Das Image der Nordwestschweizer Kantone im Bundeshaus könnte besser sein. Der Aargau wird verschmäht als Hochburg des Widerstandes gegen Asylzentren. Solothurn kennt man für seine stromfressende Papier- und Stahlindustrie, die so gar nicht zur Energiestrategie des Bundesrates passen will. Von den beiden Basel hört man meist dann, wenn die Pharmakonzerne wieder einmal verhindern wollen, dass Gesundheitsminister Alain Berset die Medikamentenpreise senkt.
Politisch vernachlässigen sollte man die vier Kantone aber nicht, stellen sie doch 40 der 246 Sitze im Parlament. Unter den National- und Ständeräten finden sich zahlreiche Namen, die national tonangebend sind: Man denke an FDP-Präsident Philipp Müller aus dem Kanton Aargau, den Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof oder die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz. Das prominente Trio wird den Einzug ins Bundeshaus diesen Herbst wieder mühelos schaffen. Andere werden es schwerer haben. Spannend wird es in Solothurn und Aargau, die aufgrund der Bevölkerungsentwicklung weniger beziehungsweise mehr Nationalratsmandate zugeteilt bekommen.
Der Kanton Solothurn ist künftig statt mit sieben ist nur noch mit sechs Vertretern im Nationalrat vertreten. Politbeobachter rechnen damit, dass die CVP einen ihrer beiden Sitze verlieren könnte. Ein Zitterkandidat ist zum einen Landwirt Urs Schläfli, der aber eine starke Bauernlobby hinter sich weiss. Zum andern Stefan Müller-Altermatt, der sich jedoch innerhalb von nur vier Jahren zu einem der tonangebenden Energiepolitiker auf Bundesebene hochgearbeitet hat. Was gegen eine Abwahl der CVP-Politiker spricht, ist die breite Listenverbindung der Mitteparteien.
Des einen Leid ist des anderen Freud. Bei den Nationalratswahlen heisst der Glückliche Aargau: Dank Bevölkerungswachstum bringt es der Kanton neu auf 16 statt 15 Sitze. Hier werden der CVP für einmal gute Chancen auf das zusätzliche Mandat ausgerechnet, nachdem sie bei den Nationalratswahlen 2011 zwei von drei Sitzen verloren hatte. Eine weitere Frage, die den Kanton umtreibt: Schafft es die 28-jährige Irène Kälin (Grüne), den frei werdenden Sitz des Badener Stadtammanns Geri Müller zu verteidigen?
Die Grossrätin kandidiert auch für den Ständerat, wo sie gegenüber ihren sieben Kontrahenten jedoch chancenlos ist. An der Bisherigen Pascale Bruderer (SP) sowie national bekannten Namen wie Philipp Müller (FDP), Ruth Humbel (CVP) oder Hansjörg Knecht (SVP) führt kein Weg vorbei. Die besten Chancen für einen Erfolg im ersten Wahlgang hat Bruderer, die ihre Mehrheitsfähigkeit schon 2011 bewiesen hat. Im zweiten Wahlgang ist Philipp Müller Favorit – doch mit SVP-Mann Knecht hat er einen harten Konkurrenten.
In Basel-Stadt stehen wieder die Christlichdemokraten im Fokus: Der Sitz von Nationalrat Markus Lehmann gilt als akut gefährdet. Der Versicherungsfachmann schaffte die Wahl 2011 nur dank Listenverbindungen – die Grünen hatten deutlich mehr Stimmen erzielt. Gefährdet ist auch der Sitz von FDP-Nationalrat Daniel Stolz. Der Geschäftsleiter der Aids-Hilfe beider Basel konnte in Bern bisher nicht richtig Fuss fassen, weshalb ihm nun ein Herausforderer aus dem gleichen politischen Lager gefährlich werden könnte: Regierungsrat Christoph Eymann von der Liberal-Demokratischen-Partei werden gute Chancen eingeräumt. Alle anderen Parteien dürften ihre Sitze halten, genauso wie SP-Ständerätin Anita Fetz, die von einem chancenlosen GLP-Kandidaten sowie dem als Querschläger bekannten Grossrat Eric Weber herausgefordert wird.
Im Kanton Basel-Landschaft lancieren SVP und FDP einen Angriff auf Rot-Grün: Die ehemalige Nationalratspräsidentin und Biobäuerin Maya Graf (Grüne) ist in der Bevölkerung zwar populär, doch sie kann nicht wie erhofft auf eine Listenverbindung mit der EVP zählen. Angeschlagen ist auch die sozialdemokratische Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. Nach der Affäre um ihre Zweitwohnung ist ihre Glaubwürdigkeit angeschlagen. Als gesetzt gilt ihr Parteikollege und Energiepolitiker Eric Nussbaumer.
Bei der FDP wird die bisherige Nationalrätin Daniela Schneeberger von einem Parteifreund bedrängt: Christoph Buser, Direktor der kantonalen Wirtschaftskammer, könnte ihr den Sitz abspenstig machen. Ein Gerangel zeichnet sich auch bei der SVP ab: Der zweite Sitz, bislang gehalten von Christian Miesch, wird frei. Von den sechs potenziellen Nachfolgern auf der SVP-Liste haben gemäss Beobachtern vier gute Chancen auf das Ticket nach Bern.