Irreführende Klimapraktiken – hat die Swiss ihre Kunden getäuscht?
Die Vorwürfe haben es in sich. Gemeinsam mit den EU-Verbraucherbehörden hat die EU-Kommission Briefe an 20 Fluggesellschaften verschickt, wie das Portal aerotelegraph berichtet.
Der Inhalt: eine Auflistung von umweltfreundlichen Praktiken der Fluggesellschaften, die potenziell irreführend sind. Sogenanntes Greenwashing. Den Briefen vorausgegangen ist eine Klage des Europäischen Verbraucherverbandes BEUC.
Zu den betroffenen 20 Fluggesellschaften zählt auch die Swiss, wie die Lufthansa-Gruppe gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bekannt gab. Ebenso die Lufthansa-Tochterfirmen Austrian Airlines, Brussels Airlines, Eurowings, Air Dolomiti und Lufthansa selbst. Air France, KLM und SAS haben ebenfalls bestätigt, Briefe erhalten zu haben.
Was die EU beanstandet
Folgende Vorwürfe stehen im Raum:
- Die Fluggesellschaften sollen den falschen Eindruck erweckt haben, dass ihre Kunden durch das Zahlen einer zusätzlichen Gebühr zur Verringerung von CO₂-Emissionen beitragen können. Mit dem Geld würden Klimaprojekte oder die Verwendung alternativer Treibstoffe unterstützt.
- Die Fluggesellschaften sollen den Begriff «Sustainable Aviation Fuel» SAF – übersetzt: «nachhaltiger Flugtreibstoff» – verwendet haben, ohne die Auswirkungen auf die Umwelt durch solche Treibstoffe klar zu begründen. Ebenso sollen die Begriffe «grün», «nachhaltig» und «verantwortungsbewusst» in einer absoluten Weise verwendet worden sein, wie aerotelegraph schreibt.
- Die Fluggesellschaften hätten ohne überprüfbare Verpflichtungen und Ziele die Behauptung aufgestellt, sich auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen zuzubewegen. Auch unabhängige Überwachungssysteme gebe es nicht.
- Die Fluggesellschaften hätten ihren Kunden Rechner für die Berechnung von CO₂-Emissionen von bestimmten Flügen präsentiert. Wissenschaftliche Beweise, wonach eine solche Berechnung zuverlässig sei, fehlten. Ebenso Informationen, wie die Berechnung zustande komme.
- Die Fluggesellschaften hätten ihren Kunden einen Vergleich von Flügen in Bezug auf den CO₂-Ausstoss präsentiert, es lägen jedoch zu wenig Informationen vor, auf welchen Elementen der Vergleich beruhe.
Wie es weitergeht
Die betroffenen 20 Fluggesellschaften haben nun Zeit, innerhalb von 30 Tagen auf die Beanstandungen zu reagieren und Vorschläge zu präsentieren.
Anschliessend komme es zu Treffen zwischen der EU-Kommission und den Airlines, dort werden die vorgeschlagenen Lösungen diskutiert. Die folgenden Umsetzungen werden überwacht.
Sollten die Fluggesellschaften zu wenig unternehmen, um die beanstandeten Praktiken zu beheben, könne es zu weiteren Massnahmen kommen. Auch Sanktionen seien nicht ausgeschlossen.
Auf Anfrage teilt die Stiftung Konsumentenschutz mit: «Wir begrüssen es, dass die EU-Kommission handelt und die Fluggesellschaften auffordert, innert nur 30 Tagen zu antworten und Massnahmen zur Verbesserung der Situation darzulegen. Wir werden den weiteren Verlauf der Angelegenheit genau beobachten.»
Das sagt die Swiss
Auf Anfrage von watson schreibt die Swiss: «Wir können bestätigen, dass uns der betreffende Sachverhalt ebenfalls betrifft – darüber hinaus können wir dazu aktuell noch nichts Konkretes sagen.»
Zurückweisen möchte die Swiss jedoch die Vorwürfe des «Greenwashing». Sie zählt verschiedene Beispiele auf, wie die Swiss ihre Netto-CO2-Emissionen reduziert. Konkret seien dies «Investitionen in neue Flugzeug- und Antriebstechnologien, eine Erhöhung des Anteils an nachhaltigen Treibstoffen sowie die kontinuierliche Optimierung des Flugbetriebs und Luftraum-Managements».
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