In Malaysia haben zehntausende Menschen den Rücktritt von Regierungschef Najib Razak gefordert. Trotz eines Versammlungsverbotes beteiligten sich die Demonstranten am Samstag an einer Kundgebung im Stadtzentrum von Kuala Lumpur.
Laut malaysischen Medienberichten gab es rund 80'000 Teilnehmer. Viele von ihnen trugen gelbe T-Shirts - das eigentlich verbotene Markenzeichen der Demokratiebewegung Bersih, die zu dem Massenprotest aufgerufen hatte. Die Proteste verliefen friedlich.
Najib steht seit Wochen wegen einer Korruptionsaffäre unter Druck. Im Juli hatte das «Wall Street Journal» enthüllt, dass seit 2013 umgerechnet mehr als 600 Millionen Dollar auf Privatkonten von Najib eingezahlt worden waren.
Nach Angaben von Regierungsmitgliedern handelte es sich um «politische Spenden» von ungenannten Geldgebern aus dem Nahen Osten. Najib selbst sieht in den Korruptionsvorwürfen eine «Verschwörung».
Korruptionsfreies Land als Ziel
Viele Malaysier sind über die mysteriösen Überweisungen empört. «Wir wollen Najib zeigen, dass ihn viele Leute nicht wollen», sagte die pensionierte Lehrerin Sheila Devaraj bei der Demonstration.
Der Korruptionsskandal sei «eine Beleidigung, die zu all unserem Leid noch dazukommt», fügte die 58-Jährige mit Blick auf steigende Preise, die drohende Wirtschaftsflaute und den Verfall der malaysischen Währung hinzu.
«Ich habe ein sechs Monate altes Baby», sagte der Geschäftsmann Ng Chong Yee. «Die Kleine soll in einem demokratischen Land aufwachsen, das frei von Korruption ist.» Demonstrationen gab es auch in Kuching und Kota Kinabalu auf Borneo.
Zweitägige Proteste
Das Oppositionsbündnis Bersih kündigte an, bis Sonntag zwei Tage lang zu demonstrieren. Um zu verhindern, dass die Demonstranten wie geplant über Nacht den Unabhängigkeitsplatz im Stadtzentrum besetzen, marschierten zahlreiche Sicherheitskräfte auf. Auch Strassensperren wurden errichtet.
Regierungschef Najib hatte die Demonstration kurz vor dem Unabhängigkeitstag am Montag im Vorfeld als respektlos bezeichnet. «Verstehen sie das? Sind ihr Patriotismus und die Liebe zu ihrem Vaterland so oberflächlich und armselig?», sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Bernama über die Demonstranten.
Korruptionsermittlungen stocken
Die seit dem Jahr 1957 regierende Nationale Front steht seit langem wegen Korruption und Vetternwirtschaft sowie Najibs autoritären Regierungsstils in der Kritik. Die Korruptionsermittlungen treten auf der Stelle. Najib hatte kürzlich Beamte entlassen, die an den Ermittlungen beteiligt waren.
Die Organisation Transparency International bemängelte, Najibs Regierung sei im Umgang mit den Bestechlichkeitsvorwürfen gescheitert, Amtspersonen handelten weiter unter dem Schutzmantel der «Straflosigkeit». Gegen den Familienclan Najibs wurden Vorwürfe laut, er sei an Millionen-Investitionen im Ausland beteiligt.
Vor dem Hintergrund eines starken Wertverfalls der Landeswährung Ringgit ist die Einführung einer Verbrauchssteuer in der Bevölkerung ausgesprochen unbeliebt. Die Regierung sei korrupt, führe zugleich aber neue Abgaben für die Bevölkerung ein, beklagte die Menschenrechtsaktivistin Ambiga Sreenevasan. «Die Menschen haben genug davon.» (sda/afp)