Eidg. Abstimmung: Service-public-Initiative dürfte überraschend klar abgelehnt werden

Eidg. Abstimmung: Service-public-Initiative dürfte überraschend klar abgelehnt werden

05.06.2016, 15:24

Die Service-public-Initiative ist am Ständemehr gescheitert. Sie konnte bisher in keinem einzigen Kanton punkten. Das ist überraschend, denn sie genoss im Vorfeld der Abstimmung grosse Sympathien.

Am meisten Zusprung erhielt sie bisher im Kanton Basel, wo sie 36.01 Prozent Ja-Stimmen erreichte. Am deutlichsten wurde sie bislang im Kanton Obwalden abgelehnt, wo 73 Prozent der Stimmenden ein Nein in die Urne legten. Hinter dem Volksbegehren standen die Konsumentenzeitschriften «K-Tipp», «Saldo», «Bon à Savoir» und «Spendere Meglio».

Die Initianten wollten, dass bundesnahe Betriebe in der Grundversorgung in Zukunft nicht nach Gewinn strebten und auf Quersubventionierung anderer Verwaltungsbereiche verzichteten. Ausserdem verlangte die Initiative, dass Gewinne in den Unternehmen bleiben und in den Unterhalt der Leistungen, in die Innovation oder in Preissenkungen fliessen.

Die Initianten hatten auch die Löhne der Topkader von bundesnahen Betrieben im Visier: Sie forderten, dass ihre Manager nicht mehr verdienen als Bundesräte, nämlich 475'000 Franken im Jahr.

Debatte geht weiter

Doch auch nach dem Nein wird der Service public Spielball der Politik bleiben: Der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse will die Managerlöhne bei SBB, Swisscom und Post beschneiden. Der Gewerbeverband sgv fordert dagegen weitere Liberalisierungsschritte.

Konkret soll das Restmonopol der Post für Briefe bis 50 Gramm aufgehoben werden. Zudem müsse die SBB nun beweisen, dass sie die ungelösten Problemen wie den mangelhaften Zustand der Infrastruktur in den Griff bekomme, schreibt der sgv in einer Mitteilung.

Der Verband deutet das klare Resultat als Entscheid gegen einen «rückwärtsgewandten» Service public und gegen einen rigorosen Eingriff in die Unternehmensfreiheit der bundesnahen Betriebe.

Ganz anders sieht dies der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse. Mit dem Nein zur Initiative könnte die Grundversorgung langfristig gesichert werden. Handlungsbedarf sieht aber auch die Gewerkschaft.

Ein Dorn im Auge sind ihr die Cheflöhne in den bundesnahen Betrieben. Die Politik sei nun gefordert, das Lohnniveau der Manager mit dem Grundversorgungsauftrag der Betriebe besser in Einklang zu bringen, schreibt Travail.Suisse in einer Mitteilung. Daneben müssten vor allem in den Randregionen die Leistungen verbessert werden.

«Zu lange weggeschaut»

Trotz der deutlichen Niederlage werten die Initianten ihre Initiative «Pro Service public» als Erfolg. Damit sei eine wichtige Diskussion angestossen worden, sagte Peter Salvisberg vom Initiativkomitee. «Die Politiker haben zu lange weggeschaut.»

Wie wichtig die Diskussion um einen guten Service public sei, zeigten auch die Versprechungen der Politik, sagte Salvisberg. Gewerkschafter und SP-Nationalrat Corrado Pardini kündigte im «SonntagsBlick» und der «Schweiz am Sonntag» einen Vorstoss an, mit dem er die Chefgehälter bei SBB, Swisscom & Co. auf eine halbe Million Franken beschränken will.

Salvisberg bleibt aber skeptisch: «Wir werden den Politikern genau auf die Finger schauen.» Den Service public wollen die Initianten für die Konsumenten weiterverfolgen. Weitere politische Vorstösse seien aber nicht geplant. (sda)

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