Der brasilianische Ex-Präsident Inácio Lula da Silva wehrt sich gegen den gegen ihn erlassenen Haftbefehl. In der Nacht zum Freitag (Ortszeit) legten seine Anwälte Rechtsmittel ein, um eine Inhaftierung des früheren Staatschefs zu verhindern.
Am Donnerstag hatte Richter Sérgio Moro Haftbefehl gegen den wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilten Lula erlassen. Er sollte sich am Freitag bis 17.00 Uhr (22 Uhr MESZ) der Polizei in der südbrasilianischen Stadt Curitiba stellen. Der Ex-Präsident erklärte am Freitagmorgen (Ortszeit) in einem Telefongespräch mit der Zeitung «Folha de São Paulo», er bleibe vorerst in São Paulo und werde nicht nach Curitiba fliegen, um sich der Polizei zu stellen.
Der Oberste Bundesgerichtshof Brasiliens (STF) hatte zuvor einen Antrag Lulas abgewiesen, bis zum Abschluss eines Berufungsverfahrens auf freiem Fuss zu bleiben. Der 72-Jährige soll in dem Skandal um Schmiergelder bei Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras von dem Bauunternehmen OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen haben.
Lula verbrachte die Nacht zum Freitag im Sitz der Metallarbeitergewerkschaft von São Bernardo do Campo in der Umgebung von São Paulo, wo er Ende der 1970er Jahre seine Laufbahn begonnen hatte. Vor dem Gewerkschaftsgebäude versammelten sich am Freitag zahlreiche Anhänger des ehemaligen Staatschefs.
Weitere Berufungsinstanzen offen
Dem 72-jährigen Ex-Präsidenten stehen noch weitere Berufungsinstanzen gegen den Haftbefehl Moros vor dem Obersten Gerichtshof (STJ) und dem für Verfassungsfragen zuständigen STF offen.
Lula war zwischen 2003 und 2011 brasilianischer Staatschef. Bei der Wahl im Oktober wollte er erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. Der Ex-Präsident liegt in Umfragen mit bis zu 36 Prozent deutlich vorn.
Die linke Arbeiterpartei (PT) wollte die erneute Präsidentschaftskandidatur Lulas auch im Fall seiner Inhaftierung aufrechterhalten. «Lula bleibt unser Kandidat», sagte die Parteivorsitzende Gleisi Hoffmann am Donnerstag kurz vor Bekanntgabe des Haftbefehls nach einem Treffen der Parteispitze in São Paulo, an dem auch Ex-Präsidentin Dilma Rousseff teilnahm. Mit der «politisch motivierten» Haft Lulas verwandele sich Brasilien in eine «Bananenrepublik», sagte Hoffmann.
Lulas Bewerbung für die Präsidentenwahl im Oktober steht in Frage, weil ein Gesetz es in zweiter Instanz Verurteilten bis acht Jahre nach dem Urteil verbietet, bei Wahlen anzutreten. Das Gesetz lässt aber auch einen Revisionsantrag zu, wenn gegen die Verurteilung noch Berufung in dritter und vierter Instanz eingelegt worden ist. Den könnte Lula im August beim Obersten Wahlgericht stellen, wenn die Behörden die Einschreibung seiner Kandidatur ablehnen. (sda/dpa)