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Wirtschaft

So wenig Solarpanels und Energie braucht es, um damit zu pendeln.

So wenig Solarpanels braucht es, um mit deren Energie jeden Tag zur Arbeit zu fahren

08.04.2019, 09:2409.04.2019, 09:25
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Noch immer herrscht in gewissen Köpfen die Vorstellung, dass man mit einer Solaranlage knapp ein Smartphone laden kann. Gar ein Auto damit bewegen? Unmöglich.

Natürlich handelt es sich dabei um billige 1990er-Polemik. Trotzdem ist vielen nicht klar, wie viel Energie heutige Photovoltaik-Panels tatsächlich produzieren können.

Doch wie gross muss eine Solaranlage sein, die genügend Energie produziert, um mit einem Elektroauto täglich zur Arbeit zu fahren? Reicht dafür das Dach des Parkhauses? Ideal wäre es, den sowieso schon besetzten Raum noch zusätzlich zur Energiegewinnung zu nutzen. Und tatsächlich existieren solche Anlagen bereits.

Die Anlage

Das ist das gedeckte Parkhaus der Überbauung am Burriweg in Schwamendingen.

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bild: screenshot google maps

Seit 2016 ziert eine Photovoltaikanlage das Dach. Darunter befinden sich auf zwei Etagen 119 Parkplätze, 61 im Parterre und 58 im Untergeschoss.

Parterre und Untergeschoss

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bild: watson/Google maps/vitasana.ch

Die Energie

Laut der Betreiberin des Kraftwerks am Burriweg, der Genossenschaft Vitasana, produzierte die Photovoltaikanlage mit ihren 326 Panels im Jahr 2018 eine Energie von 79'445 kWh.

Was auffällt: Vier etwas erhöhte Dachabschnitte wurden nicht mit Panels belegt. Mit einer anderen Bauweise und einer annähernden Vollbesetzung wären auf derselben Grundfläche 272 Panels mehr und ein Total von 598 möglich gewesen. Für unsere Rechnung wollen wir beide Fälle berücksichtigen.

Die Originalanlage

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Die optimierte Anlage

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  • Die heute bestehende Originalanlage produzierte mit 326 Panels 79'445 kWh.
  • Mit der otimierten Anlage und 598 Panels wären sogar 145'730 kWh möglich gewesen.

Der Weg

Der durchschnittliche Pendlerweg (nur Hinweg) in der Schweiz beträgt laut Bundesamt für Statistik 15 Kilometer. Der tägliche Gesamt-Pendlerweg beträgt demnach 30 Kilometer im Schnitt. Das entspricht auch etwa der durchschnittlichen Fahrstrecke eines Autos in der Schweiz pro Tag.

Die Fahrzeuge

Wie viel Energie benötigt wird, um ein Elektrofahrzeug 30 Kilometer zu bewegen, hängt vom Typ ab. Für unsere Rechnung bieten sich die Durchschnittswerte zweier Praxistests an, die in und um Barcelona von coaches.net und Autobest durchgeführt wurden:

  • Nissan Leaf (40 kWh) - 16,3 kWh/100 km
  • Volkswagen e-Golf (35,8 kWh) - 12,4 kWh/100km
  • Tesla Model S 100D (100 kWh) - 20,6 kWh/100km

Energie pro Weg

Das ergibt folgende Energie, welche Pendler für ihre 30 Kilometer in Elektrofahrzeugen pro Arbeitstag verbrauchen:

  • Nissan Leaf: 4.93 kWh
  • Volkswagen e-Golf: 3.76 kWh
  • Tesla Model S 100D: 6.24 kWh

Energie pro Jahr Pendeln

Ein Arbeitsjahr umfasst ca. 250 Arbeitstage. Ein Pendler mit Elektrofahrzeug verbraucht deshalb:

  • 940 kWh (VW e-Golf)
  • 1233 kWh (Nissan Leaf)
  • 1560 kWh (Tesla Model S 100D)

In dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt sind Verluste beim Laden und durch Selbstentladung. Wir wollen damit nicht knausrig sein und berechnen für jedes Fahrzeug zusätzliche 30 Prozent. Damit kommen wir auf folgenden jährlichen Energiebedarf:

  • 1222 kWh für den VW e-Golf
  • 1603 kWh für den Nissan Leaf
  • 2028 kWh für das Tesla Model S 100D

Und nun zur eigentlichen Frage:

Wie viele Elektroautos können mit der Anlage am Burriweg versorgt werden, so dass sie über genügend Energie verfügen, dass man mit ihnen jeden Tag zur Arbeit fahren kann?

Mit lauter Teslas

Die Anlage am Burriweg liefert, so wie sie jetzt besteht, genug Energie für 39(!) Teslas.

Momentane Kapazität der Burriweg-Analge

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39 Teslas sind bereits eine eindrückliche Zahl – es gibt aber noch genügend Platz «to swing a cat». Wie sähe das Bild mit der optimierten Anlage mit 598 Panels aus?

Optimierte Kapazität

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Ein vollbepacktes Dach über dem Parkhaus am Burriweg hätte die Kapazität, 71 Teslas für den Pendelbetrieb zu speisen.

Learning: Eine Photovoltaikanlage über einem Parkhaus reicht aus, um eine gesamte Etage mit schweren Elektro-Fahrzeugen mit Energie für den Pendlerverkehr zu versorgen.

Mit lauter Nissan Leafs

Der Nissan Leaf benötigt signifikant weniger Energie als der Tesla. Dementsprechend mehr Fahrzeuge lassen sich mit der heutigen Anlage am Burri-Weg versorgen: 49 Leafs sind es.

Momentane Kapazität

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Noch imposanter wird die Pendel-Flotte mit optimalem Dach und einer produzierten Energiemenge von 145'730 kWh.

Optimierte Kapazität

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Fast genau 1,5 Etagen – 90 Fahrzeuge – würde der umweltschonende Wagenpark umfassen.

e-Golf

Von den drei Elektroautos benötigt der e-Golf deutlich die geringste Menge Energie. Dementsprechend gross ist der Wagenpark, den man mit den knapp 80'000 kWh versorgen könnte: 65 Fahrzeuge. Obwohl nicht dafür konzipiert, könnte die Burriweg-Anlage bereits heute mehr als eine gesamte Etage mit Elektroautos versorgen.

Momentane Kapazität

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Ja. Die Schnellrechner antizipieren es bereits. Bei optimaler und kompletter Ausnutzung des Dachs können mit einer Photovoltaikanlage knapp zwei komplette Etagen mit genügend Strom zum Pendeln versorgt werden. Für unser konkretes Beispiel bedeutet das: 145'730 kWh / 1222 kWh = 119 Fahrzeuge.

Optimierte Kapazität

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Learning: Eine Photovoltaikanlage über einem Parkhaus reicht aus, um zwei komplette Etagen mit Elektro-Fahrzeugen von mittlerer und kleiner Grösse mit Energie für den Pendelverkehr zu versorgen.

Fazit

Man kann die Rechnung auch umkehren. Mit 598 Panels lassen sich 119 eGolfs betreiben – pro Fahrzeug werden also 5 Panels benötigt. Bei den verwendeten Panels handelt es sich um 60-Zellen-Panels mit der Standardgrösse von 1,65 Metern Länge und 0,992 Metern Breite. Klassische Senkrechtparkfelder sind in der Schweiz in der Regel 5 Meter lang und 2,35 breit – fast wie gemacht für die 5 Panels also.

Selbstverständlich ist dies eine reine Rechenübung. In der Praxis bereitet der sonnenarme Winter Probleme – die Energie müsste von einer anderen Quelle stammen.

Für eine Machtdemonstration der Photovoltaik reicht die Rechenübung aber allemal. Und Potential zur realen Nutzung wäre genügend vorhanden. Schon jetzt locken Einkaufszentren mit Gratisladestationen für Elektrofahrzeuge. Wieso also überdacht zum Beispiel das Volkiland in Volketswil nicht seine Aussenparkplätze? In Kombination mit einer Photovoltaikanlage brächte das im Sommer Schatten für alle Fahrzeuge, Werbung, kaufkräftige Kunden – und verdammt viel Energie.

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bild: google Streetview

Dieses Haus produziert 7x mehr Energie als es verbraucht

Video: srf
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Solar Impulse
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Solar Impulse
Das Solarflugzeug am 1. Juni 2015 vor der Landung im japanischen Nagoya – wo es fast einen Monat lang festsass. Am 28. Juni ging's dann weiter nach Hawaii.
quelle: solar impulse / andre borschberg
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Dieses Haus produziert 7x mehr Energie als es verbraucht
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202 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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infomann
08.04.2019 09:39registriert Juni 2015
Sehr gut diese Aufstellung.
Wenn man gewisse rechte Politiker reden hört ist das ja alles nur sisifus.
Die SVP und ein Teil der FDP schickt das Geld halt lieber diesen Ölschurkenstaaten und bereichert sich nebenbei auch noch selber. Der Herr Rösti höchtpersönl mit seinem Amt bei der Öllobby.
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Toerpe Zwerg
08.04.2019 09:58registriert Februar 2014
Cool ... vorausgesetzt, andere Energiefprmen überbrücken den Winter und halten sich dafür im Sommer aus der Produktion raus.
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alv
08.04.2019 14:39registriert April 2019
Sehr guter Artikel. Ich möchte drei Punkte ergänzen. 1. Die technologischen Entwicklungen bei den Elektrofahrzeugen stehen erst am Anfang. Der Sion von Sono Motors aus München kommt mit integrierten Solarzellen auf Dach, Motorhaube und Türen. Liefert pro Sonnentag Strom für den Arbeitsweg und zurück (30 km). 2. Vehicle to Grid. Die Autobatterie als temporärer Speicher im Netz zur Verfügung stellen. 3. Falls gewünscht, sein Auto bei Nichtgebrauch mit seiner Community teilen. So liefert man ganz nebenbei auch noch einen Beitrag für die Nachhaltigkeitsziele im Bereich clean mobility.
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