
Mitarbeiter von Air Berlin blicken in eine ungewisse Zukunft. Bild: EPA/EPA
Angestellte der Tochterfirma Belair hofften auf eine Lösung mit Air Berlin – nach der Pleite ist alles offen.
17.08.2017, 05:2217.08.2017, 07:06
pascal ritter / Aargauer Zeitung
Als die Pleite der Fluggesellschaft Air
Berlin gestern bekannt wurde, gab man
sich allenthalben unbeeindruckt. Die
deutsche Bundesregierung verhinderte
mit einem Kredit von 150 Millionen Euro
ein Grounding wie bei der Swissair.
Und die Aviatikjournalisten haben es natürlich
längst kommen sehen. Gleichzeitig
hiess es, alles bliebe beim Alten. Die
Übernahme mindestens eines Teils der
Fluglinie durch die Lufthansa stehe kurz
bevor. Auch für den Flughafen Zürich
ändere sich nichts, beteuert Sprecherin
Sonja Zöchling. Betrifft das Ende von
Air Berlin am Ende gar niemanden?
Die Angestellten von Air Berlin sind
sich dessen nicht so sicher. Vor allem
der Teil der Belegschaft, der bei der
Tochterfirma Belair in der Schweiz arbeitet,
macht sich grosse Sorgen, wie
die «Nordwestschweiz» erfahren hat.
Konkret geht es um 59 Piloten plus
rund 150 Flugbegleiter. Die Nachricht
vom Ende von Air Berlin ist für sie eine
weitere schlechte Nachricht in einer
ganzen Serie von Hiobsbotschaften.
Swiss will Flight Attendants
Die Belair ist seit dem Jahr 2009 vollständig
im Besitz von Air Berlin. Die
wenigen Flugzeuge im Besitz der Minigesellschaft
wurden damals mit den
Air-Berlin-Farben bemalt. Anfang dieses
Jahres gaben die deutschen Besitzer
schliesslich das Ende der Schweizer
Fluggesellschaft bekannt. Nach einer
Gnadenfrist bis Ende Oktober soll definitiv
Schluss sein. Zwischen dem Unternehmen
und den Personalverbänden
entbrannte ein Hin und Her. Es ging
um die Zukunft von Piloten und Kabinenpersonal.
Eine zunächst in Aussicht gestellte
Job-Garantie lehnte Air Berlin ab. Einem
Teil der Betroffenen bot die Airline
neue Jobs an anderen Flughäfen
an, etwa in Düsseldorf. Die Möglichkeit
wurde vor allem von Angestellten genutzt,
die früher schon in Deutschland
gearbeitet hatten, bevor sie in die
Schweiz kamen. Schwieriger ist es für
das Schweizer Personal, das über Belair
zu Air Berlin kam.
Kein Platz im Cockpit
Vor allem für Piloten hätte ein Wechsel
nach Düsseldorf eine happige
Lohneinbusse bedeutet. Zudem hätten
die Familien ihr soziales Umfeld verlassen
müssen. Viele von ihnen hatten
darum gehofft, nach dem Ende der Belair
doch noch eine Lösung über Air
Berlin oder bei einer anderen Gesellschaft
zu finden. Dies lässt ein Belair-Pilot,
der seinen Namen nicht in der
Zeitung lesen will, über den Pilotenverband
Aeropers ausrichten. Die Pleite
von Air Berlin zerschlägt nun diese
Hoffnung. Denn die Konkurrenz auf
dem Stellenmarkt dürfte nun noch
grösser werden.
Das Ende der beiden Airlines betrifft
die verschiedenen Berufsgattungen im
Flugzeug in unterschiedlichem Masse.
Für das Kabinenpersonal dürfte es weniger
schwierig sein, eine Anschlusslösung zu finden. Wie Swiss-Sprecher Stefan
Vasic auf Anfrage sagt, will man Bewerbungen
von Belair-Flight-Attendants
«wohlwollend prüfen» und Kandidaten
«in jedem Fall» zum
Assessment oder Casting einladen. Anders
sieht es bei den Piloten aus. «Unser
Personalbedarf ist derzeit gedeckt»,
sagt Vasic. Dem Vernehmen nach sollen
zur Zeit noch Abgänger der hauseigenen
Pilotenausbildung auf einen
Platz im Cockpit warten.
Die Verantwortlichen in Berlin waren
gestern nicht in der Lage zu sagen, wie
es mit den Belair-Leuten nach der Pleite
von Air Berlin weitergeht.
Letzter Jumbolino-Flug
Video: watson
Das solltest du nicht verpassen:
Mit einem weit überdurchschnittlichen Tarifabschluss hat die Lufthansa den Tarifkonflikt mit ihrem Bodenpersonal beigelegt. «Das Ergebnis beinhaltet einen Inflationsausgleich und zusätzlich eine Reallohnerhöhung», jubelte die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft Verdi, Christine Behle, am späten Donnerstagabend.