Blogs
Down by Law

Sozialhilfe im Ausland: Wann habe ich Anspruch?

Bild
Bild: Shutterstock
Down by Law

Kann ich Sozialhilfe beziehen, wenn ich im Ausland lebe?

Gut 10 Prozent der Personen mit einem Schweizer Pass leben im Ausland. Nur ein ganz kleiner Bruchteil davon ist bedürftig und hat möglicherweise Anspruch auf Sozialhilfe aus der Schweiz. Die Voraussetzungen dafür sind aber nicht ohne.
29.12.2025, 11:2629.12.2025, 11:26
Vera Beutler / lex4you by TCS
Vera Beutler / lex4you by TCS

Auslandschweizer ist, wer in der Schweiz keinen Wohnsitz hat und im Auslandschweizerregister eingetragen ist. Das Auslandschweizergesetz legt die Eigenverantwortung als Grundsatz fest und bestimmt, dass eine im Ausland lebende Person mit Schweizerischer Staatsbürgerschaft finanziell in aller Regel selber für sich sorgen muss. Ist sie dazu nicht fähig, kann sie ein Sozialhilfegesuch bei der zuständigen Vertretung einreichen, welche es an die Konsularische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (KD) weiterleitet.

«Der Anspruch auf wiederkehrende Sozialhilfe besteht nur dann, wenn die gesuchstellende Person im Ausland verwurzelt ist. Dabei hilft es, wenn man die Sprache am Wohnort spricht.»

Sozialhilfe als letztes Mittel

Verfügt die Gesuchstellerin noch über eine weitere Staatsbürgerschaft, klärt die KD zunächst ab, welche Staatsangehörigkeit vorherrschend ist. Grundsätzlich besteht nur dann Anspruch auf Sozialhilfe, wenn die schweizerische Staatsangehörigkeit vorherrschend ist. Die KD überprüft, wo sich die Person in ihrer Kindheit und in der Ausbildungszeit aufgehalten hat oder wie lange sie im entsprechenden ausländischen Staat lebt.

Contentpartnerschaft mit TCS / lex4you.ch
Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit TCS Rechtsschutz und seiner interaktiven Rechtsauskunftsplattform lex4you.ch. Die Fragen stammen direkt aus dem Alltag von Rechtsschutzversicherten – kompetent beantwortet von der Juristin und Leiterin von lex4you.ch, Vera Beutler. Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

In einem weiteren Schritt prüft die KD, ob Ausschlussgründe vorliegen: Sozialhilfe gibt es insbesondere dann nicht, wenn die Person schweizerische öffentliche Interessen schwer geschädigt hat, ihre Mitwirkungspflicht verletzt, das ihr Zumutbare, um ihre Lage zu verbessern, offensichtlich unterlässt oder Sozialhilfeleistungen missbräuchlich verwendet.

Das Bundesverwaltungsgericht lehnte in diesem Sinne den Anspruch auf Sozialhilfe einer Frau mit Schweizer Pass, welche bereits mit 38 Jahren in ihr Geburtsland Südkorea zurückkehrte, ab: «In einem solch relativ jungen Alter darf von einer Person erwartet werden, dass sie sich aktiv um ihre Integration in den lokalen Arbeitsmarkt bemüht und sich nötigenfalls die beruflichen oder sprachlichen Fertigkeiten vermittels Ausbildung anzueignen versucht».

Ebenfalls keinen Erfolg mit seinem Gesuch hatte ein in Russland lebender Schweizer vor dem Bundesverwaltungsgericht, hier die Begründung: «Indem der Beschwerdeführer die Behörde über das Vorhandensein eines in Wirklichkeit nicht existierenden Arbeitsverhältnisses täuschte und dazu gefälschte Unterlagen einreichte, verletzte er seine Mitwirkungspflicht in schwerwiegender Weise und manifestierte dadurch im Übrigen auch eine erhebliche kriminelle Energie».

Strenge Voraussetzungen für wiederkehrende Sozialhilfe

Ohne Ausschlussgründe richten sich Art und Umfang der Sozialhilfe nach «den besonderen Verhältnissen des Empfangsstaates». Die Sozialhilfe kann den Grundbedarf und Kosten wie den Mietzins oder Krankenversicherungsprämie umfassen. Dabei gilt ein Vermögensfreibetrag, der für Einzelpersonen höchstens das Sechsfache und für Ehepaare höchstens das Zwölffache des vor Ort anwendbaren Grundbedarfes beträgt. Hat der Gesuchsteller minderjährige Kinder, erhöht die KD den Vermögensbeitrag pro Kind um höchstens das Dreifache des Haushaltgeldes.

Die KD kann die Sozialhilfe einmalig oder wiederkehrend ausrichten. In letzterem Fall sichert sie die Sozialhilfe jeweils für höchstens ein Jahr zu. Der Anspruch auf wiederkehrende Sozialhilfe besteht nur dann, wenn die gesuchstellende Person verwurzelt ist. Dabei hilft es, wenn man die Sprache am Wohnort spricht. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte deswegen die Verwurzelung bei einem in Ungarn lebenden Schweizer: Er finanzierte sich vor der Gesuchseinreichung primär über Zuwendungen seiner Eltern und seine Pensionskasse und sprach kein Ungarisch.

Der Bund kann dem Bedürftigen nahelegen, in die Schweiz zurückzukommen. Er übernimmt in diesem Fall die Reisekosten. Er übernimmt die Reisekosten auch dann, wenn der bedürftige Auslandschweizer von sich aus und endgültig in die Schweiz zurückkehrt.

Wie bei der regulären Sozialhilfe gilt auch bei der Sozialhilfe des Bundes eine Rückerstattungspflicht, sofern der Sozialhilfebezüger keiner Sozialhilfe mehr bedarf und sein angemessener Lebensunterhalt gesichert ist. Die KD entscheidet im konkreten Fall über die Rückerstattung. Um viel geht es dabei jedoch unter dem Strich nicht: Auslandschweizer erhielten 2024 gut 800'000 Franken. Zum Vergleich: Die im Inland ausbezahlte Sozialhilfe beläuft sich auf etwa 2,5 Milliarden Franken jährlich.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wegen dieser Bilder fliegt Frührentner Jürgen aus dem Altersheim
1 / 13
Wegen dieser Bilder fliegt Frührentner Jürgen aus dem Altersheim
Die Bilder, die Frührentner Jürgen aus der Seniorenresidenz Noris in Nürnberg auf Facebook postet, sind beklemmend. Sie zeigen, wie klein und lieblos angerichtet die Portionen sind. Wegen seiner Facebook-Aktivitäten muss Jürgen das Heim verlassen. Die Bildlegenden unter den folgenden Bildern sind die Beschreibungen, mit denen Jürgen die Fotos auf seinem FB-Account kommentiert hat: «Mittag, 17. Juni 2015 - 4 Würstchen mit Essig, eine Scheibe Brot». ... Mehr lesen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Rentner Claudio* hat mit 55 seinen Job verloren und nie mehr einen gefunden – so lebt er seither
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
27 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Quilombo
29.12.2025 14:23registriert September 2025
Die rund 800'000 Franken Sozialhilfe an diese in Not geratene Auslandsschweizer sind Peanuts. Müssten die in die Schweiz zurückkehren, dann käme es die Sozialwerke viel teurer. Ausserdem wird doch ziemlich intensiv geprüft und diese Hilfe bekommt man nicht so leicht.
Dagegen sind die EL Beiträge an 1420 in der CH wohnhafte Ausländer in der CH ohne sonstige Rentenleistungen (AHV oder IV) mit 43 Mio, möglich durch ein Schlupfloch, einiges substanzieller. Im Vergleich bekommen gerade mal 800 Schweizer EL ohne eine Grundrente von AHV oder IV.
Jetzt hat ein SVPler dies bemängelt - BR/NR wussten nix
3313
Melden
Zum Kommentar
27
2026 wird die Schweiz 3 entscheidende Herausforderungen meistern müssen
Das Jahr 2025 neigt sich dem Ende zu. Es war für die Schweiz turbulent. Für Ivan Slatkine ist dies eine Gelegenheit für die Schweizerinnen und Schweizer, sich selbst zu hinterfragen und sich auf die Herausforderungen des Jahres 2026 vorzubereiten.
Es war einmal eine offene, berechenbare Welt, aufgebaut auf gemeinsamen Regeln und Werten. Eine Welt, in der die Schweiz, eingebettet zwischen Bergen und Seen, mit beinahe unverschämter Zuversicht voranschritt, gestützt auf ihren Pragmatismus und ihre Beherrschung der Kunst des Kompromisses. Die Ordnung schien unveränderlich, die Bündnisse beruhigend, die Stabilität gesichert. Diese Welt gibt es nicht mehr!
Zur Story