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Wie Trump seine Fans dafür bestraft, dass sie ihn gewählt haben

President Donald Trump listens during a briefing with the media, Friday, June 27, 2025, at the White House in Washington. (AP Photo/Jacquelyn Martin)
Donald Trump
Millionen Geringverdienende gingen ihm auf den Leim: Donald Trump.Bild: keystone

Wie Trump seine Fans dafür bestraft, dass sie ihn gewählt haben

Bringt Trumps Chaos der Schweiz bald wieder höhere Zinsen – oder vielleicht noch tiefere? Wie der US-Präsident unsere Wirtschaft beeinflusst – und einen Grossteil seiner Wähler im Stich lässt.
30.06.2025, 05:2730.06.2025, 05:31
Niklaus Vontobel / ch media
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Trump inszeniert sich als heldenhafter Kämpfer. Als Bösewicht in seinem Stück muss Jerome Powell herhalten, Chef der US-Notenbank Fed. Trump gibt ihm fiese Spottnamen, wie er es aus den Showkämpfen des Wrestlings gelernt hat. Powell sei ständig zu spät mit seinen Zinssenkungen, «too late» – daher sei er der «Too-Late-Powell». Powell ist «ein Hohlkopf», Powell ist «eine amerikanische Schande».

Die Fans lieben die Show. Doch sie zahlen einen hohen Preis dafür. Sie mögen Trump versprechen, dass sie zu ihm halten. Aber er nicht zu ihnen.

Dollar geschwächt und Zinsen hochgedrückt

Trump schwächt Powell und damit die US-Notenbank als unabhängige Institution mit jedem verbalen Schlag. Er sagt, er könne Powell feuern, wenn er wolle. Dann, er werde ihn nicht feuern, aber vielleicht etwas erzwingen. Dann, vielleicht müsse er umdenken, also Powell doch feuern. Dann sickert durch: Er will bald einen Nachfolger ernennen und Powell so schwächen.

Star-Ökonom Kenneth Rogoff warnt, dass Trump die Fed innerhalb einer Woche verschwinden lassen könnte, wenn er es wollte. Trump würde danach wohl nicht gerade eine Inflation von 80 Prozent auslösen, wie es der türkische Autokrat Recep Erdogan getan hat. Doch wie Rogoff in der «New York Times» warnt, könnte es in den nächsten vier Jahren für eine Inflation von 8 Prozent reichen.

Gläubiger mögen solche Aussichten gar nicht. Bei hoher Inflation erhalten sie zwar die vereinbarte Summe zurück – doch das Geld ist weniger wert. Also vertrauen sie dem Dollar weniger. Seit Jahresanfang hat die stolze US-Währung zum Euro und zum Franken fast 12 Prozent verloren.

Die Investoren schützen sich und verlangen höhere Zinsen, um den USA ihr Geld zu leihen – ein Risikoaufschlag gegen Trumps Verrücktheiten. Auch deshalb stehen Hypothekarzinsen so hoch wie seit knapp 20 Jahren nicht. Wer also für einen Haus-Kauf einen Bankenkredit braucht, der zahlt sehr hohe Zinsen. Oder er lässt es bleiben. Was viele tun. Analysten sagen, der Immobilienmarkt sei «eingefroren».

Doch es kommt noch bitterer für die Fans von Trump.

FILE - A Trump supporter holds up a MAGA sign during a rally for Republican presidential candidate, former President Donald Trump, in Green Bay, Wis., April 2, 2024. (AP Photo/Mike Roemer, File)
Viele Trump-Wähler sind Opfer der Politik ihres Präsidenten.Bild: keystone

Ein Mangel an Arbeitskräften wie zu Coronazeiten im ländlichen Amerika

Trump führt der Welt gerade vor, wie man Zuwanderung radikal senkt – und welche Konsequenzen dies hat. Keine guten, sagt ein Analyst der Deutschen Bank. Alle Augen würden sich auf Trumps Zölle richten, dabei drohe von der einbrechenden Zuwanderung her der viel grössere Negativschock.

Trump hat die Mexiko-Grenze fast dichtgemacht, so der «Economist». Hat Flugzeug-Deportationen hochgefahren. Visa-Vergaben drastisch eingeschränkt. Schrecken verbreitet mit Razzien: Agenten der Zuwanderungsbehörde ICE tauchen in Restaurants auf – mit Helm, Maske, Tarnkleidung und Gewehr.

Jetzt klagen die Bauern, so «Bloomberg». Arbeiter seien nicht zum Melken erschienen, Erntehelfer noch schwieriger zu finden. Früchte können nicht mehr angebaut werden. So werden noch viele klagen, auf dem Bau und auf Feldern, in Spitälern und in Fleischfabriken. Überall funktioniert wenig ohne Zugewanderte: von allen Jobs erledigen sie zum Beispiel in der häuslichen Krankenpflege um die 40 Prozent und bei der Erntehilfe gar um die 60 Prozent.

Ein Analyst warnt vor einem Mangel an Arbeitskräften wie zu Coronazeiten – nur schlimmer.

«Was damals eine Ausnahme zu sein schien, würde zur neuen Normalität.»

Dies wäre gerade für die ländlichen USA bitter – hier steht ohne Zuwanderer besonders viel still und haben besonders viele Menschen treu zu Trump gehalten.

Es wird noch bitterer.

Grösste Umverteilung der US-Geschichte

Trumps Fans, oft Geringverdienende, zahlen auch einen hohen Preis für seine Zölle und das von ihm gewünschte Steuergesetz mit dem offiziellen Namen «One Big Beautiful Bill». Der in den USA lehrende Ökonom Justin Wolfers spricht von der «grössten Umverteilung von arm zu reich in der amerikanischen Geschichte».

Wie gross genau, hat das Budget Lab der Universität Yale ausgerechnet. Bei den Zöllen ist es wirr rauf und runter gegangen, doch am Ende bleiben rekordhohe Zölle – durchschnittlich 15,8 Prozent, die höchsten seit 1936. Das wirkt wie eine Steuererhöhung, und zwar eine, die arme Haushalte stärker trifft als reiche – etwa doppelt so stark.

Hinzu kommt das Steuergesetz, das vor allem Reiche reicher macht – und beides zusammen die meisten Amerikaner ärmer, vor allem die ärmsten 10 Prozent. Sie haben bald jedes Jahr rund 2600 Dollar oder 6,6 Prozent weniger Einkommen. Aber auch fast alle anderen verlieren. Erst die zweitobersten 10 Prozent erhalten ein paar Krumen, 210 Dollar. Grosszügig beschenkt werden nur die obersten 10 Prozent: Sie müssen jedes Jahr fast 8000 Dollar weniger Steuern zahlen.

Und noch bitterer.

Millionen verlieren Krankenversicherung – vor allem im ländlichen Amerika

Bei einer aktuell verhandelten Version seines Steuergesetz, der «One Big Beautiful Bill», will Trump radikal bei der staatlichen Krankenversicherung Medicaid sparen. Millionen Menschen sind dort versichert – darunter vor allem Menschen mit tiefen Einkommen, hohem Alter oder Behinderungen. Laut einem Bericht des «Zentrums für Haushalts- und Politikprioritäten» wird durch das Steuergesetz eine gewaltige Zahl von Menschen ihre Krankenversicherung – 16 Millionen.

Auch dieser Schlag wird das Trump-liebende ländliche Amerika besonders brutal treffen. Dort ist ein grösserer Anteil der Bevölkerung über Medicaid versichert als im städtischen Amerika. In kleinen Städtchen in New Mexiko oder Kentucky sind es fast ein Drittel der Erwachsenen und um die 60 Prozent der Kinder. Der Starökonom Paul Krugman schreibt deshalb auf der Plattform Substack:

«Trump wird das ländliche Amerika verwüsten.»

In der Schweiz ist es eine andere Geschichte mit den Folgen von Trumps erratischer Politik.

Die Folgen für uns: Trump drückt die Schweizer Zinsen nach unten

Trump macht die Welt zu seiner Show – und die Schweiz muss mitspielen. Was er bisher getan hat, wirkt hierzulande sogenannt «deflationär»: Die Schweiz ist nicht nur, aber auch deshalb nach der kurzen Corona-Inflation schnell zu niedriger Inflation und niedrigen Zinsen zurückgekehrt. Und die Finanzmärkte erwarten noch tiefere Zinsen.

Wie sich dieser Trump-Effekt auswirkt, erklärt die Schweizerische Nationalbank (SNB) in ihrem Quartalsheft. Trump wird darin zwar nie namentlich erwähnt, dafür die von ihm verursachte «Unsicherheit» sehr oft. Diese wirkt lähmend – in den USA, aber auch in Europa und der Schweiz.

Es werden weniger Investitionen gewagt und weniger Mitarbeitende angestellt. Denn was heute richtig war, ist morgen vielleicht falsch, wenn etwa ein europäischer Staatschef sich nicht so schamlos bei Trump einschmeichelt wie Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Wenn die Wirtschaft schwächelt, trauen sich die wenigsten, höhere Preise zu verlangen – die Inflation wird schwächer und die SNB muss dagegen mit tieferen Zinsen ankämpfen.

Wenn Investoren nicht aus Unsicherheit stillstehen, bewegen sie sich in sichere Häfen hinein. Wie es der Franken und Schweizer Staatsanleihen sind. Wie es der Dollar und US-Staatsanleihen weniger sind, seit Trump die USA am 2. April mit wirren Zöllen befreien wollte.

Der Franken hat zum Euro leicht und zum Dollar stark aufgewertet. Dadurch konnte die Schweiz billiger importieren, vor allem auch das in Dollar gehandelte Erdöl und Erdölprodukte. Und die Trumpereien haben auf der globalen Wirtschaft gelastet, was den globalen Erdölpreis hat absinken lassen. Wie bei der Bank J. Safra Sarasin der Chefökonom Karsten Junius sagt: «All das hat zu niedrigerer Inflation geführt – und dies zu tieferen SNB-Leitzinsen.»

Trump als Schweizer Zinsen-Senker: Bleibt es dabei oder verursacht er doch noch einen globalen Inflationsschock und hohe Zinsen, wie es Corona getan hat? Denn wie US-Notenbank-Chef Powell sicher zum Ärger von Trump sagte:

«Irgendjemand muss diese Zölle bezahlen.»

Das sieht auch Junius von J. Safra Sarasin so. «Bezahlen werden die Unternehmen und Konsumenten in den USA.» Dort würden die Zölle wie eine Steuer anfallen. In der Schweiz und in Europa werde es darauf ankommen, wie die Politik reagiere. Ob und in welchem Umfang sie Vergeltungszölle erhebt. Erst diese würden in Europa anfallen. Aber selbst dann gelte:

«Die Zölle haben nicht die wirtschaftliche Schlagkraft, um die Inflation so weit nach oben zu treiben wie Corona.»
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Die beliebtesten Kommentare
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Antinatalist
30.06.2025 06:00registriert September 2019
Wer eine Rösti hat, braucht keinen Trump.
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CharlieBrown88
30.06.2025 05:58registriert Juni 2022
Trump macht genau das was er angekündigt hat. Weshalb sind die Amis den jetzt so überrascht?
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Allkreis
30.06.2025 06:06registriert Januar 2020
Super Artikel. Die Wahl des rechtspopulistischen Trump ist für normale Leute der berümte Schuss in den eigenen Fuss. Trump ist dermassen unfähig, das sogar eine Finanzkriese droht, denke ich. Ich würde wie viele andere derzeit sicher keine US Staatsanleihen kaufen, und mit damit verbundenen hohen Zinsen dürften wir bald erhöhte Privatkonkurse durch die Hypothekenbelastung und Privatkredite sehen. Investitionen in die USA mit fremden- und forschungsfeinlichem Rechtspopulistenregime würde ich auch nicht, eher das Gegenteil - Umsatzverlagerung weg von der USA. Das Vertrauen ist weg...
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