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Ein HC Davos, (fast) besser als zu den Zeiten von Arno Del Curto

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So gut wie an diesem Spengler Cup hat der HCD schon lange nicht mehr gespielt.Bild: keystone
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Ein HC Davos, (fast) besser als zu den Zeiten von Arno Del Curto

Der HC Davos besiegt im Final Pardubice, den Tabellenführer der tschechischen Meisterschaft, 5:3 und gewinnt den besten Spengler Cup der letzten Jahre. Hat der HCD unter Arno Del Curto je besser gespielt? Wahrscheinlich nicht. Das HCD hat inzwischen wieder viele Teile zu einem Meister-Puzzle. Die Frage ist langfristig, ob Trainer Josh Holden die Zeit bekommt, ein Meisterteam zusammenzufügen. Und kurzfristig, wie hoch die Rechnung für den Spengler-Cup-Triumph sein wird.
31.12.2023, 15:2131.12.2023, 15:43
klaus zaugg, davos
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Die Hockeygötter gönnen dem HCD keine Atempause. Allein schon wegen der Präsenz beim Spengler Cup ist der HCD kein Hockeyunternehmen für die zweite Tabellenhälfte der Liga. Der HCD ist ein Premium-Klub, der Erwartungen seiner Anhänger gerecht werden muss wie das Management des Steigenberger Grandhotel Belvédère den Ansprüchen der reichen Kundschaft.

Die von Arno Del Curto geprägte Ära mit sechs Titeln und vier Spengler-Cup-Siegen wirkt sich nach wie vor stark auf die HCD-Kultur aus. Die HCD-Macher sind auch Gefangene ihrer ruhmreichen Vergangenheit: Vom HCD wird ganz einfach spektakuläres, dynamisches, emotionales und erfolgreiches Hockey erwartet.

Josh Holden (45) ist weder so populär wie Arno Del Curto, noch hat er als Trainer bereits einen grossen Namen, der ihm automatisch Respekt garantiert. Und doch kann der eingebürgerte Kanadier in dieser Phase der HCD-Entwicklung ein Glücksfall werden: taktisch beim grossen Lehrmeister Dan Tangnes in Zug ausgebildet und mit jener Leidenschaft und Winner-Mentalität, die ihn bereits als Spieler ausgezeichnet haben. Er kann Taktik, Ausbildung und Leistungskultur. Er ist der erste «normale» HCD-Trainer seit dem Amtsantritt von Arno Del Curto im Sommer 1996. Aber er kann auch toben.

Der HCD hat mit einer guten Nachwuchsorganisation, einer vorzüglichen Infrastruktur und solider wirtschaftlicher Grundlage die «äusseren» Voraussetzungen, sozusagen die Hardware für ein nächstes Meisterteam. Josh Holden obliegt es bei seinem ersten Job als Cheftrainer, eine meisterliche Software zu entwickeln und dafür braucht er Zeit. Auch Dan Tangnes hat in Zug unter besten Voraussetzungen bei noch grösseren Geldspeichern erst im dritten Jahr den Titel geholt. Aber gleich im ersten Jahr den Schweizer Cup. So wie jetzt Josh Holden auch im ersten Jahr soeben einen Cup gewonnen hat.

Der HCD steht sportlich nach wie vor auf recht dünnem Eis und Spitzenleistungen sind nur dann möglich, wenn über eine kurze Zeit hinweg alles passt. Wie bei diesem Spengler Cup. Der HCD ist als Spitzenteam eher ein Segelflugzeug, das bei günstigen Winden hoch fliegen kann. Aber vorerst noch kein Flugzeug mit so starken sportlichen Triebwerken, um bei ungünstigen Verhältnissen aus eigener Kraft jederzeit abheben zu können.

Wir haben beim Spengler Cup für ein paar Tage den besten HCD seit dem letzten Titel unter Arno Del Curto (2015) gesehen. Ja, der HCD hat (fast) besser gespielt als zu den Zeiten von Arno Del Curto. Die Defensive gut strukturiert, schnelle Wechsel von Defensive auf Offensive, Tempo, Präzision, Leidenschaft. Sportlich hochstehend, dramatisch, unterhaltsam – besser als vom HCD bei diesem Spengler Cup kann Hockey nicht zelebriert werden. Zwei Jahre nach dem ersten Spengler-Cup-Triumph (2000) hat Arno Del Curto 2002 erstmals einen Titel geholt. Das kann auch Josh Holden gelingen.

Davos' head coach Josh Holden during the game between HC Davos from Switzerland and HC Dynamo Pardubice from Czech Republic at the Final of the 95th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, S ...
Kann Josh Holden den HCD in den nächsten Jahren zu einem Meisterteam formen?Bild: keystone

Der HCD hat den sportlich besten Spengler Cup seit dem Lockout (2004 mit den NHL-Stars) gewonnen. Weil während ein paar Tagen punktgenau alles gepasst hat. Es gibt gewisse Parallelen zu Ambris Triumph im letzten Jahr. Ambri kam als 10. der Liga (32 Spiele/40 Punkte) nach Davos und gewann das Turnier. Der HCD steht in der Meisterschaft mit 48 Punkten aus 33 Spielen auf Rang 9. Die Rückkehr in den Alltag war für Ambri schwierig und am Ende sind die Playoffs auf dem 12. Platz verpasst worden.

Ambris Sieg war ein echtes Wunder, beinahe ein Märchen. Der HCD-Triumph ist hingegen eher ein logisches Wunder und macht die Arbeit für Josh Holden nicht unbedingt einfacher: Von einem HCD, der den Spengler Cup so dramatisch und spektakulär gewinnt, wird die sichere direkte Playoff-Qualifikation erwartet. Aber das sportliche Eis ist nach wie vor recht dünn. Es vermag für ein paar Tage jede Belastung zu tragen. Für die permanente Dauerbelastung zwischen September und April ist es noch zu wenig dick: Es fehlt nach wie vor die Kadertiefe, die Arno Del Curtos Meisterteams hatten und Sandro Aeschlimann ist noch nicht der nächste Leonardo Genoni. Ein Meistertitel im Frühjahr wäre ein echtes Wunder.

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Noch fehlt es dem HCD an Kadertiefe.Bild: keystone

Die ganz grosse Herausforderung folgt jetzt: Behält das Management nach dem grossen Triumph Augenmass und Geduld, wenn im Alltag der Meisterschaft nicht mehr alles so wunderbar zusammenpasst wie in der Altjahrswoche? Wenn die Rechnung für den hohen Energieaufwand und das starke Forcieren der wichtigen Spieler bezahlt werden muss? Der HCD hat während des Spengler Cups mit Playoff-Intensität gespielt und wird in den nächsten Wochen die sportliche Rechnung für diesen Effort bezahlen müssen.

Die grossen Verlierer sind die Kanadier. Das hat durchaus eine Logik. In der Liga-Skorerliste finden wir unter den besten 20 gerade noch 5 Nordamerikaner. Vor zehn Jahren waren es noch 14. Vor zehn Jahren verdienten viele der besten europäischen Spieler ihr Geld in der KHL. Nun ziehen es die meisten vor, in Europa zu bleiben und sind auch in unserer National League wichtiger geworden als die Kanadier. Davon profitiert der Spengler Cup enorm.

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Die Kanadier sind am Spenger Cup kein Spitzenteam mehr.Bild: keystone

Im Kopf haben die Kanadier immer noch die Arroganz, die Besten der Welt zu sein. Aber auf dem Eis hatten sie beim Spengler Cup eine Mannschaft, in der zu viel Kloten und Ajoie steckte. Plus ein Operetten-Coaching: Wir verneigen uns vor Bruce Boudreau (68) und seiner ruhmreichen Vergangenheit. Aber er war überfordert: Die Kanadier haben zwei Schlüsselspiele in der Schlussphase aus der Hand gegeben wie ein Pausenplatzteam.

Der Spengler Cup ist sportlich so gut wie nie in der Neuzeit. Wenn die Kanadier nicht vom hohen Ross steigen und ihr Team mit besseren Spielern ergänzen – solchen, die in Nordamerika unter Vertrag stehen –, werden sie künftig nur noch in einer sportlichen Statistenrolle die Turnierfolklore bereichern.

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15 Kommentare
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5crambler
31.12.2023 16:32registriert Juli 2021
Etwas tendenziös für meinen Geschmack, dieser Artikel. Der Sieg für HCD ist einfach grandios. Und Team Canada hat es auch nicht ohne Leistung so hoch geschafft. Im Hockey geht halt alles einfach einiges schneller als im Fussball - und genau dafür liebe ich diesen Sport!

Kein Grund, irgendwelche Zusammenhänge künstlich herbeizuführen. Freuen wir uns doch einfach an der schönen Gegenwart und lassen Arno in Ruhe. Der hatte auch seine Spitzenphase und dem Josh sollten wir seine auch gönnen!
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Thomas Meister
31.12.2023 17:15registriert April 2019
Wenn man die HCD Brille trägt dann mag all das stimmen. Aber ziehen wir sie doch mal aus. Der HCD profitierte stark von den Ergänzungsspielern. In der Liga hat der HCD diese nicht mehr zur Verfügung. Am SC wird Playoffhockey gespielt? Also bitte. Die Playoffs sind schneller, härter, besser. Und was genau bringt ein Erfolg am SC? Für die Mehrheit der Hockeyfans ist und bleibt der SC ein Plauschturnier des HCD.
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Pacha Mama
31.12.2023 15:43registriert Dezember 2018
1. Davos profitierte stark von den Verstärkungsspielern.
2. Die sportliche Relevanz vom SC wird vom Eismeister massiv überschätzt. Ein Rasmussen zum Beispiel, schoss mehr Tore als in der ganzen bisherigen Meisterschaft.
3. Hauptsache Kanada gewinnt den SC nicht.
4. Happy new year 🥳🍻
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