Mit welchen Gefühlen starten Sie in Ihr Heimturnier, wo Sie die vergangenen 20 Spiele alle gewonnen haben?
Roger Federer: Die Erwartungshaltung ist immer vorsichtig. Auf Indoor-Belägen kann es sehr schnell gehen. Gleichzeitig habe ich viel Selbstvertrauen. Es hilft mir in Basel natürlich auch, vor Freunden und Familie und mit den Fans im Rücken zu spielen. Das macht den Gegner vielleicht nervös und beflügelt mich. Es gibt nur ein Daheim – und das ist für mich logischerweise Basel.
Sie könnten die Swiss Indoors zum zehnten Mal gewinnen. Welche Bedeutung hätte dies für Sie?
Das sind schon unglaubliche Zahlen. Ich habe nie daran gedacht, zehn Mal ein Turnier zu gewinnen. Als Kafelnikov einst fünfmal in Moskau gewann, dachten alle: «Oh, wow». Ich mag mich auch noch daran erinnern, wie Nadal in Monte Carlo erstmals zehn Mal ein Turnier gewinnen konnte. Jetzt bin ich in Basel in der gleichen Situation, bin aber noch weit davon entfernt, dies zu erreichen. Es wäre ganz speziell im 50. Jubiläumsjahr des Turniers hier meinen zehnten Titel zu holen
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit man ein Turnier so oft gewinnen kann?
Man muss dort oft erfolgreich gespielt haben. Irgendetwas am Turnier muss speziell sein, dass man immer wieder zurückkommt und dass es gut läuft. Das können die Bedingungen, die Stadt, das Publikum sein. Am Schluss ist es eine Kombination von allem, und das ist auch hierin Basel der Fall
Sie haben Ihren auslaufenden Vertrag mit Basel verlängert. Wie liefen die Verhandlungen?
Mein Ziel war, einen Vertrag zu unterzeichnen, der automatisch läuft, solange ich spiele. Das haben wir erreicht. Für mich war immer klar, dass ich jedes Jahr hier spielen werde. Es ist auch für das Turnier wichtig, zu wissen, dass ich, solange ich Profi bin, in Basel spiele. Jetzt ist es einfach offiziell. Alles Geld, dass ich hier erhalte, geht seit Jahren an meine Stiftung.
Sie starten in diesem Jahr bereits am Montag. Was ändert sich deshalb vom Ablauf her?
Von den Terminen her ist eher weniger los. Ich muss aber aufpassen, dass ich mich im Training sofort mehr fordere. Die Vorbereitung auf das erste Spiel ist eventuell weniger gut. Ich habe erst am Sonntag erfahren, dass es gegen den Qualifikanten Peter Gojowczyk geht. Ich bin gespannt, wie es wird. Sollte ich gewinnen, ist es für den weiteren Turnierverlauf sicherlich positiv, weil ich anschliessend mehr Zeit habe.
War es Ihr Wunsch, am Montag zu starten?
Ja. Aber ich wusste bis zur Auslosung nicht, ob ich wirklich am Montag spiele. Wäre ich auf einen Finalisten dieser Woche getroffen, wäre das nicht möglich gewesen. Es hing alles noch in der Luft. Deswegen konnte ich nicht richtig planen, was aber kein Problem für mich war. Nachdem am Samstagnachmittag alles klar war, kam ich in den Sog der Konzentration rein und bereite mich so vor, damit ich am Montagabend topfit bin.
Wegen der Swiss Indoors verpassten Sie die Hochzeit von Rafael Nadal. Waren Sie eingeladen?
Nein, das habe ich auch nicht erwartet. An Hochzeiten lädt man die Personen ein, mit denen man die meiste Zeit im Leben verbracht hat. Ich habe Rafa per SMS gratuliert. Ich wusste, dass er nicht sofort zurückschreiben würde, weil er Besseres zu tun hat, wie etwa Party machen hoffentlich. Aber ich freue mich aufs Wiedersehen. Dann frage ich ihn, wie es war.
Die Top 3 der Weltrangliste belegen mit Nadal, Djokovic und Ihnen Altbekannte. Doch Medvedev, Zverev, Tsitsipas und Thiem kommen immer näher. Kratzen die Jungen langsam am Thron?
Die Jungen sind stark und stehen an der Schwelle. Das hat Medvedev mit seiner Siegesserie gezeigt. Auch an den US Open hat er bewiesen, was er kann. Das wird bei den anderen etwas auslösen. Wenn er es schafft, den man eher weniger auf der Rechnung hatte, denken die anderen Jungen vielleicht: «Was der kann, sollte ich auch schaffen.» Ich wäre nicht überrascht, wenn an den ATP-Finals im nächsten Jahr bis zu fünf von den jungen Spielern mit dabei wären.
Wäre dies für das Tennis gut, oder wollen Sie, dass sich die Alten noch halten können?
Für das Tennis ist beides gut. Wenn es so weitergeht, wird Geschichte geschrieben. Sollten die Jungen gewinnen, entstünde Neues, und man könnte neue Duelle und Rivalitäten pushen. Solange Nadal, Djokovic und ich weiterspielen, ist sowieso alles gut. Es wird alles anders, wenn wir nicht mehr dabei sind. Es ist nicht wichtig, wer die Grand Slams gewinnt. Die Geschichten im nächsten Jahr werden gut sein.
Sie haben sich festgelegt, wo Sie im kommenden Jahr antreten wollen. Was hat Sie dazu bewegt, alle Grand Slams und die Olympischen Spiele anzugehen?
Ich muss mich immer fragen, wie viel zu viel und wie viel zu wenig ist. Ich wollte gerne alles spielen, aber ich musste auch mit Mirka und den vier Kindern schauen, ob wir das hinkriegen. In Wimbledon realisierte ich, dass sich die Sandplatzsaison nicht negativ auf die Rasensaison ausgewirkt hat. Mein Körper hat gut standgehalten. Ich war im Wimbledon-Final topfit, was schön war. Dann kam die Frage: «Sandplatzsaison? Wenn ja, wie viel?». Dazu kommen die Olympischen Spiele. Seit Wimbledon diskutieren wir konstant. Dass ich die French Open spiele, entschied ich bereits in der Zeit der US Open. Olympia entschied ich vor zwei Wochen in Schanghai.
Das Programm ist sehr voll. Wird das Ihre Abschiedstournee?
Das werden wir sehen. In meinem Kopf ist das keine Abschiedstournee, sondern eine grossartige Chance, nochmals bei Olympia zu spielen und vor allem Spass zu haben.