganda gegen Armenien.»
Sarkis Shahinian, Ehrenpräsident Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA)

Auch in der armenischen Diaspora in der Schweiz ist man entsetzt. «Was Socar auf ihrer offiziellen Facebook-Seite veröffentlicht, ist nichts anderes als eine Kriegs- und Hasspropaganda gegen Armenien», sagt Sarkis Shahinian. Er ist Ehrenpräsident der Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) und Generalsekretär der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Armenien.

Screenshot der Facebook-Seite von Socar am 8.10.2020.
Auf der Facebookseite von Socar sind Armeebilder und ein aktuelles Video, das dazu aufruft, gegen Armenien zu kämpfen.Bild: facebook.com

Verträge sofort kündigen

Nationalrat Müller-Altermatt ist der Meinung, dass die Verträge mit Socar gekündigt werden müssen. Wenn nicht sofort, dann bestimmt mittelfristig. «Die Migros muss sicherstellen, dass kein Geld der Schweizer Kunden in den Krieg fliesst», so Müller-Altermatt.

Die Migros reagiert auf die Anfrage von watson zurückhaltend. «Selbstverständlich geht die Migros nur Verträge unter Berücksichtigung von national und international gültigen Gesetzen ein.» Was damit gemeint ist, führt der Grosshändler nicht aus. Auch nicht, ob die Migros etwas unternimmt und was die Propaganda-Posts für die Partnerschaft mit Socar bedeuten.

Drohung gegen Migros

Die Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) hat ihrerseits klare Antworten auf diese Fragen. Sie fordern sofortiges Handeln von der Migros. Demnächst starte die Gesellschaft eine Medienkampagne gegen Socar, wie Ehrenpräsident Shahinian mitteilt. Man erwarte, dass sich die Migros von Socar und allen aserbaidschanischen Firmen distanziere. «Wenn nicht, dann muss die Migros wissen, dass wir auch ihr gegenüber kein Blatt vor dem Mund nehmen werden. Die Migros wird somit ebenfalls Ziel unserer Kampagne.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese 20 Ausdrücke werden alle Rekruten in der RS lernen
1 / 11
Diese 20 Ausdrücke werden alle Rekruten in der RS lernen
Zwipf = Zwischenverpflegung
Küsche = Küchenchef/Koch
Arschloch-Barriere = Armeeschokolade

bild: watson/keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Russland veröffentlicht geheime Bilder der «Zar-Bombe»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
74 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Typ
08.10.2020 16:09registriert Dezember 2017
Okay ... wow!

Die Positionen von SOCAR zum aserbaidschanischen Regime sind schlimm, aber vorhersehbar.

Die Tatenlosigkeit der MIGROS hingegen ist zutiefst beschämed. Noch so ein Konzern, der keine Verantwortung übernimmt...
84595
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lowend
08.10.2020 16:21registriert Februar 2014
Bei Süssigkeiten reagieren die Grossverteiler sofort. Jetzt sollten sie aber auch bei derart gravierenden Aktionen von Erdöl Lieferanten mit der gleichen Elle messen, sonst werden sie schnell unglaubwürdig.
67346
Melden
Zum Kommentar
avatar
Posersalami
08.10.2020 17:25registriert September 2016
Öl und Gas kommt fast ausschliesslich aus dubiosen Staaten. Ein weiterer Grund, die Energiewende massiv zu beschleunigen!
24413
Melden
Zum Kommentar
74
SBB-Chef Vincent Ducrot: «Es muss nicht unbedingt alles mit der Bahn erreichbar sein»
Die SBB wollen bis 2040 klimaneutral werden. Konzernchef Vincent Ducrot erklärt im Interview, wie sie das erreichen möchten und weshalb Züge oft nicht mit dem Individualverkehr mithalten können.

Herr Ducrot, die SBB möchten das klimafreundliche Reisen mit über 200 Massnahmen fördern. Welche fällt ins Gewicht?
Vincent Ducrot:
Wir wollen bis 2040 klimaneutral werden. Ohne Kompensation. Das geht nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Massnahmen wie neuere und effizientere Züge und die komplette Umstellung auf erneuerbare Energie. Aktuell fahren Züge der SBB zu 90 Prozent mit Strom aus Wasserkraft und zu 10 Prozent aus Kernkraft. Das wird sich bereits 2025 ändern.

Zur Story