Wirtschaftslage: Linke und Grüne üben Kritik an Wirtschaftspolitik des Bundesrats

Wirtschaftslage: Linke und Grüne üben Kritik an Wirtschaftspolitik des Bundesrats

16.03.2016, 12:08

Schleichende Deindustrialisierung, Frankenstärke, steigende Arbeitslosigkeit: Der Nationalrat hat sich am Mittwoch mit den wirtschaftspolitischen Herausforderungen auseinandergesetzt. Linke und Grünen übten scharfe Kritik am Bundesrat.

Die Debatte zur aktuellen Wirtschaftslage hatten die Fraktionen der SP, der Grünen, der Grünliberalen und der CVP mittels dringlicher Interpellationen verlangt. SP und Grüne warfen Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann Untätigkeit vor und forderten Massnahmen gegen die Deindustrialisierung der Schweiz.

Der Bundesrat sehe zwar ein, dass es um die Wirtschaft schlecht stehe, aber er gehe davon aus, dass «alles gut kommt, wenn wir nichts tun», kritisierte Corrado Pardini (SP/BE).

Die falsche Politik der Nationalbank habe Hunderttausende Arbeitsplätze vernichtet. «Sie sind Industrieller, und doch lassen Sie zu, dass die Nationalbank Strukturpolitik gegen das Interesse des Landes betreibt?», fragte der Sozialdemokrat. Die beste aller flankierenden Massnahmen sei ein gezähmter Schweizer Franken. Doch darüber werde nicht gesprochen.

Auch die Grünen fordern von Bundesrat und Nationalbank wirksame Massnahmen gegen die Frankenstärke. Mit der gegenwärtigen Passivität seien die Grünen nicht einverstanden, sagte Louis Schelbert (Grüne/LU).

Der Nationalbank vertrauen

Er wolle keine interventionistische Industriepolitik, hielt Bundesrat Schneider-Ammann fest. Im internationalen Vergleich stehe die Schweizer Industrie nach wie vor sehr gut da. Aber es gebe Risiken, er wolle nicht «zu schön malen».

Er teile auch die Ansicht, dass sich die Frankenstärke negativ auf die Wirtschaftsentwicklung auswirke. Für die Geld- und Währungspolitik sei jedoch die Nationalbank zuständig. «Wir müssen den Mut haben, die Nationalbank in Unabhängigkeit ihren Job zugunsten der Wirtschaft machen zu lassen», sagte der Wirtschaftsminister.

Den Sorgen der SP wegen Übernahmen von Schweizer Unternehmen durch ausländische Konzerne wie im Fall von Syngenta hielt Schneider-Ammann entgegen, wenn Chinesen nach Basel kämen, und einen Fonds im Aktionariat ablösten, sei dies «noch keine Katastrophe». Sondern es zeige, dass ein Investor Interesse habe am Standort Schweiz.

Das Know-How sei immer dort, wo die Leute seien. Wenn sich die Fachleute nicht nach China transferieren lassen wollten, könne das Know-How auch nicht einfach «abgeholt» werden, zeigte er sich überzeugt.

SP als «Job-Killerin»

Die FDP nutzte die Debatte, um Kritik an der Wirtschaftspolitik der SP zu üben. Die grösste Herausforderung sei es, die Sozialdemokraten zu stoppen, die mit wirtschaftsfeindlichen Vorstössen die Wirtschaft behindern wolle, sagte Christian Lüscher (FDP/GE). «Die SP ist der Serienkiller der Jobs», polterte er. Daraufhin fühlte sich die Nationalratspräsidentin veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die Debatte am Fernsehen übertragen werde.

«Es nützt uns nicht, wenn wir uns gegenseitig anschreien», beschwichtigte Schneider-Ammann. Was die Schweiz weiterbringe, sei eine Orientierung in Richtung Innovation. Auf diesem Weg könne das Land wettbewerbsfähig bleiben. Je besser die Leute ausgebildet seien, desto grösser sei die Chance, dass Innovation wachse und dadurch die Vollbeschäftigung.

Nein zu Mehrwertsteuer-Einheitssatz

Keine Chance hatten am Mittwoch zwei Motionen zu wirtschaftspolitischen Themen. Der erste Vorstoss kam aus den Reihen der FDP und forderte die Einführung eines Mehrwertsteuer-Einheitssatzes von 6 bis 6.5 Prozent. Grundnahrungsmittel, Medikamente und Bildungsangebote, Zeitungen, Zeitschriften sowie Bücher sollten neu von der Steuer ausgenommen werden.

Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Zwar unterstütze er eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems, sagte Bundesrat Ueli Maurer. «Grundsätzlich ist die Mehrwertsteuer ein Bürokratiemonster», sagte der Finanzminister. Einen Einheitssatz unter den von der FDP skizzierten Bedingungen halte er aber nicht für realistisch. Ein solcher hätte massive Steuerausfälle zur Folge und würde die kleinen Unternehmen einseitig belasten. Die grosse Kammer sprach sich mit 134 zu 49 Stimmen gegen den Vorstoss aus.

Keine Ausgabenbremse

Auch eine Motion aus den Reihen der SVP hatte keinen Erfolg. Die Partei wollte zusätzlich zur bestehenden Schuldenbremse eine Ausgabenwachstumsbremse einführen. Diese sollte sich am Wirtschaftswachstum orientieren. «Das Ziel dieser Vorlage ist, dass sich die Staatsquote des Bundes zuerst stabilisiert, und dann langfristig reduziert», begründete Thomas Matter (SVP/ZH) den Vorstoss.

Der Bundesrat riet von diesem Ansinnen ab. Die Motion wolle sämtliche Ausgaben auf das BIP-Wachstum beschränken. Dies würde eine unvertretbare Einschränkung der finanzpolitischen Handlungsfreiheit bedeuten. Der Nationalrat stimmte mit 115 zu 69 Stimmen dagegen. (sda)

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