In Whistler Mountain steht das erste Rennen nach den Olympischen Spielen von Lillehammer an. Alles dreht sich vor der Abfahrt um den Zweikampf im Gesamtweltcup. Vreni Schneider, die mit Olympia-Gold im Slalom, Silber in der Kombination und Bronze im Riesenslalom endgültig zum Schweizer Ski-Superstar geworden ist, führt so knapp (1210:1209 Punkte) vor Pernilla Wiberg, dass sie auch in der Abfahrt startet.
Lust auf die schwierige Piste hat «Gold-Vreni» aber eigentlich nicht. «Wenn es nach mir ginge, würde ich am liebsten auf dieses Abenteuer verzichten», sagt sie mit erfrischender Ehrlichkeit.
Ganz anders die Gefühlslage bei Heidi Zeller-Bähler. Die Sigriswilerin will nach den enttäuschenden Winterspielen (16. im Super-G, 28. in der Abfahrt, 9. im Riesenslalom) endlich zeigen, was sie draufhat.
Viermal stand die talentierte Allrounderin in ihrer Karriere bislang auf dem Podest, nach ganz oben hat es aber nie gereicht. In Whistler will Heidi Zeller-Bähler zumindest ein paar wichtige Punkte für den Gesamtweltcup und eine gute Startposition sammeln.
Doch daraus wird nichts. Als sich Zeller-Bähler, die als explosive Starterin bekannt ist, mit viel Wucht aus dem Starthaus katapultiert, brechen gleich beide Bindungen. Beim Abstossen reissen die mit vier Schrauben fixierten Fersen-Automaten aus den auf die Ski montierten Kunststoffplatten.
Statt schon früh ein paar Hundertstel auf die Konkurrenz gutzumachen, rutscht Zeller-Bähler nach einem veritablen Bauchklatscher hilflos den Starthang hinunter.
Die Bilder gehen um die Welt. «Ich wusste im ersten Moment nicht, was ich machen sollte. Heulen oder lachen», sagt die Bernerin nach dem Rennen. «Dann wollte ich einfach weglaufen und nach Hause fliegen.»
Überall, wo die Berner Oberländerin hinkommt, wird sie auf den Vorfall angesprochen. «Ich getraue mich kaum mehr unter die Leute. Ich kann die grinsenden Gesichter schon nicht mehr sehen», so Zeller-Bähler.
Ähnlich erging es wenige Tage zuvor schon Franz Heinzer. Beim Innerschweizer bricht während des Starts zur Olympia-Abfahrt von Lillehammer wie bei Zeller-Bähler die Bindung. Allerdings nur bei einem Ski, und so bleibt dem Abfahrtsweltmeister von 1991 immerhin der peinliche Rutsch über die Piste erspart.
Schlimmer als die beiden Schweizer trifft es 2010 bei der Olympia-Abfahrt Marion Rolland. Die Französin stürzt wenige Meter nach dem Start – ohne Bindungsbruch – und zieht sich dabei einen Kreuzbandriss zu. Landsmann Julien Lizeroux wirft sich 2015 bei einem Weltcupslalom mit einer Rolle aus dem Starthaus.
Heidi Zeller-Bähler kommt ohne Verletzung davon. Bereits im nächsten Rennen kann sie sich rehabilitieren, im Super-G von Mammoth Mountain wird sie als beste Schweizerin 7. Zwei Ränge dahinter klassiert sich Vreni Schneider, die zwei Wochen später – auch dank eines Abfahrtssturzes von Pernilla Wiberg – überlegen den Gesamtweltcup gewinnt.
In der Saison darauf kämpft überraschend auch Heidi Zeller-Bähler um die grosse Kugel mit. Dank drei Weltcupsiegen (2x Riesenslalom, 1x Super-G) wird sie am Ende der Saison 1994/95 starke Dritte.
In der darauffolgenden Saison kündigt sich dann ihr Rücktritt an: Bei einem Trainingssturz im Dezember 1995 reisst sich die Bernerin das Kreuzband. Sie fährt ohne Operation weiter, beendet aber nach der Saison im Alter von 29 Jahren ihre Karriere.
Zusammen mit ihrem Mann Hans übernimmt Zeller-Bähler danach den schwiegerelterlichen Bauernhof in Wattenwil. Dem Skisport ist sie treu geblieben – als Betreuerin ihrer beiden Söhne Jann und Noel.