International
Deutschland

Corona-Superspreaderin in Garmisch-Partenkirchen – was bekannt ist

13.09.2020, Bayern, Garmisch-Partenkirchen: Personen steht in einer langen Schlange vor dem Corona Testzentrum der Stadt. Nach einem heftigen Corona-Ausbruch im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen  ...
Leute stehen in Garmisch-Partenkirchen in der Schlange vor dem Testzentrum, 13. September.Bild: keystone

Frau in Deutschland trotz Quarantäne angeblich auf Beizentour – ein «Superspreader»-Fall?

Laut Medienberichten ging eine 26-Jährige im bayerischen Ferienort Garmisch-Partenkirchen auf Kneipentour – trotz Quarantäneanweisung – und steckte angeblich viele mit dem Coronavirus an. Was wir zum Fall wissen.
14.09.2020, 09:4718.09.2020, 13:06
Mehr «International»

Richtigstellung/Update 17. September

Bislang sei keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückzuführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen «Superspreaderin» genannt werde: Dies berichtete tagesschau.de am 17. September. Fragwürdig erscheine in diesem Zusammenhang «das Verhalten des Landrats und einiger Medien, die die Verantwortung für den Anstieg der Zahlen eines ganzen Landkreises ohne Beweise dem Verhalten einer jungen Frau anlasten».

Damit zur ursprünglichen Story:

Was ist passiert?

Eine US-Amerikanerin, die im deutschen Ferienort Garmisch-Partenkirchen in einem Hotel arbeitet, steckte vergangene Woche laut Medienberichten mindestens 37 Menschen mit dem Coronavirus an.

Die 26-Jährige habe sich nach Ferien in Griechenland auf das Coronavirus testen lassen – weil sie leichte Symptome vespürte. Das war am Dienstag vergangener Woche. Sie wurde daraufhin von den Behörden angewiesen, sich vorsorglich in Quarantäne zu begeben, bis ein Testresultat vorliegt. Sie habe sich aber nicht an die Anweisungen gehalten und sei am Abend auf Kneipentour gegangen.

epa08663896 The Peaches cocktail bar where a superspreading event presumably took place in Garmisch-Partenkirchen, Germany, 12 September 2020. After an American tourist infected with the COVID-19 dise ...
«Peaches» war eine der von der Superspreaderin besuchten Bars.Bild: keystone

«Die Dame hat Symptome gehabt, war bei uns bei der Teststation und wurde aufgrund der Symptome aufgefordert, in Quarantäne zu bleiben. Das hat sie aber nicht getan», sagte etwa der Sprecher des Landratsamtes, Stephan Scharf, am Samstag gemäss Tagesspiegel.

>> Alle aktuellen Nachrichten zum Corona-Virus findest du im Liveticker.

Wo hat sie sich angesteckt?

Ob sie sich in Griechenland oder nach ihrer Rückkehr Ende August in Deutschland angesteckt hat, ist noch nicht geklärt. «Wo sie sich angesteckt hat, wissen wir nicht», sagte Sprecher Scharf weiter.

Zunächst hiess es über den Fall, dass es sich um eine US-amerikanische Touristin handle. Diese Angaben korrigierte aber Scharf. Aufgrund eines «Übermittlungsproblems» innerhalb der Behörden sei es zu einem Missverständnis gekommen.

Wen steckte sie an?

Bis jetzt sind 37 Fälle bekannt. 24 davon entfielen auf das Garmischer «Edelweiss Lodge and Resort», eine Ferien- und Erholungseinrichtung für US-Soldaten und deren Familien. Dort arbeitet auch die angebliche Superspreaderin.

Befürchtet werden aber noch mehr Fälle. Am Wochenende liessen sich nämlich viele Menschen testen, es gab gar Schlangen vor dem Testzentrum. Resultate dieser Tests werden heute Montag erwartet.

13.09.2020, Bayern, Garmisch-Partenkirchen: Ein Mitarbeiter des Testzentrums �bergibt ein Testr�hrchen zu einer Mitarbeiterin im Laborcontainer. Nach einem heftigen Corona-Ausbruch im oberbayerischen  ...
Ein Mitarbeiter des Testzentrums Garmisch-Partenkirchen übergibt ein Teströhrchen zu einer Mitarbeiterin im Laborcontainer.Bild: keystone

Touristen seien gemäss Bürgermeisterin Elisabeth Koch nicht angesteckt worden, die Gruppe der positiv Getesteten sei ein gut eingrenzbarer Personenkreis.

Was sind die Auswirkungen?

Weil Garmisch-Partenkirchen ein so kleiner Ort ist (26'000 Einwohner), erhöhte sich die Sieben-Tage-Inzidenz auf 54. Sie liegt damit deutlich über Marke von 35 Neuinfektionen je 100'000 Einwohner, die in Bayern als Schwelle für strengere Massnahmen gilt (im restlichen Deutschland liegt der Wert bei 50). Scharf betonte aber: «Die müssen sich natürlich nicht alle bei ihr angesteckt haben.»

Weil das Landesratsamt mit einem deutlichen Anstieg rechnet, verhängte es am Freitag ausserdem Beschränkungen für das öffentliche Leben: Alle Gastrobetriebe müssen nun um 22 Uhr schliessen und im öffentlichen Raum dürfen sich nur noch maximal fünf Personen treffen. Für Privatveranstaltungen gilt eine Obergrenze von 50 Personen in geschlossenen Räumen – 100 unter freiem Himmel.

Wird die Frau dafür bestraft?

Ja, wenn es nach Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geht. Er forderte im «Münchner Merkur» Konsequenzen für die mutmassliche Verursacherin: «Sollte sich bestätigen, dass die Frau bewusst trotz eindeutiger Corona-Symptome die Quarantäne ignoriert hat, muss sie mit einem empfindlichen Bußgeld rechnen», sagte er. Und weiter:

«Gegen so eine Rücksichtslosigkeit sollte ein klares Signal und ein mahnendes Beispiel gesetzt werden, dass jeder mit empfindlichen Sanktionen rechnen muss, der in dieser besonderen Situation der Pandemie gegen die Regeln verstösst und andere vorsätzlich in Gefahr bringt.»
Joachim Herrmann, bayrischer Innenminister

Bei Quarantäne-Verstössen in Bayern drohen bis zu 2000 Euro Bussgeld.

(jaw)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So kreativ sind die Leute in Coronavirus-Quarantäne
1 / 23
So kreativ sind die Leute in Coronavirus-Quarantäne
bild: twitter/warwick art

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Was haben Sex und das Maskentragen gemeinsam?
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
80 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
AltaLumina
14.09.2020 10:12registriert Mai 2015
'empfindliches Bussgeld'

Oh jöö, 2000 stutz

Sollte pro nachweislich angesteckte Person 2000 stutz sein...
59772
Melden
Zum Kommentar
avatar
Oshikuru
14.09.2020 10:16registriert Juni 2016
🤦‍♂️
24415
Melden
Zum Kommentar
avatar
trichie
14.09.2020 10:37registriert Mai 2017
Damit Eigenverantwortung funktioniert braucht es flächendeckend eine gewisse Mindest-Vernunft und ein gewisses Mindest-Verständnis fürs jeweilige Thema.

Traurig ist dass sehr oft genau diejenigen die am lautesten nach Politik mit mehr Eigenverantwortung schreien (und entsprechend wählen ich sag nur MAGA) diejenigen sind die genau damit eigentlich überfordert sind.
20512
Melden
Zum Kommentar
80
Boeing-Whistleblower bekräftigt Vorwürfe im US-Senat

Ein Ingenieur behauptet, dass der Konzern beim Modell 787 «Dreamliner» gegen eigene Qualitätsvorgaben verstiess. Er bekommt eine grosse Bühne im US-Senat. Boeing weist die Vorwürfe zurück.

Zur Story