Flüchtlinge: Flüchtlinge aus Afghanistan weichen auf die Schweiz aus

Flüchtlinge: Flüchtlinge aus Afghanistan weichen auf die Schweiz aus

10.11.2015, 14:48

Die Zahl der Flüchtlinge aus Afghanistan, die in die Schweiz einreisen, ist markant angestiegen. Allein in der letzten Woche sind 495 Afghanen an der Ostgrenze eingetroffen. Mit einer schnellen Behandlung ihrer Fälle können sie aber auch in der Schweiz nicht rechnen.

Die Eroberung von Kundus durch die Taliban Ende September hat einen erneuten Flüchtlingsschub ins Ausland ausgelöst. Nach Syrern stellen Afghanen inzwischen die grösste Gruppe von Flüchtlingen, die nach Deutschland gehen. Täglich treffen rund 2000 oder mehr von ihnen ein - Tendenz steigend.

Die afghanische Regierung hält die Sicherheitslage im eigenen Land für schlecht. Trotzdem will die deutsche Regierung wieder Afghanen abschieben. Afghanische Flüchtlinge zieht es daher vermehrt in die Schweiz.

In der ersten Novemberwoche griff das Grenzwachtkorps an der Ostgrenze 670 Flüchtlinge auf, davon stammten 495 Personen aus Afghanistan, wie die neusten Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) zeigen. Hinzu kommen 156 afghanische Flüchtlinge, die andernorts registriert wurden.

Keine pauschalen Asylentscheide

Der befürchtete Flüchtlingsansturm blieb bislang aus. Am letzten Sonntag seien gegen 100 Personen an der Ostgrenze aufgenommen worden, sagt Jörg Köhler, Leiter des St. Galler Amtes für Militär und Zivilschutz, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Am Montag und am Dienstag war die Lage am Bahnhof Buchs jedoch ruhiger als in der Vorwoche.

Das Grenzwachtkorps hat eine Triagestelle im alten Postgebäude in Buchs in Betrieb genommen, und die Polizei betreibt ein Lagezentrum. Gefordert ist aber in erster Linie das Staatssekretariat für Migration (SEM).

Jedes Asylgesuch wird einzeln abgeklärt, unabhängig von der Nation. Pauschal liessen sich solche Entscheide nicht treffen, bestätigte SEM-Sprecherin Lea Wertheimer eine Meldung von Tagesanzeiger online. Je nach Person und ihrem Hintergrund könnten Afghanen in einer bestimmten Region bedroht sein.

«Viele Personen fliehen aufgrund der allgemeinen Lage aus Afghanistan», sagt Wertheimer. Daher ist die Anerkennungsquote bei Gesuchstellern aus Afghanistan mit 11.3 Prozent im laufenden Jahr vergleichsweise gering. Allerdings sei die Schutzquote (vorläufige Aufnahme) mit 88.4 Prozent hoch.

4300 Unterbringungsplätze

Die Lage sei volatil und kurzfristig seien verschiedene Entwicklungen möglich, was seriöse Prognosen verunmögliche. Das SEM geht davon aus, dass die ursprüngliche Prognose von 29‘000 Asylgesuchen für 2015 deutlich übertroffen wird.

«Die steigende Anzahl Asylgesuche konnte bislang gut bewältigt werden», sagt Wertheimer. Doch die Unterbringungssituation sei angespannt. Verschiedene Grenzkantone haben Zivilschutzanlagen für die Voraufnahme bereitgestellt, die teils bereits bezogen wurden (BL, SH, TG). Die Empfangszentren des Bundes sind stark ausgelastet.

Seit dem Frühling ist die Zahl der Unterbringungsplätze von 2300 auf 3400 erhöht worden. In diesen Tagen wird sie laut SEM auf rund 4300 Plätze aufgestockt, unter anderem mit dem am Freitag eröffneten Bundeszentrum Glaubenberg und mehreren Zivilschutzanlagen.

Der Kanton St. Gallen hat sich mit einem Notfallkonzept auf die Ankunft von bis zu 1000 Personen pro Tag vorbereitet. Im Moment seien aber keine temporären Unterkünfte offen, sagte Jörg Köhler. Es laufe alles über das Empfangszentrum des Bundes in Altstätten. Falls während dreier Tage mehr als 200 Flüchtlinge an der Ostgrenze ankommen, werde das Notfallkonzept in Kraft gesetzt. Dann würden die vorbereiteten Zivilschutzanlagen geöffnet.

Schweiz als Transitland

Viele Flüchtlinge nutzen die Schweiz als Transitland. «Je mehr Migranten die Schweiz transitieren wollen, desto mehr werden weggewiesen», sagt Jasmin Blum von der EZV. Weggewiesen werden auch Migranten die kein Asyl in der Schweiz beantragen.

In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres wurden bereits 5361 Wegweisungen ausgesprochen. 2014 gab es 3589 Wegweisungen. Weggewiesen werden die Flüchtlinge in das Nachbarland, von dem sie in die Schweiz eingereist sind, zum Beispiel Österreich, Deutschland oder Italien. (sda)

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