Inmitten der politischen und wirtschaftlichen Krise hat in Venezuela die umstrittene Präsidentenwahl begonnen. Ein Sieg des sozialistischen Amtsinhabers Nicolás Maduro galt am Sonntag als sicher - weil dieser alle wichtigen Gegner vorher aus dem Verkehr gezogen hatte.
Maduro gab kurz nach Eröffnung der Wahllokale um 6 Uhr seine Stimme ab. «Ich rufe alle Venezolaner auf: Deine Stimme entscheidet», sagte Maduro im Wahllokal in der Hauptstadt Caracas. Es gehe um «Heimatland oder Kolonie, Frieden oder Gewalt».
Die Wahl lief in Caracas eher schleppend an. Das wichtigste Oppositionsbündnis des lateinamerikanischen Landes, MUD, fürchtete Wahlbetrug und hatte vorab zum Boykott der Abstimmung aufgerufen.
Offiziell sollten die Wahllokale um 16 Uhr (22 Uhr MESZ) schliessen. Allerdings blieben sie in der Vergangenheit häufig noch stundenlang nach der offiziellen Schliessung geöffnet. Mit einem vorläufigen Ergebnis wird in der Nacht zum Montag gerechnet.
«Nicht wählen ist keine Lösung»
«Nicht wählen ist keine Lösung», sagte Bernardino González in Caracas. Der 45-Jährige gab seine Stimme nach eigener Aussage dem Oppositionskandidaten Henri Falcón.
Auch María Justo hat ihre Stimme abgegeben: «Ich bin zur Wahl gekommen, weil ich möchte, dass dieser Mann von hier verschwindet. Wir können so nicht weitermachen. Wir brauchen etwas anderes», sagte die 65-Jährige aus Petare, dem grössten Slum Venezuelas in der Nähe der Hauptstadt. Auch sie gab ihr Votum an Falcón.
Andere Venezolaner sehen die Wahl als vergebene Mühe: «Ich wähle nicht, weil ich dem Wahlrat nicht vertraue, es wird Betrug geben», sagte Janet Borges im Stadtteil Chacao in Caracas.
Oppositionelle im Gefängnis oder geflohen
Der Sieg Maduros galt am Sonntag deswegen als sicher, weil zahlreiche Regierungsgegner im Gefängnis sitzen, von der Wahl ausgeschlossen wurden oder ins Ausland geflohen sind. In Venezuela sind rund 20.5 Millionen Menschen stimmberechtigt. Im ganzen Land hatten rund 34'000 Wahllokale geöffnet.
Zahlreiche Länder der Region, die USA und die Europäische Union haben bereits angekündigt, die Wahl nicht anzuerkennen. Das südamerikanische Land steckt in der schwersten Krise seiner Geschichte. Wegen Devisenmangels kann das Land mit den grössten Ölreserven der Welt kaum noch Lebensmittel und Medikamente einführen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für das laufende Jahr mit einem Einbruch der Wirtschaftskraft um 15 Prozent und einer Inflationsrate von mehr als 13'000 Prozent. Angesichts der humanitären Krise haben bereits Millionen Venezolaner das Land verlassen.
Vorwürfe an die USA
Am Samstag hatte die Regierung Maduros den USA vorgeworfen, mit neuen Sanktionen die Abstimmung sabotieren zu wollen. Diese seien eine «systematische Kampagne der Aggression», erklärte die Regierung in Caracas. Die Strafmassnahmen von US-Präsident Donald Trump hätten keine rechtliche Grundlage,
Die USA hatten am Freitag den Druck auf Venezuela erhöht. Sie brachten Maduro erstmals öffentlich in Zusammenhang mit Drogenhandel und warfen ihm vor, vom Drogenschmuggel zu profitieren.
Die Regierung in Washington verhängte Sanktionen gegen die Nummer zwei in Maduros Sozialistischer Partei, Diosdado Cabello. Die USA hatten Maduro bereits mit Sanktionen wegen Verstosses gegen die Menschenrechte belegt und machen ihn verantwortlich für die Krise in Wirtschaft und Politik seines Landes. (sda/reu/dpa)