Kann ich Sozialhilfe beziehen, wenn ich im Ausland lebe?
Auslandschweizer ist, wer in der Schweiz keinen Wohnsitz hat und im Auslandschweizerregister eingetragen ist. Das Auslandschweizergesetz legt die Eigenverantwortung als Grundsatz fest und bestimmt, dass eine im Ausland lebende Person mit Schweizerischer Staatsbürgerschaft finanziell in aller Regel selber für sich sorgen muss. Ist sie dazu nicht fähig, kann sie ein Sozialhilfegesuch bei der zuständigen Vertretung einreichen, welche es an die Konsularische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (KD) weiterleitet.
Sozialhilfe als letztes Mittel
Verfügt die Gesuchstellerin noch über eine weitere Staatsbürgerschaft, klärt die KD zunächst ab, welche Staatsangehörigkeit vorherrschend ist. Grundsätzlich besteht nur dann Anspruch auf Sozialhilfe, wenn die schweizerische Staatsangehörigkeit vorherrschend ist. Die KD überprüft, wo sich die Person in ihrer Kindheit und in der Ausbildungszeit aufgehalten hat oder wie lange sie im entsprechenden ausländischen Staat lebt.
In einem weiteren Schritt prüft die KD, ob Ausschlussgründe vorliegen: Sozialhilfe gibt es insbesondere dann nicht, wenn die Person schweizerische öffentliche Interessen schwer geschädigt hat, ihre Mitwirkungspflicht verletzt, das ihr Zumutbare, um ihre Lage zu verbessern, offensichtlich unterlässt oder Sozialhilfeleistungen missbräuchlich verwendet.
Das Bundesverwaltungsgericht lehnte in diesem Sinne den Anspruch auf Sozialhilfe einer Frau mit Schweizer Pass, welche bereits mit 38 Jahren in ihr Geburtsland Südkorea zurückkehrte, ab: «In einem solch relativ jungen Alter darf von einer Person erwartet werden, dass sie sich aktiv um ihre Integration in den lokalen Arbeitsmarkt bemüht und sich nötigenfalls die beruflichen oder sprachlichen Fertigkeiten vermittels Ausbildung anzueignen versucht».
Ebenfalls keinen Erfolg mit seinem Gesuch hatte ein in Russland lebender Schweizer vor dem Bundesverwaltungsgericht, hier die Begründung: «Indem der Beschwerdeführer die Behörde über das Vorhandensein eines in Wirklichkeit nicht existierenden Arbeitsverhältnisses täuschte und dazu gefälschte Unterlagen einreichte, verletzte er seine Mitwirkungspflicht in schwerwiegender Weise und manifestierte dadurch im Übrigen auch eine erhebliche kriminelle Energie».
Strenge Voraussetzungen für wiederkehrende Sozialhilfe
Ohne Ausschlussgründe richten sich Art und Umfang der Sozialhilfe nach «den besonderen Verhältnissen des Empfangsstaates». Die Sozialhilfe kann den Grundbedarf und Kosten wie den Mietzins oder Krankenversicherungsprämie umfassen. Dabei gilt ein Vermögensfreibetrag, der für Einzelpersonen höchstens das Sechsfache und für Ehepaare höchstens das Zwölffache des vor Ort anwendbaren Grundbedarfes beträgt. Hat der Gesuchsteller minderjährige Kinder, erhöht die KD den Vermögensbeitrag pro Kind um höchstens das Dreifache des Haushaltgeldes.
Die KD kann die Sozialhilfe einmalig oder wiederkehrend ausrichten. In letzterem Fall sichert sie die Sozialhilfe jeweils für höchstens ein Jahr zu. Der Anspruch auf wiederkehrende Sozialhilfe besteht nur dann, wenn die gesuchstellende Person verwurzelt ist. Dabei hilft es, wenn man die Sprache am Wohnort spricht. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte deswegen die Verwurzelung bei einem in Ungarn lebenden Schweizer: Er finanzierte sich vor der Gesuchseinreichung primär über Zuwendungen seiner Eltern und seine Pensionskasse und sprach kein Ungarisch.
Der Bund kann dem Bedürftigen nahelegen, in die Schweiz zurückzukommen. Er übernimmt in diesem Fall die Reisekosten. Er übernimmt die Reisekosten auch dann, wenn der bedürftige Auslandschweizer von sich aus und endgültig in die Schweiz zurückkehrt.
Wie bei der regulären Sozialhilfe gilt auch bei der Sozialhilfe des Bundes eine Rückerstattungspflicht, sofern der Sozialhilfebezüger keiner Sozialhilfe mehr bedarf und sein angemessener Lebensunterhalt gesichert ist. Die KD entscheidet im konkreten Fall über die Rückerstattung. Um viel geht es dabei jedoch unter dem Strich nicht: Auslandschweizer erhielten 2024 gut 800'000 Franken. Zum Vergleich: Die im Inland ausbezahlte Sozialhilfe beläuft sich auf etwa 2,5 Milliarden Franken jährlich.
