Mit «Brokeback Mountain», der Verfilmung ihrer Geschichte über die heimliche Liebe zweier Cowboys, wurde Annie Proulx weltbekannt. Heute wird sie 80 - und wünscht, sie hätte die Kurzgeschichte nie geschrieben.
Sie denk nur ungern an ihre Vorlage für einen Oscar-gekrönten Film. «Ich wünschte, ich hätte die Geschichte nie geschrieben. Seit der Film herausgekommen ist, gab es deswegen nur Ärger, Probleme und Irritationen.»
Die Bewohner ihrer Wahlheimat Wyoming würden die Geschichte sowieso nicht lesen. «Ein grosser Teil von ihnen ist immer noch ausser sich vor Wut.» Aber der Film sei von vielen Leuten missverstanden worden: Es gehe gar nicht in erster Linie um die beiden Hauptdarsteller, sondern «um Homphobie, eine soziale Situation, einen Ort und eine besondere Denkart und Moral.»
Profunde Recherchen
Um ihre Sichtweise auf die Geschichte noch einmal zu unterstreichen, schrieb Proulx 2014 das Libretto zu einer darauf basierenden Oper, die in Madrid uraufgeführt wurde. Ansonsten aber hat sie die Geschichte abgehakt und seitdem schon zahlreiche erfolgreiche Bücher wie «Mitten in Amerika», «Hinterland», «Das grüne Akkordeon», «Hier hat's mir schon immer gefallen» und ihre Memoiren «Ein Haus in der Wildnis» veröffentlicht.
Weiterhin populär sind auch ihre Romane aus den frühen 90er Jahren - «Postkarten», für den sie als erste Frau den PEN/Faulkner-Preis bekam, und «Schiffsmeldungen», der ebenfalls erfolgreich verfilmt wurde und für den sie den Pulitzerpreis bekam.
Bevor sie mit Schreiben loslegt, erkundet sie Geologie und Geografie, Klima und Wetter ihrer Schauplätze und lebt den Alltag, den die Landstriche ihren Protagonisten diktieren. Proulx entdeckt Schönheit im Verfall und sieht Elend in vermeintlicher Harmonie. Kritiker loben ihren klaren und detailversessenen Stil.
Spätzünderin
Dabei kam die 1935 in Norwich, Connecticut, geborene Proulx erst mit mehr als 50 Jahren zum Schreiben. «Ich bin nur dazu gekommen, weil ich von irgendetwas leben musste. Und dann habe ich herausgefunden, dass ich es wirklich kann.» Davor gab es ein kurz vor der Promotion abgebrochenes Studium, etliche Jobs, «zu viele Ehen», vier Kinder, Ratgeber, Kochbücher und Jahrzehnte im eher verträumten Neuengland. (sda/dpa)