Wer beruflich regelmässig Kontakt zu Kindern hat, soll bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls die Behörden informieren müssen. Die Rechtskommission des Nationalrates ist damit einverstanden, hat aber beschlossen, den Begriff des Kindeswohls zu konkretisieren.
Die neuen Melderechte und Meldepflichten gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) sollen dann gelten, wenn die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität einer minderjährigen Person gefährdet erscheint.
Weiter soll nach dem Willen der Kommission die Meldepflicht auch dann als erfüllt gelten, wenn eine meldepflichtige Fachperson die Meldung an die vorgesetzte Person richtet. Anders als der Ständerat möchte die Nationalratskommission ferner den Kantonen die Möglichkeit offen lassen, weitergehende Meldepflichten gegenüber der KESB vorzusehen.
Nationalrat zunächst dagegen
In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Kindesschutzvorlage mit 15 zu 8 Stimmen angenommen, wie die Parlamentsdienste am Montag mitteilten. Das Geschäft ist nun bereit für den Nationalrat. Dieser hatte im Frühjahr 2016 mit 96 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, nicht auf die Vorlage einzutreten. SVP und FDP konnten sich durchsetzen.
Der Ständerat hiess die Gesetzesänderungen mit grosser Mehrheit gut. Die Nationalratskommission änderte daraufhin ihre Meinung und beschloss im vergangenen Frühjahr, auf die Vorlage einzutreten. Ursprünglich hatte das Parlament den Bundesrat beauftragt, das Gesetz zu verschärfen.
Meldepflichten ausweiten
Neu sollen beispielsweise auch Angestellte von Kinderkrippen verpflichtet sein, bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls Meldung an die Kindesschutzbehörden zu erstatten. Die Pflicht soll generell für alle Fachpersonen gelten, die beruflich regelmässig mit Kindern Kontakt haben.
Heute müssen nur Personen in amtlicher Tätigkeit - beispielsweise Lehrer oder Sozialarbeiter - den Behörden grundsätzlich mitteilen, wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung besteht.
Berufsgeheimnis geht vor
Untersteht eine Person dem Berufsgeheimnis, soll sie nach dem Vorschlag des Bundesrates nicht verpflichtet, aber berechtigt sein, sich an die Kindesschutzbehörde zu wenden. Das betrifft etwa Ärztinnen, Psychologen und Anwälte. Heute dürfen diese nur Meldung erstatten, wenn eine strafbare Handlung vorliegt. Künftig sollen sie vorher einschreiten können.
Personen, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, sollen der Kindesschutzbehörde auch bei der Abklärung des Sachverhalts helfen, wenn die vorgesetzte Behörde oder die Aufsichtsbehörde sie auf Gesuch der Kindesschutzbehörde vom Berufsgeheimnis entbunden hat. Nach dem Willen des Ständerates und der Nationalratskommission soll das allerdings für Anwälte nicht gelten: Für sie soll das Berufsgeheimnis vorgehen. (sda)