Im Kanton Zürich können Kinder ab 10 Jahren ein Anglerpatent lösen, im Kanton Bern gibt es gar keine Alterslimite – ganz im Gegensatz zur Jagd, wo eine Alterslimite von 18 Jahren gilt.
Das will der Schweizer Tierschutz (STS) ändern und hat sich dafür einen prominenten Gerichtspychiater an Bord geholt. Wer Tieren Schmerzen zufüge, sei noch kein potenzieller Straftäter, stellt Frank Urbaniok, Chefarzt des Forensisch-Psychologischen Dienstes des Zürcher Amts für Justizvollzug gegenüber dem Tages-Anzeiger klar, aber: «Solche Handlungen prägen das Verhalten.» Gerade Kinder nähmen Gewalteindrücke besonders stark wahr. Erfahrungen wie das Töten eines Fisches könnten zu einer Abstumpfung gegenüber tierischem Leid führen.
Die Kinder seien damit einer asymmetrischen Machtbeziehung ausgesetzt: «Der Stärkere ist verpflichtet, die Interessen des Schwächeren zu berücksichtigen», sagt er. Dies sei Ausdruck von Respekt und zeige, dass Grenzen akzeptiert würden. Daran müssten sich auch Kinder im Zusammenspiel mit Tieren halten.
Auch Sara Wehrli vom STS verknüpft das Töten von Tieren mit einer grossen Verantwortung. Das Gesetz müsse deshalb vereinheitlicht werden. Wehrli stört sich etwa daran, dass der Konsum von weichen alkoholischen Getränken oder Zigaretten erst ab 16 Jahren erlaubt ist, das «Töten empfindungsfähiger Wirbeltiere» dagegen schon viel früher.
Der Tierschutz will eine Altersgrenze von 16, allenfalls sogar 18 Jahren. Die Forderung fällt in eine Zeit, in der das Fischen boomt. Der Kanton Zürich etwa hat 2013 6949 Patente herausgegeben – über 12 Prozent mehr als 2009.
Gemäss eidgenössischer Fischereiverordnung müssen Angler im Besitz eines eines Sportfischer-Brevets oder des Sachkundenachweises (Sana-Ausweis) sein. Die Tierschutzverordnung erlaubt aber eine Ausnahme: Das Freiangelrecht, das für die meisten grossen Schweizer Mittelland- und Voralpenseen gilt, so etwa am Bieler-, Brienzer-, Thuner- und Zürichsee. Demnach darf vom Ufer aus jeder fischen, unabhängig von seinem Alter.
Der Tierschutz befürchtet, dass sich durch das Freiangelrecht die Gefahr von Verstössen gegen den Tierschutz erhöht. Eine bisher unveröffentlichte Studie des STS über Fischteichbetreiber kommt zum Schluss, dass die Betreiber sich war bemühen, die Tierschutzvorschriften zu gewährleisten, doch sei es in der Praxis schwierig, bei grossem Besucheransturm sämtliche Fischer zu überwachen.
Der Zentralpräsident es Schweizerischen Fischerei-Verbands, Roland Seiler, hält die Aktion des STS für Panikmache. Es sei zwar «wahrscheinlich», dass bei der Freianglerei Missbräuche vorkommen. «Wir gehen jedoch davon aus, dass es sich um Einzelfälle handelt und das Problem vom STS dramatisiert wird», sagt Seiler. (rar)