Im Streit um das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm erhöhen die USA den Druck. Die Zeit für weitere Gespräche sei beendet, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley.
Haley lehnte am Sonntag (Ortszeit) eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates ab, solange Nordkorea keine Konsequenzen durch die internationale Gemeinschaft befürchten müsse.
Nordkorea habe bereits straflos gegen zahlreiche UNO-Resolutionen verstossen. Eine weitere Resolution sei schlimmer als nichts, weil sie nur die Botschaft an Nordkoreas «Diktator» Kim Jong Un sende, dass die internationale Gemeinschaft nicht willens sei, ihn ernsthaft herauszufordern.
Nach den Worten von US-Vizepräsident Mike Pence liegen «alle Optionen auf dem Tisch» - diese Formulierung schliesst eine Militäraktion ein. Die USA würden die Unterstützung von Ländern in der Region sowie weltweit einfordern, um Nordkorea wirtschaftlich und diplomatisch weiter zu isolieren, sagte Pence bei einem Besuch in Estland. Insbesondere China, der engste Verbündete Nordkoreas, stehe in der Pflicht.
Interkontinentalrakete getestet
Nordkorea hatte am Freitag zum zweiten Mal binnen eines Monats ungeachtet aller UNO-Resolutionen und Warnungen eine Interkontinentalrakete getestet. Nach den Worten von Machthaber Kim Jong Un ist jetzt das gesamte Festland der USA in Reichweite.
Nach Berechnungen von Raketenexperten hätte die Rakete vom Typ Hwasong-14 theoretisch eine Reichweite von rund 10'000 Kilometern. Sie könnte US-Städte wie Los Angeles, Denver oder Chicago treffen.
US-Präsident Donald Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bezeichneten in einem Telefongespräch Nordkorea als «ernsthafte und zunehmend direkte Bedrohung der USA, Japans, Südkoreas und anderer Länder nah und fern». Abe sagte am Montag: «Ich stimme mit Präsident Trump voll überein in der Erkenntnis, dass wir weitere Aktionen ergreifen müssen.»
Absicherung für Kim Jong Un
Der Nordkorea-Experte Andrei Lankov warnte am Montag im Sender Bloomberg TV vor überzogenen Erwartungen, dass Nordkorea unter Druck sein Atom- und Raketenprogramm aufgeben könnte. Der Führung in Pjöngjang gehe es vor allem um Sicherheit.
«Er (Staatschef Kim Jong Un) glaubt, dass die grundlegende und einzige Bedingung, die Sicherheit und das Überleben seines Regimes abzusichern, die Fähigkeit ist, einen Atomsprengkopf in Richtung Festland der USA zu senden.» Die Frage sei, ob er bereits Atomsprengköpfe auf Raketen montieren könne oder ob dies erst in sehr naher Zukunft möglich sei.
Druck auf Peking
Die USA erhöhen nun vor allem den Druck auf China, den wichtigsten Verbündeten der weithin isolierten Führung in Pjöngjang. Durch seine besondere Beziehung zu Nordkorea habe das Land eine «einzigartige Fähigkeit, Entscheidungen dieses Regimes zu beeinflussen», sagte Vizepräsident Pence.
China akzeptiert genau wie Südkorea und die USA keine Raketen- und Atomtests Nordkoreas und hält sich an die Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates. Seit Anfang Februar nimmt China keine Kohlelieferungen mehr aus Nordkorea an und unterbindet damit eine wichtige Einnahmequelle des Nachbarlandes.
Das chinesische Aussenministerium erklärte am Montag, der Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm hänge nicht von China ab. Um den Konflikt zu lösen, seien gemeinsame Bemühungen aller Beteiligten notwendig.
«Handel von politischer Diskussion trennen»
Trump hatte China zuletzt vorgeworfen, vom Handel mit den USA zu profitieren, zugleich aber «nichts» im Konflikt mit Nordkorea zu unternehmen. Peking forderte Washington daraufhin am Montag auf, das Thema Handel nicht in Verbindung mit dem Streit um Nordkoreas Atomprogramm zu bringen.
Der chinesische Vize-Handelsminister Qian Keming sagte, beide Themen hingen nicht miteinander zusammen und sollten nicht gemeinsam diskutiert werden. China und die USA profitierten gleichermassen von den bilateralen Handelsbeziehungen.
Peking hat kein Interesse vor einem Kollaps Nordkoreas, denn es will einen Krieg vor der eigenen Haustür verhindern. China befürchtet, dass im Fall eines Sturzes der Regierung in Pjöngjang US-Truppen direkt an der chinesischen Grenze zu Nordkorea stationiert werden könnten. (sda/dpa/afp)