Eine Briefmarke kann das Abstimmungsverhalten beeinflussen. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Freiburg. Demnach steigt die Stimmbeteiligung in Gemeinden, die ein vorfrankiertes Abstimmungscouvert verwenden.
Für ihre Erhebung haben die Ökonomen Mark Schelker und Marco Schneiter die Wahlbeteiligung in 325 Berner Gemeinden in den Jahren 1989 bis 2014 untersucht. Diese setzten sie ins Verhältnis dazu, ob die Gemeinden die Abstimmungscouverts vorfrankierten oder nicht.
Laut der Studie, über die mehrere Medien berichteten und auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt, erhöht sich die Stimmbeteiligung durch die Einführung vorfrankierter Couverts «statistisch signifikant» um fast zwei Prozentpunkte. Beteiligen sich also im Kanton Bern 40 Prozent der Stimmberechtigten an einem Urnengang, stimmen rund 4.5 Prozent mehr Wähler ab, wenn sie die Briefmarke nicht selber bezahlen müssen.
Im Erhebungszeitraum hat sich nicht nur der Portopreis von 50 auf 85 Rappen erhöht. Die Forscher berücksichtigten auch die Teuerung und kamen zum Schluss, dass bereits die Kostenerhöhung um einen Rappen die Wahlbeteiligung um 0.025 bis 0.031 Prozentpunkte reduziert.
Der Wert vorfrankierter Antwortcouverts könne die absoluten Kosten übersteigen, heisst es weiter. So könnten Wähler abstimmen, auch wenn sie keine Briefmarke zur Hand hätten und müssten nicht anstehen, um solche zu kaufen.
Zu Lasten rot-grüner Positionen
Während portofreie Rücksendecouverts die Stimmbeteiligung steigen lassen, sinkt zugleich der Zuspruch für linke Positionen bei eidgenössischen Vorlagen. In einem Gastbeitrag auf der Plattform www.ökonomenstimme.org rechnen die Studienautoren vor, dass sich durch vorfrankierte Couverts die «relative Unterstützung von rot-grünen Positionen durchschnittlich um einen Prozentpunkt reduziert».
Neben dem Einfluss des Portos hat die Studie auch jenen der Wahlhilfeplattform easyvote unter die Lupe genommen. Diese versorgt junge Wählerinnen und Wähler mit einfach verständlichen Informationen zu Abstimmungen. Seit 2007 verschickt Interlaken BE easyvote-Unterlagen, bis im Mai 2014 beteiligten sich 66 Berner Gemeinden am Programm. «Wir finden keinen signifikanten Einfluss dieser Initiative», schreiben die Forscher. (sda)