Das Dorf La Brévine im Neuenburger Jura gilt als «Sibirien der Schweiz» und muss trotz Klimaerwärmung nicht um diesen Titel fürchten. Heute Samstag wird erneut das Fest der Kälte gefeiert, mit dem die Gemeinde seit 2012 den Tourismus ankurbeln will.
Auf dem Festprogramm stehen unter anderem ein Flug in einem Fesselballon, ein Wettbewerb für das schönste Ski-Gewand aus vergangenen Zeiten oder Schlittenfahrten, wie die Veranstalter mitteilten.
Von 10 Uhr bis 17 Uhr sollen zudem Wintersportbegeisterte wie Langläufer, Schneeschuhläufer oder Wanderer die Region entdecken können, sofern der Schnee reicht. Der 2012 lancierte Anlass lockt immer mehr Besucher an - 2000 waren es im vergangenen Winter.
Die Gemeindebehörden wollten damit den für seine Kälte weitherum bekannten Ort touristisch nutzen. Für Jean-Maurice Gasser, Präsident der Trägervereinigung «Vallée de la Brévine - Sibérie de la Suisse», gelang das auch: «Wir ziehen eine sehr positive Bilanz, die Leute kommen im Winter, aber sie kehren auch im Sommer zurück».
La Brévine habe sich damit einen Platz im sanften Tourismus erobert. Die Vereinigung rief das Fest der Kälte ein Vierteljahrhundert nach dem Kälterekord von 1987 mit minus 41.8 Grad ins Leben. In diesem Winter zeigt sich das Wetter aber milder.
Die kältesten Temperaturen wurden am 18. Januar mit minus 29.3 Grad gemessen. Allerdings muss La Brévine nicht befürchten, durch die Klimaerwärmung seinen Titel als kältesten Ort der Schweiz zu verlieren.
Tal als Kaltluftsee
Grund dafür sind die topografischen Bedingungen, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der Universität Neuenburg und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zeigte.
Im zwischen 1030 und 1300 Meter über Meer gelegenen Tal entstehen immer wieder regelrechte Kaltluftseen - dieses Wetterphänomen konnte in der Studie mit 46 Messtationen nachgewiesen werden. Dabei ist es am Boden kälter als in der Höhe.
Zu dieser Umkehrung der Luft kommt es laut einem der Studienautoren, wenn die Wetterbedingungen stabil bleiben, ein hoher Luftdruck herrscht, keine Wolken den Himmel verdecken und kein starker Wind weht. Die kalte Luft, die schwerer ist als die warme, sammle sich dann im Tal an und könne nicht abfliessen.
Im vergangenen Winter wurden bis zu 28 Grad Temperatur-Unterschied zwischen dem Talboden und den umliegenden Jurahöhen gemessen. Weil das Phänomen damit nur vom lokalen Wetter abhängt, kann La Brévine dem Klimawandel gelassen entgegen sehen. (sda)