Nach dem grössten Bergsturz in Graubünden seit Jahrzehnten bei Bondo im Bergell sind am Donnerstagabend weiterhin acht Menschen vermisst worden. Eine vorübergehend vermisste Gruppe wurde unversehrt im angrenzenden Italien gefunden.
Die gute Nachricht wurde von Bundespräsidentin Doris Leuthard persönlich überbracht an einer improvisierten Medienkonferenz im nahegelegenen Promontogno. Leuthard hatte sich am späten Donnerstagnachmittag aus dem Helikopter einen Überblick über das Katastrophengebiet verschafft.
Weiterhin vermisst werden acht Personen, für die das Schlimmste befürchtet werden muss. Die Polizei geht davon aus, dass sie sich im Val Bondasca aufhielten, als die Felsmassen ins Seitental hinter dem Bergdorf Bondo krachten. Sechs dieser Personen wurden von Angehörigen als vermisst gemeldet, wie Andrea Mittner, Gesamteinsatzleiter der Kantonspolizei Graubünden, am Nachmittag vor den Medien sagte. Die Anwesenheit der beiden anderen im Gefahrengebiet ermittelte die Polizei.
Es handelt sich um erwachsene Wanderer und Berggänger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die unabhängig voneinander in Zweiergruppen im Gebiet unterwegs waren. Es werde schwierig sein, dass sie lebend und gesund gefunden würden, sagte Bundespräsidentin Leuthard. Das Ausmass des Bergsturzes bezeichnete sie als «gewaltig».
Nach den Vermissten wird am Boden und aus der Luft gesucht - so lange es die Sichtverhältnisse erlauben. Im Einsatz stehen zwei Helikopter, Suchmannschaften mit Hunden, Wärmebildkameras und Geräte zur Ortung von Handystrahlen. Rund 120 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Militär, Zivilschutz und Gemeinde unterstützt von zwei Helikoptern beteiligen sich an der Suche.
Bondo bleibt vorerst evakuiert
Die 100 evakuierten Einwohner von Bondo und weitere 32 Personen aus der nähren Umgebung dürfen bis mindestens Freitag um 10 Uhr nicht in ihre Häuser zurückkehren. Dann wird die Lage neu beurteilt. Der ganze Ort bleibt evakuiert. Experten schliessen Nachstürze nicht aus. Die Evakuierten sind bei Verwandten, Freunden und beim Zivilschutz untergekommen. Die Gefahr vor Ort wird laufend evaluiert.
Nach ersten Schätzungen waren am Mittwochmorgen am Piz Cengalo zuhinterst im Val Bondasca vier Millionen Kubikmeter Gestein zu Tal gedonnert, wie Martin Keiser vom kantonalen Amt für Wald und Naturgefahren an der Medienkonferenz erklärte. Eine weitere Million Kubikmeter ist am Berg in Bewegung und kann ebenfalls abstürzen. (sda)