Die Accu Holding kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nachdem CEO und Verwaltungsratspräsident Marco Marchetti vor gut zehn Tagen aufgrund einer Untersuchung wegen möglicher Vermögensdelikte zurückgetreten ist, soll nun bei der Tochter RCT die Reissleine gezogen werden.
Die seit Jahren defizitäre RCT Hydraulic Tooling (RCT) habe einen Grosskunden verloren, daher evaluiere die Accu Holding nun «Lösungen für die Einstellung dieser Aktivitäten», teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Die langjährigen Geschäftsbeziehungen der RCT mit einem Grosskunden seien nach intensiven Gesprächen beendet worden. Aufgrund der Bedeutung dieses Kunden und der schon länger andauernden Schwierigkeiten, die Auftragslage auf eine breitere Basis zu stellen und die Tochter wieder profitabel auszurichten, werde es schwierig, die Aktivitäten weiterzuführen, schreibt die Accu Holding.
In Medienberichten kursierten kürzlich Gerüchte, dass Bosch Verträge nicht verlängert habe und diese per Ende Juni ausliefen. Auch hätten Mitarbeitende das Unternehmen wegen ausstehender Lohnzahlungen betrieben.
Verlustquelle trocken legen
Mit der Einstellung der Aktivitäten von RCT werde für die Accu Gruppe eine mehrjährige Verlustquelle eliminiert, heisst es im Communiqué weiter. Accu habe in Bezug auf die Verpflichtungen von RCT Patronatserklärungen respektive Garantien ausgestellt. Ob sich daraus für Accu Verpflichtungen ergeben würden, bleibe zu prüfen. Weitere Angaben waren am Mittwoch bei der Accu Holding nicht zu erhalten.
Das Unternehmen hatte bereits Mitte März über eine Änderung des Abrechnungssystems mit einem RCT-Grosskunden informiert. Gleichzeitig wurde die Umsatzerwartung für RCT im laufenden Jahr auf etwa 10 Millionen Franken gesenkt. Das wären rund 45 Prozent weniger als im Vorjahr.
Die 2003 gegründete Solothurner RCT ist als Outsourcing-Fertiger auf die Bearbeitung von Hydraulikkomponenten spezialisiert. Seit Ende 2011 gehört RCT zur Accu Holding. 2012 erfolgte eine Neugründung der RCT Sachsen in Chemnitz und 2014 der RCT in Humenné in der Slowakei. Um Fixkosten zu reduzieren wurde im vergangenen Dezember rund 30 Prozent des aktuellen Produktionsvolumens in die Slowakei verlagert.
Juristisches Verfahren
In den letzten Wochen hatte der Rücktritt von Marco Marchetti aufgrund des von der Staatsanwaltschaft Zürich laufenden Untersuchungsverfahrens das Unternehmen belastet und zur Verschiebung einer geplanten Kapitalerhöhung geführt. Gegen den Accu-Gründer und Mehrheitsaktionär wird wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundendelikte ermittelt. Marchetti ist ebenfalls Geschäftsführer von RCT.
Wegen dieser Probleme hat das Unternehmen auch bislang keinen geprüften Geschäftsbericht 2015 vorgelegt. Am (gestrigen) Dienstagabend hatte die Schweizer Börsenaufsicht SIX eine entsprechende Fristerstreckung bis am 17. Juni genehmigt.
Laut dem in der vergangenen Woche veröffentlichten ungeprüften Ergebnis 2015 stieg der Betriebsgewinn (EBITDA) im vergangenen Jahr auf 17.7 Millionen Franken, nach 7.8 Millionen im Vorjahr. Der Reingewinn verbesserte sich von 2.1 Millionen auf 3.1 Millionen Franken. Der Umsatz stieg um 19 Prozent auf 158.8 Millionen Franken.
Bewegte Unternehmensgeschichte
Die Accu Holding war 1998 aus dem Batterienhersteller Accu Oerlikon hervorgegangen. 2009 wurde das Batteriengeschäft abgestossen. In der Folge war Accu einige Zeit eine reine Immobiliengesellschaft.
Ende 2011 erfolgte die Übernahme der RCT. Im gleichen Jahr übernahm die 1C Industries Zug AG die Aktienmehrheit der Accu Holding. Sie gehört zur Aktionärsgruppe, die die Accu Holding noch heute kontrolliert.
2014 wurde schliesslich die italienische Cieffe Gruppe übernommen. Die Accu Holding verfügt aktuell über zwei Geschäftssparten, die Oberflächentechnologie mit den Töchtern Cieffe und RCT sowie die Industriellen Garne (Nexis). (sda)