Die Zeremonie zur Eröffnung des neuen Gotthard-Basistunnels ist beendet. Nach zahlreichen Grussbotschaften der europäischen Staats- und Regierungschefs schnitt Bundespräsident vor dem Südportal in Pollegio das rote Band durch. Nun gehört der Tunnel offiziell der SBB.
Unter anderen Angela Merkel, François Hollande und Matteo Renzi waren am Nachmittag durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt gefahren. Sie genossen zwar einige Vorzüge - mussten aber auch ein paar SBB-Eigenheiten erdulden.
Die Fahrt dauerte für die Staatsoberhäupter etwas länger als für die normalen Fahrgäste: rund dreissig statt nur zwanzig Minuten. Zudem war der Tunnel für die Staatsoberhäupter/-innen ausnahmsweise beleuchtet. Selbstverständlich reisten sie 1. Klasse und waren unter sich - die Medien hatten mit Ausnahme von Schweizer Radio und Fernsehen SRF keinen Zugang.
Im TV war folglich zu sehen, wie sich Bundespräsident Johann Schneider-Ammann angeregt mit Merkel unterhielt. Im gleichen Abteil diskutierten Renzi und Hollande miteinander.
Mit Ausnahme der «Gottardo 2016»-Lokomotive reisten die Prominenten in einem normalen Zug. Sogar die Lautsprecherdurchsage schepperte im unverwechselbaren SBB-Ton, wie eine Korrespondentin berichtete. Nach der Ankunft des Zugs geht die Feier im Süden weiter. Mittlerweile fallen im Tessin einige Regentropfen.
«Bahn frei!»
Mit der ersten offiziellen Fahrt von zwei Personenzügen war der neue Gotthard-Basistunnel am Mittwochmittag eingeweiht worden. 1000 Personen, die in der Verlosung ein Ticket ergattern konnten und in den ersten Festzügen durch den neuen Tunnel fahren durften, wurden nach der Fahrt von den Ehrengästen, dem Militärspiel und einem Feuerwerk empfangen.
Den Startschuss für die Abfahrt hatte Bundespräsident Schneider-Ammann gegeben mit den Worten «Bahn frei! Place aux trains! Via libra pils trens! Via libera ai treni!» Während der Fahrt der Züge wurde den Gästen an den beiden Portalen ein Spektakel zum Mythos Gotthard und dem hochmodernen neuen Tunnel gezeigt.
Die Inszenierung mit 600 Darstellerinnen und Darstellern fand gleichzeitig in Pollegio TI und Rynächt UR statt. Die Freilicht-Inszenierung in Pollegio ging nach tagelangen Regenfällen im Tessin am Mittwoch sogar trocken über die Bühne. Die Inszenierung in Rynächt fand in einer langen und kahlen Betonhalle statt. Sie wurde durch Licht und Ton in eine gespenstische Atmosphäre getaucht.
Segnung eines Mustertunnels
Zum Auftakt der Feierlichkeiten war der Tunnel gesegnet worden. Geistliche dreier Religionen führten am Morgen gemeinsam eine Segnungszeremonie durch. Diese fand aus Sicherheitsgründen nicht im Tunnel selbst, sondern beim Zuganggsstollen Amsteg in einem sogenannten Mustertunnel zwei Kilometer tief im Berg drin statt.
Im Licht von einigen wenigen Scheinwerfern beteten ein Pater, eine Pfarrerin, ein Imam und ein Rabbiner um den Segen für alle Reisenden und Arbeiter im Tunnel. Auch ein Atheist nahm an der Zeremonie teil. Die schlichte Zeremonie kam ohne Musik und Publikum aus.
Auch Brüssel feiert mit
Die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels wurde auch in Brüssel gefeiert - im 2015 neu eröffneten Eisenbahnmuseum. Geschätzte 130 Gäste kamen zu diesem Anlass.
Es gebe in Brüssel ein paar Probleme mit den Tunnels, vielleicht könne man ja von der Schweiz lernen, wurde gewitzelt. Denn in der Hauptstadt der EU mussten mehrere Strassentunnels geschlossen werden, weil die Decke herunterbröckelte. Entsprechend gross ist der Stau zu Stosszeiten - und der Unmut der Pendler.
Ganz anders die Stimmung im Eisenbahnmuseum, das sich im alten Bahnhof des Brüsseler Quartier Schaerbeek befindet. Entspannt begrüsste Christian Meuwly, Schweizer Botschafter in Belgien, die geladenen Gäste.
Nach dem offiziellen Eröffnungsteil wurde geplaudert, Schweizer Käse und Risotto gegessen - und mit Wein aus dem Tessin heruntergespült. Neben dem Geniessen von Schweizer Spezialitäten ist der Gotthard-Anlass ideal für das Knüpfen und Vertiefen von Kontakten, wie alle Anlässe in Brüssel. (sda)