Das Schweizer Strassennetz braucht eine solide Finanzierung und neue Einnahmen. Dazu soll der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) geschaffen werden. Der Ständerat diskutiert heute Dienstag als Erstrat über die Vorlage.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die kleine Kammer damit befasst. Letzten Herbst wies sie den NAF aber an die Kommission zurück. Diese sollte den so genannten Netzbeschluss in der Vorlage unterbringen. Damit sollen 400 Kilometer Strasse in der Zuständigkeit der Kantone auf den Bund übertragen werden.
Weil dies mit einer Erhöhung des Vignettenpreises auf 100 Franken finanziert werden sollte, scheiterte das Vorhaben 2013 an der Urne. Die Kantone blieben auf den Kosten sitzen, was die Sache für die Standesvertreter dringlich machte.
Die Verkehrskommission (KVF) schlägt nun vor, dass die Kantone 60 Millionen Franken pro Jahr zur Umsetzung des Netzbeschlusses beisteuern. Der Bund soll 5 Prozent der Mineralölsteuer beitragen, also rund 125 Millionen Franken pro Jahr. Dieser Betrag fehlt dann in der Bundeskasse.
Milde mit Autofahrern
Auch zur Alimentierung des NAF will sich die Kommission bei der Bundeskasse bedienen. Die Hälfte der Erträge der Mineralölsteuer, rund 1.5 Milliarden Franken, sind ohnehin schon der Strasse gewidmet. Die Kommission will nun noch zusätzliche 5 Prozent für den Fonds abzweigen. Das wären weitere 125 Millionen Franken, die dem Bund entgehen.
Die Autofahrer hingegen sollen nach den Plänen der KVF geschont werden. Der Bundesrat wollte den Mineralölsteuerzuschlag eigentlich um 15 Rappen auf 45 Rappen anheben. Dieser Zuschlag ist letztmals 1974 erhöht worden. In der Vernehmlassung hagelte es Kritik, weshalb der Bundesrat eine Erhöhung um vorerst 6 Rappen vorschlug.
Die Kommission beantragt dem Rat jedoch eine Erhöhung um bloss 4 Rappen vor. Sie hofft, damit der Milchkuh-Initiative, über die am 5. Juni abgestimmt wird, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Diese will der Strasse die gesamte Mineralölsteuer und die Vignetten-Einnahmen zukommen lassen.
Neue Einnahmequellen
Für den neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds sind folgende Einnahmequellen vorgesehen: Der Mineralölsteuerzuschlag von knapp 2 Milliarden Franken, die Einnahmen aus der Autobahnvignette von rund 320 Millionen Franken, die Einnahmen der Importsteuer auf Autos von 375 Millionen Franken und ab 2020 eine neue Abgabe für Elektrofahrzeuge. Insgesamt würden so rund 3 Milliarden Franken zusammenkommen.
Mit dem Geld soll das in die Jahre gekommene Nationalstrassennetz fertiggestellt, betrieben, unterhalten und ausgebaut werden. Zudem kann der Bund wichtige Verkehrsprojekte in den Agglomerationen finanzieren. Ohne neue Einnahmequellen droht ab 2017 eine Finanzierungslücke von 1.2 Milliarden Franken pro Jahr.
Grund dafür ist, dass die Kosten steigen, nicht zuletzt wegen des Alters der Nationalstrassen und des hohen Verkehrsaufkommens. Gleichzeitig sinken die Einnahmen aus Treibstoffsteuern, weil die Autos immer sparsamer werden.
Jene Hälfte der Mineralölsteuer-Einnahmen, die der Strasse gewidmet ist, soll in die Spezialfinanzierung Strassenverkehr fliessen. Aus dieser so genannten Strassenkasse würde der Bund Beiträge an die Kantone im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr leisten, etwa für Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen oder Beiträge für Umweltschutz, Landschaftsschutz und Schutz vor Naturgefahren.
Volksabstimmung nötig
Ob die Einnahmen für alle Aufgaben reichen, ist unklar. Der Bundesrat will dem Parlament ab 2018 alle vier Jahre das aktualisierte Strategische Entwicklungsprogramm Strasse (STEP) vorlegen. Die erste Tranche bis 2030 umfasst Projekte für 6.5 Milliarden Franken.
Im Grundsatz ist der NAF im Ständerat nicht umstritten. Zu reden geben dürften Anträge, die eine andere Aufteilung der Mittel verlangen. Weil der NAF in der Bundesverfassung verankert wird, hat das Volk das letzte Wort. (sda)