Der Schlussgang am Sonntag wird Marktanteile von über 70 Prozent und mehr als eine Million TV-Zuschauer bringen. Beim letzten eidgenössischen Anlass, dem wesentlich kleineren und eintägigen Unspunnen-Fest von 2017, sahen knapp 780 000 Zuschauer aus der Deutschschweiz den Schlussgang zwischen Christian Stucki und Curdin Orlik am Fernsehen. Das entsprach einem Marktanteil von 66.8 Prozent – viel bessere Werte als bei jedem Meisterschaftsspiel im Fussball oder Hockey.
Schwingen also als Quotenhit praktisch zum Nulltarif. Geld nehmen die Gralshüter des Eidgenössischen Schwinger-Verbandes (ESV) vom Fernsehen gerne, darüber reden mögen sie lieber nicht. Sie haben zum Mammon seit jeher ein ähnlich gespaltenes Verhältnis wie die Kirche zum Sex.
Dabei ist der Betrag, der aus Leutschenbach für die TV-Rechte überwiesen wird, nachgerade lächerlich. «Wir reden nicht über Zahlen» wehrt Verbandsgeschäftsführer Rolf Gasser eine entsprechende Anfrage ab. «Aber wenn Sie unsere Erfolgsrechnung lesen können, finden Sie heraus, wie viel TV-Geld wir bekommen …» Und siehe da: Im März hat der ESV seine Zahlen publiziert.
Aus der Jahresrechnung lässt sich herausfiltern: Exakt 172 320 Franken werden pro Jahr für die TV-Rechte überwiesen. «Richtig gelesen» bestätigt Rolf Gasser. Dieser Vertrag mit den Schwingern läuft noch bis und mit 2022 und sichert unserem staatstragenden Fernsehen umfassende Vollmachten.
Es hat die exklusiven Übertragungsrechte für alle Feste der Stufe 1 und 2. Also für das Eidgenössische, für Unspunnen, Kilchberg, für das eidgenössische Jubiläumsschwingen 2020 in Appenzell, für alle fünf Teilverbandsfeste und sämtliche Bergkranzfeste. Darüber hinaus darf Leutschenbach lokalen TV-Sendern Liveübertragungen mit Sublizenzen erlauben. Gegen Entgelt natürlich.
Im Eishockey und im Fussball holen die nationalen Verbände und Ligen aus den TV-Rechten jährlich mehr als 30 Millionen heraus. Wenn 2022 der Vertrag bei den Schwingern ausläuft, wäre es durchaus möglich, mehrere Millionen zu kassieren. Aber das dürfte nicht passieren. Verbandsgeschäftsführer Rolf Gasser sagt: «Es hat sich in den letzten Jahren eine Win-win-Situation für das Fernsehen und für uns entwickelt. Dazu sollten wir Sorge tragen.»
Er weiss sehr wohl, dass der Boom der letzten Jahre in erster Linie der grossen Präsenz im frei empfangbaren Fernsehen zu verdanken ist. Es wäre unklug, die TV-Vögte mit unverschämten Forderungen gegen sich aufzubringen.
Schon Bruder Klaus hatte einst mit den Worten «Machet den Zun nyt zuo wyt!» zur Mässigung gemahnt. Und so haben die Schwinger auch das finanziell lukrative Angebot des Medien-Gemischtwarenladens Ringier abgelehnt, im Hallenstadion jährlich ein «Masterturnier» des Schwingens aufzuführen. (aargauerzeitung.ch)